Syrische Ingenieure und Ärzte, die kamen sehr wohl nach Österreich. Allerdings zu Beginn der Flüchtlingswelle, als der Krieg in Syrien erst begann. Ganz anders ist das heute. Jene Syrer, die nun zu uns kommen, müssen oft erst alphabetisiert werden, so schlecht ist ihre Bildung. Das geht aus einer brisanten Studie über Österreichs Flüchtlinge und Arbeitsmigranten hervor, die das Institut für Höhere Studien (IHS) im Auftrag des Integrationsfonds (ÖIF) durchgeführt hat.

Das Bild des syrischen Arztes oder Ingenieurs stimmt nicht mehr

Demnach ist es zunehmend schwierig, die nun ankommenden Syrer überhaupt auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Am Anfang eines Krieges fliehen immer als erstes die Menschen mit höherer Bildung. Danach sinkt das Bildungsniveau, berichtet einer der beiden Studienautoren, Hermann Kuschej (IHS), der „Presse“. Eine zentrale Erkenntnis sei: „Das gesellschaftliche Bild des syrischen Ingenieurs oder Arztes, mit dem Österreich den Fachkräftemangel bekämpfen kann, ist endgültig überholt“, schreibt die Tageszeitung, der die neue Studie bereits vorliegt.

Holger Bonin ist der neue IHS-Direktor. Arbeitsmarkt und Bildung sind die Schwerpunktthemen des studierten Volkswirts.APA/HERBERT P. OCZERET

Noch schlechter schneiden die Afghanen ab. Hier haben die meisten keine abgeschlossene Schuldbildung. Kein Wunder: In Afghanistan herrscht seit den 1980er Jahren Krieg. Ein funktionierendes Bildungswesen sei kaum noch vorhanden, meint Kuschej. Schwierig sei auch die Integration, denn: Zum Zeitpunkt wenn Afghanen in Österreich ankommen, sind sie nicht mehr schulpflichtig. Verblüffend ist aber eines: Das Bildungsniveau unter den afghanischen Flüchtlinge in Österreich ist immer noch höher, als im Herkunftsland.

Tschetscheninnen sind höher gebildet

Mit Blick auf die weiblichen Migranten schneiden die Tschetscheninnen bei der Bildung besser ab als Frauen aus Syrien und Afghanistan. Zwar sei für sie in einer streng tschetschenischen Familie die Rolle der Hausfrau und Mutter vorgesehen, erklärt Kuschej. Dem widerspreche aber nicht ihre höhere Bildung. „Tschetschenische Frauen können damit mehr für die eigene Community beitragen“, meint der Studienautor gegenüber der „Presse“. Sie könnten daher auch heimkehren, weil Tschetschenien Ärztinnen und Juristinnen brauche. Darüber hinaus sorgten sich tschetschenische Mütter mehr um die Bildung ihrer Töchter.

Das Bildungsniveau unter Asylwerberinnen ist unterschiedlich hoch. Im Schnitt schneiden Tschetscheninnen besser ab.APA/HERBERT P. OCZERET

Dass der Bildungsaufstieg nicht wie erwartet stattgefunden hat, zeigt ein Blick auf die türkischen und ex-jugoslawischen Gastarbeiter, mit denen sich die Studie ebenfalls befasst. Niemand rechnete damals damit, dass sie länger in Österreich bleiben werden, weder Österreich, noch die Migranten der 1970er Jahre selbst. Somit fand eine Integration zu Beginn nicht statt.

Studie gibt auch dem Schulsystem und Diskriminierung die Schuld

Die Studie gibt auch dem heimischen Bildungssystem die Schuld daran. Der Grund: Die Kinder werden bereits nach der vierten Volksschule auf verschiedene Schultypen. Das verfestige die soziale Benachteiligung und führe zu „fehlenden Aufstiegsperspektiven über Generationen hinweg“, zitiert die „Presse“ aus der Studie. Damit wird das niedrige Bildungsniveau vererbt.

Das niedrige Bildungsniveau wird meistens vererbt. Anders als bei den Gastarbeitern konzentriert man sich bei Flüchtlingskindern von Anfang an um Integration. Das könnte ein Vorteil sein.APA/HANS PUNZ

Kuschej sieht auch in Diskriminierungserfahrungen – und -erwartungen? – einen Grund. Typischerweise sage ein türkischer Vater seinem Sohn: „Egal was du machst, du bleibst immer der Türke.“ Deren Reaktion laut Kuschej: „Na gut, dann bin ich halt der Türke“. Ergebnis: Tendenzen zur Parallelgesellschaft werden immer greifbarer. Die Autoren der Studie nennen das „ethnisch geprägte Selbstexklusion“.

Bei den Gastarbeiters aus dem ehemaligen Jugoslawien sei die Situation ähnlich. Deutlich höhere Bildungsabschlüsse besäßen aber jene Menschen, die im Zuge der Jugoslawien-Kriege in den 1990er-Jahren nach Österreich gekommen sind – so wie die ersten Syrer.