Eine Parlamentarische Anfrage an eine Ministerin des Koalitionspartners hat innenpolitische Brisanz: Obwohl die Stimmung innerkoalitionär damit nicht besser werden könnte, will die Kanzlerpartei trotzdem jetzt von Alma Zadic (Grüne) konkrete Antworten zu “dringend aufklärungswürdigen Umständen” am Tag der Hausdurchsuchungen, dem 6. Oktober, in Kanzleramt, im Finanzministerium, in der ÖVP-Zentrale und bei Privatadressen enger Mitarbeiter von Sebastian Kurz.

Wie der eXXpress bereits mehrmals berichtet hat, erscheint es nämlich äußerst unwahrscheinlich, dass – wie behauptet  – “Anwaltskreise” die vertraulichen Anordnungen zu den Hausdurchsuchungen inklusive der für eine Regierungskrise sorgenden Chats an das Wiener Wochenblatt “Falter” oder an einen linksradikalen Politblog eines Ex-Politikers verschickt hätten.

"Aufklärungsbedürftige Umstände" . . .

Ein wichtiger Punkt, der für Zadic problematisch sein könnte: Wie kam “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk bereits vor 12 Uhr am 6. Oktober an die Hausdurchsuchungs-Anordnung mit der Nummer 1683, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur ein einziger Anwalt – nämlich der Rechtsanwalt der ÖVP – diese bei der Privatadresse von Stefan Steiner in Händen hatte?

Wichtig dazu: Alle anderen Anwälte der im Casag-Akt angeführten Beschuldigten erhielten die vertraulichen Akten erst am Nachmittag des 7. Oktober.

Deshalb wollen jetzt auch die ÖVP-Abgeordneten von Zadic genau wissen: “Von wie vielen Personen und wann genau wurde in diesem Zeitraum (6. bis 7. Oktober) die Möglichkeit zur Akteneinsicht genutzt?”

Brisante Fragen zu Compliance-Regeln im Justizministerium

Außerdem soll die Justizministerin diese Frage beantworten: “Werden sie dem begründeten Verdacht nachgehen, ob bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Verletzung des Amtsgeheimnisses zu vertreten ist?”

Zusätzlich soll Alma Zadic auch über die Compliance-Regeln im Justizministerium Auskunft geben: So ist die Lebensgefährtin jenes Oberstaatsanwalts, der Sebastian Kurz wegen des Verdachts einer Falschaussage fünf Stunden lang verhört hat, jene Wirtschaftsexpertin, die für die Korruptionsstaatsanwaltschaft die Auswertung und Auswahl der Chats vorgenommen hat. Dazu will die ÖVP wissen: “Wer hat wann diesen Auftrag gegeben? Gab es dafür eigene Ausschreibungen?”

Allein dass der Anschein vermutet werden könnte, dass die Partnerin des Oberstaatsanwalts bei lebensnaher Betrachtung eher Chat-Nachrichten aussuchen könnte, die einen oder mehrere im Akt als Beschuldigte geführte Personen mehr belasten als entlasten könnten, wäre ein Problem für das Ansehen der Justiz.

Schrieb bereits um 12.39 Uhr über den Inhalt des Befehls der Razzia, die erst um 06.00 Uhr begonnen hat: "Falter"-Chef Klenk

Belastende Textnachrichten?

Mit der parlamentarischen Anfrage bringt der große Koalitionspartner jetzt die grüne Justizministerin unter Druck – und diese wird nicht begeistert sein, dass sie jetzt auch aufgrund des Verhaltens eines Wochenblatt-Chefredakteurs mit brisanten Fragen konfrontiert ist. Schließlich hat erst “Falter”-Miteigentümer Klenk mit seinen Textnachrichten auf Twitter dafür gesorgt, dass sich der Verdacht der Akten-Weitergabe nicht wirklich verringert hat.

So schreibt Klenk am 6. Oktober, am Tag der Hausdurchsuchungen, bereits um 12.39 Uhr – also nur viereinhalb Stunden nach Beginn der Hausdurchsuchung bei Steiner – auf der Socialmedia-Plattform Twitter wörtlich: “Wir haben aus Anwaltskreisen die Hausdurchsuchungsbefehl und viele andere Infos zur Razzia im Kanzleramt erhalten. Wir arbeiten seit einigen Stunden an einem Bericht, in Kürze wird er erscheinen. Bleibt dran.” Die “Falter”-Redaktion arbeitete also am 6. Oktober um 12.39 Uhr schon “seit einigen Stunden” an der Story über die Hausdurchsuchung, die erst vor viereinhalb Stunden begonnen hat.

Auch der eXXpress hat bei Zadic mehrmals um ein TV-Interview zu den Vorwürfen gebeten – bisher wurde dies stets abgelehnt.