Privathaushalte, Industrie und Kraftwerke in Deutschland haben ihren Gasverbrauch in der zweiten Jahreshälfte 2022 um knapp ein Viertel reduziert. Laut einer aktuellen Studie des Centre for Sustainability der Hertie School wurden damit von der deutschen Regierung und der EU-Kommission ausgegebene Sparziele deutlich übertroffen. Zurückgeführt wird dies in der am Donnerstag veröffentlichten Studie allerdings vor allem auf die hohen Marktpreise.

"Grundlegende Veränderung"

Zwischen September und Dezember 2022 betrug der Rückgang insgesamt demnach 23 Prozent verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im September vergangenen Jahres habe die Einsparung sogar 28 Prozent ausgemacht. Spezielle Rechenmodelle schließen dabei nach Angaben der Autoren aus, dass die Verbrauchssenkungen vorrangig auf Wetter- oder Konjunktureinflüsse zurückzuführen sind.

“Dass Deutschland knapp ein Viertel seines Gasverbrauchs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingespart hat, ist eine grundlegende Veränderung und deutlich mehr, als wir zu Beginn der Krise erwartet haben”, erklärte der Erstautor der Studie, Oliver Ruhnau. Die EU hatte nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu Gaseinsparungen um 15 Prozent, die deutsche Regierung um 20 Prozent aufgerufen.

Hohe Preise sind Anreize fürs Gas-Sparen

Die tatsächlichen Einsparungen erfolgten laut der Studie nach Sektoren zeitverschoben. In der Industrie wurde angesichts steigender Preise bereits vor Kriegsbeginn ab September 2021, angefangen zu sparen. Die deutlichste Reduzierung wurde im Oktober 2022 mit minus 27 Prozent erreicht. Bei Privathaushalten begannen die Einsparungen im März 2022. Die höchsten Werte wurden hier im vergangenen September mit minus 28 Prozent erreicht.

Insgesamt war die Reduktion im Zeitraum September 2021 bis Dezember 2022 bei der Industrie mit minus 24 Prozent höher als bei privaten Haushalten mit minus 12 Prozent. Eine Ursache dafür sei, dass Privatverbraucher im Sommer wegen dann ohnehin abgeschalteter Heizungen kaum Spareffekte erzielen können.

Ein Forschungsergebnis ist auch, dass der Gasverbrauch von Industrie und Privathaushalten in erster Linie von der Entwicklung der Preise beeinflusst wurde, weniger durch staatliche Subventionen. “Marktpreise scheinen ein wirksames Mittel zu sein, um Anreize für Gaseinsparungen zu schaffen”, erklärte Ko-Autor Lion Hirth. Allerdings müsse es gleichwohl auch staatliche Maßnahmen geben, um Härten abzufedern. “Diese sollten aber so gestaltet sein, dass die Anreize zum Gassparen erhalten bleiben.”

Eine Ausnahme bildet der Studie zufolge der Kraftwerkssektor. Hier sei der Gasverbrauch überwiegend von Faktoren innerhalb des Stromsektors abhängig und weniger von Preiseffekten.