Ein Gas-Embargo oder -Lieferstopp könnte in Oberösterreich zwischen gut 31.000 und 56.000 Menschen den Job kosten und das BIP um 3,4 bis 6,6 Prozent drücken. Das hat der Volkswirtschafter Friedrich Schneider im Auftrag der Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS) errechnet. Umgelegt auf ganz Österreich kommt er in einer “Grobschätzung” auf einen BIP-Rückgang von 6 Prozent und 130.000 zusätzliche Arbeitslose, EU-weit auf 1 bis 2 Prozent BIP-Rückgang und 1,5 Mio. verlorene Jobs.

Der Volkswirt Friedrich Schneider warnt eindringlich vor den Folgen eines Gas-EmbargosAPA

Es sei seine “mit Abstand schwierigste Studie in 40 Jahren gewesen”, schickte Schneider bei der Präsentation am Mittwoch voraus, es gebe viele Unwägbarkeiten. Die Annahme des Volkswirtschafters: Es fließt mit Anfang Juli kein Gas aus Russland mehr und von den bisher aus Gas gewonnenen 21,51 TWh fallen damit 15,71 TWh weg. Angelehnt an eine deutsche Studie nimmt er an, dass die erdgasintensive Industrie in rund einem Fünftel ihrer Produktionsprozesse Erdgas durch alternative Energieträger ersetzen kann.

An den Hochöfen der VÖEST in Linz könnte bald Stillstand herrschenAPA

Darauf aufbauend hat Schneider eine optimistische und eine pessimistische Variante für die auf den Gas-Stopp folgenden 12 Monate berechnet. Welches Szenario wahrscheinlicher ist, sei derzeit nicht abschätzbar, meinte er. Ob es sich um ein Embargo der EU oder einen Lieferstopp vonseiten Russlands handelt, würde bei den Auswirkungen keinen Unterschied machen.

Ihr Notfallplan ist äußerst dünn: Energieministerin Leonore Gewessler

In seiner “pessimistischen Variante” nimmt Schneider an, dass maximal ein Zehntel des Ausfalls durch Speichervorräte substituiert und kaum Gas aus dem Ausland zugekauft werden kann, sowie, dass die privaten Haushalte keine Einsparungen vornehmen. Unter dem Strich würden von dem in Oberösterreich für Industrie, Gewerbe und private Haushalte benötigten Gas dann 58 Prozent abgehen. Die Folge wäre laut Schneiders Berechnungen ein BIP-Rückgang um 6,5 Prozentpunkte, die Zahlen von 2020 zugrundegelegt würde das ein Absinken von 65,24 auf 61 Mrd. Euro bedeuten. 56.000 Menschen – knapp 12 Prozent der unselbstständig Beschäftigten – würden ihren Job verlieren.

In 180 Tagen ist Schluss

Brisant: Um Österreichs mittelfristige Energieversorgung dürfte es weit schlimmer stehen, als bisher zugegeben worden ist: So nennt die Bundesregierung in den veröffentlichten Ergebnissen der Krisensitzung  erstmals die richtigen Zahlen zum Gas-Verbrauch der Republik in kälteren Monaten – während Ministerin (Grüne) Leonore Gewessler immer wieder von “4 bis 5 Terawattstunden” sprach, sind es in Heiz-Monaten tatsächlich zehn bis zwölf Terawattstunden.

Jeder kann sich somit ausrechnen, wie lange Österreich mit einer aktuellen Gas-Bevorratung von 38,9 Terawattstunden auskommt: Vier Sommermonate (20 Terawattstunden) und zwei kühlere Monate. Fazit: Ohne massiven Zukäufen am Weltmarkt und einer dann funktionierenden Transportlogistik ist Ende Dezember – also in 180 Tagen – in Österreich das Gas aus. Genau davor hatte der eXXpress schon mehrmals gewarnt.