Ein nach dem Vorbild Tuchmanns verfasstes, auf die Situation der Europäischen Union zugeschnittenes Buch könnte den Titel tragen: Die Torheit der EU-Granden: Von der Schuldenunion zum Vermögensregister. Aus heutiger Sicht ist es unglaublich, was den Bürgern der Nationalstaaten – speziell den Deutschen und den anderen potentiellen Zahlmeistern des von Beginn an angepeilten Europäischen Bundesstaates – alles versprochen wurde, um Begeisterung für die Teilnahme an diesem Elitenprojekt zu wecken. Auch der Autor dieser Zeilen erlag einst der Wirkung der ausgesandten Schalmaientöne und war naiv genug, darauf zu vertrauen, dass die von den politischen Eliten gemachten Zusagen (Währungsstabilität, Schuldenbegrenzung, Verbot von „Bailouts“, Ausschluss der Staatsfinanzierung durch die Notenpresse, etc.) tatsächlich eingehalten würden. Leider haben die sich allesamt als Makulatur erwiesen. Mehr noch, das Belügen der Insassen der Union wurde vom seinerzeitigen Kommissionspräsidenten Juncker sogar zur Tugend erhoben. Der „Vertrag von Maastricht“ ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde.

Nach dem Austritt der Briten aus der EU, haben die Mitglieder des wirtschaftlich maroden und politisch sklerotischen „Club Méditerranée“ Oberwasser. Die Befürworter einer superlockeren Geldpolitik, hemmungsloser Verschuldungsorgien und der Umverteilung von den wettbewerbsfähigen zu den rückständigen Volkswirtschaften, befinden sich im Aufwind Die Deutschen, Holländer, Dänen und Österreicher dagegen, haben das geringe Vergnügen, die Konservierung versteinerter Strukturen in Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich finanzieren zu dürfen.

Minderleister, die vom Geld fremder Leute leben, haben gegen die Umverteilung von Einkommen und Vermögen naturgemäß nichts einzuwenden. Deshalb dürfen die EU-Granden mehrheitlicher Zustimmung für ihre frivole Geld- Finanz- und Wirtschaftspolitik sicher sein.

"Kampf gegen die Geldwäsche"

Jetzt aber könnte den von ihren Allmachtsphantasien berauschten Eurokraten ein fataler Fehler unterlaufen sein. Sie haben nämlich durchblicken lassen, über ein EU-weites „Vermögensregister“ nachzudenken, in dem sämtliche Vermögenswerte der dann restlos gläsernen Bürger erfasst werden sollen. Da geht es nicht mehr nur um Liegenschaften, Firmenbeteiligungen, Wertpapierdepots und Girokonten, die sich dem raublustigen Fiskus ja bereits jetzt auf Mausklick offenbaren. Nein, hier geht´s ans Eingemachte: Bargeld- und Goldbestände, Inhalte von Banksafes, Juwelen, Kunstwerke, Briefmarkensammlungen, Pelzmäntel und alle anderen Werte.

Diese ungeheuerliche Anmaßung, die mit vorgeblichen Bemühungen im „Kampf gegen die Geldwäsche“ fadenscheinig begründet wird, könnte zum Rohrkrepierer werden. Und zwar deshalb, weil damit plötzlich besonders die Bürger der von der Umverteilungsmaschinerie der EU bislang verwöhnten „Südstaaten“ ins Fadenkreuz der auf der Suche nach neuen Geldquellen befindlichen Eurokraten geraten. Denn Franzosen, Spanier und Italiener verfügen über größere Medianvermögen, als Deutsche und Österreicher.

Gefährdung der Privatvermögen

Da die zentrale Erfassung aller Vermögensbestände selbst von schlichteren Gemütern als erster Schritt auf dem Weg zur (zumindest teilweisen) Enteignung von Privatvermögen begriffen werden wird, läuft die EU mit diesem Vorhaben Gefahr, ausgerechnet in ihren treuesten Provinzen Kredit zu verspielen. Denn gerade für die bislang Gehätschelten wird das EU-Vermögensregister zur Bedrohung, während bei den Deutschen nicht viel zu holen ist.

Nach dem Brexit und den Attacken der Kommission auf Ungarn und Polen, wird diese flagrante Gefährdung der Privatvermögen das Image der Union weiter veschlechtern.

Andreas Tögel, geboren 1957, ist gelernter Maschinenbauer und ausübender Kaufmann. Tögel sieht sich als Libertären und im Hayekschen Sinne als „second hand dealer of ideas“.