Viele Kinder auf der ganzen Welt bringen ein ungebetenes und teils überraschendes Andenken aus der Pandemie mit: Eine ausgeprägte Sehschwäche.  Ärzte warnen nun davor, dass immer mehr Kinder Augenprobleme aufweisen, die vor Ausbruch der Coronakrise nicht vorlagen. Als “Hauptverdächtigen” unter den möglichen Auslösern haben Experten Bildschirme Visier: Durch Homeschooling und die starke Einschränkung des sozialen Lebens haben Kinder so viel Zeit vor Handy, Tablet, Laptop, Fernseher und Co. verbracht, wie noch nie – und das ist gesundheitlich mehr als bedenklich.

Augenärzte berichten vor allem von neuen und stärkeren Formen von Myopie, also Kurzsichtigkeit. Schon vor Ausbruch der Pandemie war ein Anstieg von Kurzsichtigkeit bei Kindern auf der ganzen Welt aufgefallen, doch neueste Forschungsergebnisse zeigen nun, dass die Coronakrise diese Entwicklung noch bestärkt hat. Auch die Fälle von digitaler Augenbelastung bei Kindern schießen in die Höhe.

Kurzsichtigkeit bei Kindern hat sich verdreifacht

Die Kombination von pandemiebedingtem “Stubenhockertum”, Homeschooling und weniger Zeit im Freien – wo sich die Augen im Gegensatz zu Innenräumen automatisch auch auf Objekte fokussieren müssen, die weiter entfernt sind und somit die Sehkraft ausgewogen trainiert wird – sorgt also für einen weiteren negativen Nebeneffekt, den die Pandemie auf die Gesundheit von Kindern hat. (Bei Erwachsenen schlägt sich das Mehr an Zeit, das vor Bildschirmen verbracht wird, nicht ganz so stark auf die Sehkraft nieder, da das Augenwachstum sich generell nach der Kindheit stabilisiert, so die Studie.

Wie das “Wall Street Journal” oder “statnews” in Bezug auf eine im Jänner 2021 im “Journal of Ophtalmology” veröffentlichte Studie berichten, haben sich die Fälle von diagnostizierter Kurzsichtigkeit bei Kindern seit Ausbruch der Pandemie verdreifacht. (Die Zahlen beruhen auf einer Untersuchung von 20 000 Kindern im Alter zwischen sechs und acht Jahren im Vergleichszeitraum von 5 Jahren in China). Kurzsichtigkeit ist bereits die häufigste Sehschwäche auf der ganzen Welt – und die Zahlen steigen seit Jahrzehnten stetig an. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 beinahe die Hälfte der Weltbevölkerung unter Myopie leiden wird.

Simplen Übungen schützen die Augen

“Wir haben uns alle – sowohl als ‘normale’ als auch als medizinische Gesellschaft – so sehr auf die Kurzzeitfolgen der Pandemie konzentriert, dass wir zu lange außer Acht gelassen haben, dass die Coronakrise auch einige unvorhergesehene Langzeitfolgen nach sich zieht”” erklärt Megan Collins vom Johns Hopkins Wilmer Augeninstitut in Maryland, USA. “Diese Folgen müssen wir nun – im wahrsten Sinne das Wortes – im Auge behalten. Wir wissen bereits, dass das Fokussieren von nahen Objekten und ein akuter Mangel an im Freien verbrachter Zeit die Fälle von Myopie stark angehoben haben”, fügt auch Julia A. Haller, die vorstehende Ophtalmologin am Wills Eye Hospital in Philadelphia hinzu, und unterstreicht: “Die Pandemie spielt hier eine große Rolle.”

(Pandemiebedingten) Augenschäden lässt sich allerdings leicht vorbeugen, wie Experten erklären: Eine der grundlegendsten Präventionsmaßnahmen ist ein gut ausgeleuchtetes Zuhause. Auch das Befolgen der ” 20/20/20-Regel” beim Benutzen von elektronischen Geräten, ist ein einfaches aber effektives Tool wenn man seine Augen schützen möchte: Diese Regel bedeutet, dass man alle 20 Minuten eine Bildschirm-Pause einlegt, und dafür seinen Blick auf ein Objekt richtet, das mindestens 20 Fuß (rund sechs Meter) entfernt liegt, und dieses für mindestens 20 Sekunden ununterbrochen im Blick behält. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen sei es aber auch unbedingt notwendig, auch nach dem Abklingen der Pandemie öffentliche Gesundheitsmaßnahmen im großen Stil zu etablieren, so die Experten. Als einen Vorschlag hierfür nennen die Experten verstärkt nach außen verlegte Unterrichtseinheiten in Schulen.