Vom ländlichen Essling bis zur Donau, von der Lobau bis nach Liesing am Wienerwald – überall hier soll man ab März des nächsten Jahres 2,20€ pro Stunde fürs Parken bezahlen. Auch wer sich nach der Arbeit noch trifft oder jemanden besucht, muss aufpassen: Bis 22 Uhr abends patrouillieren und strafen die Wiener Parksherrifs. Für das Parken ohne gültigen Parkschein oder Pickerl muss man mit einer Strafe über 36 Euro rechnen, Einspruchsmöglichkeit gibt es keine. Wer die Strafe nicht innerhalb von 14 Tagen bezahlt, der wird angezeigt und ein Verwaltungsstrafverfahren wird eingeleitet.

Die österreichische Hauptstadt ist somit die einzige deutschsprachige Millionenstadt, in der man im gesamten Stadtgebiet fürs Parken zahlen muss. Auch die Tarife sind im Vergleich zu allen Nachbarländern im Schnitt teurer. In Berlin zahlt man zwar in vereinzelten Stadtgebieten auch eine Parkgebühr – diese ist aber geringer als in Wien. Ein Parkpickerl für Anwohner kostet in Berlin nur 20,40€, und gewährt dafür zwei Jahre gebührenfreies Parken im Bezirk. Wer nur ein paar Tage in Berlin ist, kann sogar für 10,40€ eine drei Tage gültige „Gästevignette“ beantragen. In der Schweiz gibt es regionale Lösungen, doch nicht einmal in der als “teuer” verschrienen Stadt Zürich gibt es eine flächendeckende Parkgebührenpflicht.

Das Wiener Parkpickerl wird auf alle Bezirke ausgedehnt – es gilt aber immer nur für den Bezirk, in dem man gemeldet ist, als Park-Erlaubnis.

Interessant ist auch die massive Teuerung der Parkscheine seit 2008 – damals kostete eine Stunde noch 1,20 Euro – heute 2,10 EUR.

Ignorieren statt Informieren beim Magistrat für Verkehrsangelegenheiten

Der eXXpress schickte mehrere Anfragen an das Magistrat für Verkehrsangelegenheiten, die MA46, um Zahlen und Daten rund um die Parkraumüberwachung in Erfahrung zu bringen. Unter anderem wollten wir wissen: Wieviel Geld wird jährlich durch die Parkstrafen eingenommen? Gibt es eine Provision für jeden gestraften Autofahrer? Wieviele Personen sind im Bereich der Parkraumüberwachung beschäftigt? Leider blieb eine Antwort auf diese elektronisch übermittelten Anfragen bislang aus. Auch telefonisch war den gesamten Dienstag niemand erreichbar. Am Montag wurde in einem kurzen Telefonat erklärt, man sei zu beschäftigt. Die Bereitschaft zur Transparenz in einem städtischen, durch Steuergelder finanzierten Bereich, scheint bisher nicht besonders hoch.

Parkraumausweitung trifft besonders ärmere Haushalte

Bei vielen Wienern stieß die, Anfang Juni von SPÖ-Stadträtin Ulli Sima präsentierte, Ausweitung und Verlängerung der zahlungspflichtigen Parkzone auf Unverständnis. Eine Mindestpensionistin aus Essling erzählte dem eXXpress: „Ich bin jetzt 78 Jahre alt, und einmal in der Woche besucht mich meine Freundin aus der Großfeldsiedlung zum Kaffee trinken. Auch sie hat nicht viel Geld zur Verfügung, und wenn sie dann zwei, drei Stunden bleibt oder wir noch eine Runde spazieren gehen, da sind schnell 10 € für Parkscheine ausgegeben. Und das, obwohl vor meinem Bau nur Felder und leere Straßen sind. Das summiert sich ja aufs Monat gerechnet.”, so die Pensionistin. Sie sei enttäuscht “Das verstehen die Politiker leider nicht, das ist ja viel Geld für uns.“

Auch für das Parken in Essling gilt ab März Zahlpflicht

Geldmacherei?

Als Begründung für die Ausweitung der Parkzone auf das gesamte Wiener Stadtgebiet wurde von offizieller Seite der Klimaschutz und die Verkehrsberuhigung genannt. Daten und Fakten, die eine messbare Co2-Mehrbelastung von 19 bis 22 Uhr belegen, gibt es allerdings nicht. Auch im Großteil der Außenbezirke konnte der Klima-positive Effekt bisher nicht nachgewiesen werden. Von Kritikern wurde der Vorwurf der „Geldmacherei“ laut, da die Stadt Wien wegen den Corona-Maßnahmen nun dringend Geld braucht. eXXpress berichtete bereits über die neue Rekordverschuldung der Stadt, Wien wies 2020 ein historisches Defizit von 1,1 Milliarden Euro auf.

NEOS und Grüne erfreut

Die NEOS Wien Clubobfrau Emmerling unterstützte die Parkraumausweitung, dies sei ein wichtiges Zeichen für den Klimaschutz. Den Grünen hingegen geht die neue Regelung nicht weit genug. Sie wünschen sich eine komplette Verbannung des Autos aus gewissen Teilen der Stadt, das neue Modell sei einfach nicht mehr “zeitgemäß”.

Gegenwehr von ÖVP und FPÖ

ÖVP-Gemeinderat Manfred Juraczka befand die neue Regelung als „schlechtestdenkbaren Weg“. Man habe das bestehende Modell einfallslos auf ganz Wien ausgedehnt. Das sei nichts anderes als „Abzocke“. Schlussendlich stimmte die ÖVP-Bezirksrätin von Hietzing aber auch für die neue Regelung. Hietzing könnte sonst Gefahr laufen, der „Restparkplatz“ von ganz Wien zu werden.

Auch FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp äußerte sich sehr kritisch: „Der SPÖ und den NEOS kann es scheinbar gar nicht schnell genug gehen, den Wienerinnen und Wienern die Taschen auszuräumen“, auch sei man nicht einmal auf den Vorschlag der FPÖ eingegangen, ein gratis Parkpickerl für alle Wiener einzuführen. Dass es eine Problematik mit Pendlern gäbe und es in gewissen Teilen der Stadt zu Stoßzeiten zu einer hohen Verkehrsbelastung kommt, könne man auch anders lösen. Es benötige mindestens 25.000 neue Park & Ride Parkplätze, um die Pendlerproblematik in Griff zu bekommen. „Wien hat jahrelang weggeschaut und jede Möglichkeit verstreichen zu lassen, gemeinsam mit Niederösterreich ein Angebot bereitzustellen, um den zigtausenden Pendlern den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu erleichtern“, erinnerte der Wiener FP-Verkehrssprecher Toni Mahdalik.