Wer mit Panzer-Experten über das aktuelle, hochemotional diskutierte Thema spricht, der erntet nur Kopfschütteln: “Klar kann man das machen und 40 ,Leopard 2 A7′ in die Ukraine schicken – aber das wird an der Gesamtsituation nur sehr wenig ändern.” Gleich mehrere Punkte würden aber klar gegen eine Verschenkung oder Verleihung der deutschen “Leopard”-Panzer an die ukrainischen Streitkräfte sprechen – der eXXpress listet die fünf wichtigsten davon auf.

Erstens: Die politische Brisanz. Erstmals seit Mai 1945 würden mit dem “Leopard 2”-Einsatz in der Ukraine wieder deutsche Panzer auf russische Soldaten feuern, nach 77 Jahren des Friedens, 77 Jahre nach dem Ende der Hitler-Diktatur – die insgesamt 27 Millionen Russen das Leben gekostet hat. Die russische Propaganda, aber auch die Linke in Deutschland sowie Mitte-Rechts-Politiker würden dieses Faktum wohl betonen und damit dem SPD-Kanzler ziemlich schaden.

Fünf Punkte sprechen gegen eine Lieferung der "Leopard 2"-Kampfpanzer an die Ukraine

Technisches Faktum: Der "Leopard 2" ist zu schwer für den Osten der Ukraine.

Zweitens: Die Technik. Wie der eXXpress bereits am Beginn der Panzer-Verschickungs-Debatte berichtet hat, wiegt der “Leopard 2” mindestens 55 Tonnen, in mancher Ausführung sogar 62 Tonnen. Sämtliche Brücken, Straßen und Eisenbahnanlagen sind im Kampfgebiet aber für Lasten von etwas mehr als 40 Tonnen konstruiert – eben so, dass sie noch von russischen Kampfpanzern vom Typ T-72 mit 44,5 Tonnen oder T-90A mit 46,5 Tonnen genutzt werden können. Der Leopard 2 hätte fast 17.500 Kilo zu viel. Das sind technische Fakten. Die deutschen Kampfpanzer müssten von einer ganzen Kolonne an Brückenlegepanzern begleitet werden – bisher ist davon nicht einmal die Rede.

Drittens: Die Situation auf dem Schlachtfeld. Mit den jetzt im “Leopard 2” verwendeten Wolfram-Pfeilgeschoßen DM 11 oder DM 63 könnten, so die Experten, die Panzerungen der moderneren russischen Fahrzeuge T80, T90 oder des 2015 erstmals präsentierten T-14 “Armata” nicht durchschlagen. Das heißt: Die “Leopard 2”-Kampfpanzer könnten am Schlachtfeld im Donbass von den russischen Gegnern ausgeschaltet werden, ohne selbst schmerzhafte Verluste zu erleiden. Da die deutsche Regierung bisher aus politischen Gründen auf den Ankauf von abgereicherten Uran-Geschoßen verzichtet hat, dürfte das ein wichtiger Punkt sein, warum Berlin die Panzer-Lieferung an die Ukraine nicht beschleunigt.

Ein Wolfram-Pfeilgeschoß des "Leopard 2" kostet 10.000 Euro.

Deutschland müsste auch gewaltige Menge an Munition mitliefern

Viertens: Die Kosten der Munition. Mit den pro Stück bis zu sieben Millionen Euro teuren Kampfpanzern “Leopard 2” müsste die deutsche Bundesregierung auch die bereits erwähnten Wolfram-Pfeilgeschoße mitliefern. In einem “Leopard 2” werden 15 Stück im Turm, 27 weitere in der Panzerwanne mitgeführt, also insgesamt 42 Stück. Bei den aktuell von Bakhmut und aus dem Raum Soledar gedrehten und ins Web gestellten Videos ist zu sehen, dass die russischen Panzer oft zwei Schuss pro Minute abfeuern, maximal wären sogar acht Schuss möglich.

Die 42 Stück des “Leopard 2” wären bei einem Panzerduell somit in etwa 21 Minuten verschossen – jedes Wolfram-Pfeilgeschoß kostet allerdings 10.000 Euro. Falls 40 Kampfpanzern 2000 Schuss Munition mitgegeben werden, kostet das die deutschen Steuerzahler zusätzlich 20 Millionen Euro.

Der deutsche "Leopard 2A7" gilt als einer der modernsten Kampfpanzer der Welt.

Nur ein - wesentlicher - Punkt spricht für die Panzerlieferung

Fünftens: Der deutschen Waffenindustrie sowie auch den deutschen Militärs, aber auch den österreichischen, finnischen und spanischen Armee-Kommandos, die den “Leopard 2” aktiv in ihren Truppenteilen im Einsatz haben, würde der Einsatz dieser Kampfpanzer an der Front im Donbass schlaflose Nächte bereiten: Fällt nur einer dieser in Deutschland entwickelten Panzer in die Hände der russischen Armee, wäre dies ein Super-GAU für den Westen und für den russischen Geheimdienst ein Jackpot. Immerhin könnten dann die bisher geheimen technischen Details – etwa zur extrem schnellen Panzerturm-Steuerung oder zur Elektronik des “Leopard 2” auch für russische Modelle übernommen werden.

Ein durchaus wichtiger Punkt spricht aber für die Überstellung moderner Kampfpanzer an die ukrainische Armee: Falls Polen “Leopard 2” liefert und Deutschland nicht, ist dies eine gefährliche Spaltung des Nordatlantik-Pakts. Das Ende des gemeinschaftlichen Handelns innerhalb der NATO würde ebenfalls sofort in Moskau registriert und vermutlich auch von der russischen Propaganda ausgenutzt werden.

Was meinen Sie zu der Debatte über die ``Leopard 2``-Lieferung an die Ukraine?