Herr Lechte, Sie sitzen seit 2017 für die FDP im Bundestag und haben die Koalitionsverhandlungen verfolgt. Wie zufrieden sind Sie jetzt mit dem Ergebnis?

“Sehr. Drei unterschiedliche Partner haben es geschafft, sich zusammenzuraufen und ein Papier vorzulegen, das die verschiedenen Interessen berücksichtigt und die jetzige Verteilung der Ministerien zeigt ja auch, dass jeder in seinem Teilbereich entsprechend marschieren kann. Es ist definitiv ein historischer Vertrag, weil wir damit die erste Ampel-Koalition in Deutschland begründet haben. Es finden sich alle drei Partner im Vertrag wieder und das zeigt, dass man auch als Partner verhandelt hat.”

Die FDP hat ja insgesamt vier Ministerien erhalten. Manche äußern sich jetzt allerdings kritisch, dass die Grünen das Außenministerium erhalten haben. Teilen Sie diese Bedenken?

“Dafür hat die FDP Schlüssel-Ministerien erhalten, wie etwa die Finanzen, und dort bringt sie auch die meisten Kompetenzen mit. Das Außenministerium hätte ich als Außenpolitiker natürlich sehr gerne bei uns gesehen, das steht ja völlig außer Frage, aber am Ende ist es bei einer Dreierkonstellation auch wichtig, dass man einen Ausgleich hinbekommt. Wir machen seit Jahren Wahlkampf mit stabilen Finanzen (Anm. Christian Lindner) und Digitalisierung, die jetzt beim Verkehrsminister (Anm. Volker Wissing) angesiedelt ist, wir wollen uns um Bildung und Forschung (Anm. Bettina Stark-Watzinger) kümmern und außerdem stehen wir für den Rechtsstaat (Anm. Marco Buschmann). Wir haben somit alle vier Ministerien, die für die Kernkompetenz der FDP stehen – da kann man wahrlich nicht traurig sein.”

Wobei die Wirtschaft ja auch eine Kernkompetenz der FDP ist, künftig aber in grüner Hand liegt…

Gut, das ist aber eine Sachlage des deutschen Systems. Das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium sind gespiegelte Ministerien, genauso wie das Innen- und das Justizministerium. Das heißt es passiert eigentlich nie, dass beide Ministerien an eine Partei gehen.

FDP konnte sich bei Bürgergeld und Aktienrente durchsetzen

Es gibt auch ein paar kritische Stimmen, besonders bei den Jüngeren in der Partei. Wie kann man dahingehend beschwichtigen, dass es jetzt keinen Links- oder Gründrall bei der FDP geben wird?

“Die Jugend ist immer besonders kritisch, das ist ganz normal. Aber das, was jetzt  in der gemeinsamen Sitzung zwischen Bundesvorstand und Fraktion, die wir heute ab 13 Uhr hatten, vorgetragen wurde, war alles zustimmend und auch die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen hat sich positiv geäußert.”

Wird es noch einen eigenen Parteibeschluss zum Koalitionsvertrag geben?

“Wir machen am 5. Dezember einen digitalen Bundesparteitag und da wird es einen offiziellen Beschluss geben, aber der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion haben dem Papier schon grünes Licht gegeben. Und der Kanzler wird dann am 8. Dezember gewählt.”

Was ist der aus Ihrer Sicht wichtigste Impuls, der jetzt mit der Ampel auf Deutschland zukommt?

“Wichtig ist, dass wir Planungs- und Feststellungsverfahren im Bereich erneuerbare Energien beschleunigen wollen, so dass wir nicht mehr so lange warten müssen, um die Energiewende anzupacken. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir bei der Rente mit Kapitaldeckung einsteigen, also die Aktienrente ist Teil des Koalitionsvertrages und dass wir sozialen Sicherungssysteme in Deutschland neu gestalten wollen und damit auch das Bürgergeld Teil des Koalitionsvertrages ist.

In Deutschland ist die Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten (SPD), Grünen und FDP fix. Das verkündete SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz in Berlin am Mittwoch. Die SPD unter Scholz erhält laut dem Koalitionsvertrag neben dem Kanzler sechs von 15 Ministerposten, an die liberale FDP gehen unter anderem das Finanzministerium sowie das Verkehrsministerium. Die Grünen erhalten etwa das neue Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie das Außenamt.