Die Rekord-Inflation macht vielen zu schaffen. Nicht so sehr in der EU, denn dort wurden die Gehälter eben angehoben – um 8,5 Prozent (!), der eXXpress berichtete. Doch das ist nicht das einzige, was in Zeiten wie diesen für eine ungesunden Optik sorgt.

Ein EU-Abgeordneter verdient knapp 9400 Euro im Monat – also weniger als ein österreichischer Bundespräsident, Bundeskanzler oder Minister, aber mehr als alle Mitglieder im Bundesrat. Darüber hinaus reist er erste Klasse. Übernachtungskosten von 340 Euro in Brüssel bzw. Straßburg werden ihm ebenfalls ersetzt. Doch das ist noch immer nicht alles. Hinzu kommen noch knapp 4800 Euro im Monat. Die stehen ihm als „Allgemeine Kostenvergütung“ zu. Mit ihnen soll ein Parlamentarier Miete oder Telefon finanzieren.

Näher besehen ist das ziemlich dreist.

Sitzung des Europäischen ParlamentsAPA/AFP/Frederick FLORIN

Keiner kontrolliert die zusätzlichen Ausgaben

Jeder Parlamentarier erhält die Pauschale in der vollen Höhe, unabhängig davon, ob er sie überhaupt ausgibt. Tatsächlich liegen die Kosten meist darunter, wie der „Spiegel“ berichtet. Mit anderen Worten: Mit diesen Geldern lässt sich vieles finanzieren, auch jede Menge Freizeitspaß, der eigentlich nicht als Kostenvergütung für die Tätigkeit als Parlamentarier herangezogen werden kann. Fazit: Mehr als 40 Millionen Euro an europäischem Steuergeld werden jährlich völlig unkontrolliert vom Parlament ausgegeben.

Das Präsidium möchte, wie es zurzeit scheint, auf die zusätzlichen Gelder nicht verzichten.PA/AFP/Frederick FLORIN

Das missfällt mittlerweile auch Parlamentariern. Im Mai plädierte eine Mehrheit im EU-Parlament dafür, diese Praxis zu beenden. So wie in Wirtschaft und Verwaltung üblich, sollten künftig auch in der EU die Kosten mit Rechnungen belegt und überprüft werden. Wenn am Ende Geld übrig bleibt, sollen es demnach die Abgeordneten zurückzahlen.

Demokratie à la Brüssel: Mehrheitsentscheidung reicht nicht

Wer aber glaubt, damit sei die bisherige Praxis aus der Welt geschafft, der irrt. Bei nationalen Parlamenten genügt eine Mehrheitsentscheidung, um einen Beschluss auch umzusetzen. Nicht so in Brüssel. Dort kann das Parlamentspräsidium alles nochmals ändern. Da ist es „nicht ungewöhnlich, dass Mehrheitsentscheidungen eines Gesetzgebungsorgans durch geschickt zusammengestellte Fachgremien ausgekontert werden“, kommentiert der „Spiegel“. Genau das könnte auch diesmal passieren.

Im EU-Parlament setzt sich nicht immer die Mehrheit durchAPA/AFP/FREDERICK FLORIN

Ein Arbeitskreis des Parlamentspräsidiums wurde auf das Thema angesetzt. Auch Reformgegner sind hier in großer Zahl vertreten und beraten mit. Das Gremium soll die abschließende Entscheidung des Präsidiums vorbereiten, und die könnte noch anders ausfallen, als es das Parlament eigentlich gewünscht hat.

Abgeordnete besorgt über Ansehen des EU-Parlaments

In einem Brief an Parlamentspräsidentin Roberta Metsola erinnern besorgte Abgeordnete nochmals an die mehrheitlich gebilligten Reformvorschläge. Sie befürchten, dass die Vorschläge der Arbeitsgruppe „nicht in dem Ausmaß die Kostentransparenz erhöhen, wie es das Parlament verlangt hat“.

Wenn das Parlamentspräsidium in der kommenden Woche über den Vorgang abstimmt, könnte es sich nochmals jenen Kontrollen verweigern, die eine Mehrheit eigentlich für nötig hält. „Das würde das Ansehen des Europaparlaments erheblich beschädigen“, meint der grüne Haushaltsexperte Daniel Freund gegenüber dem „Spiegel“.