Von welcher Seite sollte denn im Moment schon Gefahr drohen? Von einem heißen Krieg Russlands gegen die Ukraine? Von einem neuerlichen Migrantensturm? Oder vielleicht gar von einer nachhaltigen Beschädigung des politischen Systems durch eine sowohl von der Regierung, als auch von der Opposition vorangetriebene, tiefe gesellschaftliche Spaltung?
Wie auch immer, sicher ist: Wir werden soeben Zeugen einer seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Geldentwertung. Mittlerweile hat sogar der Medienmainstream den Braten gerochen: Ob „Neue Zürcher, „Die Presse“, oder heimische Provinzblätter – kaum ein Tag, in dem nicht der zunehmend Fahrt aufnehmende Kaufkraftverlust des Geldes thematisiert wird.
Die „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ schreiben von einem „Inflationstsunami“ und meinen wörtlich: „Das Vermögen der Anleger wird verbrennen.“ Und weiter: „Wie die FED mit ihrer Geldpolitik die Welt in den Abgrund stürzt.“
Der Journalist und Autor Roland Tichy bringt in einem seiner „Einblicke“, zu dem er den prominenten Ökonomen und ehemaligen Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts (IFO), Hans-Werner Sinn, eingeladen hat, den originellen Vergleich der Inflation mit einer Ketchupflasche, aus der zunächst nichts herauskommen will, dann aber auf einmal gleich eine unerwartet große Menge. Ein treffender Vergleich. Leider ist in unserer Gesellschaft das Inflationsgedächtnis völlig abhandengekommen. Dass eine galoppierende Geldinflation hierzulande und in Deutschland schon einmal den Mittelstand ruiniert und geradewegs ins Desaster geführt hat, ist leider weithin vergessen. Der (erfolglose) Münchener Putschversuch der Nationalsozialisten im November des Jahres 1923, war eine unmittelbare Folge der vorangegangenen Hyperinflation.

Kein Mangel an Nachfrage in Europa

Sinn verweist darauf, dass die Geldmenge im Euroraum im Gefolge diverser Staats- und Eurorettungsaktionen, sowie durch pandemiebedingte Programme, in den zurückliegenden 13 Jahren von 880 Mrd. auf über sechs Billionen Euro ausgeweitet wurde – also aufs Siebenfache! ¾ dieses aus dem Nichts geschaffenen Geldes, wurde in Staatsanleihen „investiert“ – also regelwidrig zur Staatsfinanzierung mit der Notenpresse verbraten.
Geldschwemme und Nullzinsdiktate machen es privaten Kleinanlegern zunehmend schwerer, risikoarme und zugleich werterhaltende Anlagemöglichkeiten zu finden. Die Zeit für die beliebten Vorsorgeinstrumente Sparbuch und Erlebensversicherung, ist vorbei.
Zwar hat die Europäische Zentralbank (EZB), laut dem Vertrag von Maastricht, die Aufgabe, die Preisstabilität in der EU zu bewahren, sieht diese aber bei einer jährlichen Teuerung von zwei Prozent verwirklicht. Im Klartext: Die EZB betätigt sich in Wahrheit als Inflationierungsbehörde.
Nun kann man, zumindest als Jünger des Ökonomen und Erfinders des „deficit spending“, J. M. Keynes, eine temporäre Geldmengenausweitung zwecks Ausgleichs privater Nachfrageausfälle gutheißen. Doch wir sehen in Europa im Moment ja eben keinen Nachfragemangel, sondern – ganz im Gegenteil – eine „inflationär überhitzte Wirtschaft“, wie Sinn betont. Und wörtlich: „In dieser Lage Geld- oder fiskalpolitisch Gas zu geben, wäre Irrsinn!“ Das leuchtet ein, denn es würde zu nichts anderem führen, als zu einer weiteren Erosion der Kaufkraft – ohne dabei aber positiven Einfluss auf Produktion und Beschäftigungsniveau zu entfalten.

Euro hat seine Zukunft hinter sich

In Amerika scheint man das erkannt zu haben. Die FED, das Zentralbanksystem der USA, leitet soeben ein „Tapering“ ein und fährt ihre Ankaufsprogramme zurück. Die Chefin der EZB dagegen, Christine Lagarde, hält es für verfrüht, schon 2022 von der inflationären Politik ihrer Organisation abzulassen.
Nicht nur Protagonisten der Österreichischen Schule der Nationalökonomie fordern seit geraumer Zeit dazu auf, die Anleihekaufprogramme und Nullzinsdiktate einzustellen und zu einer soliden Geldpolitik zurückzukehren. Zu meinen, eine erst einmal in Fahrt gekommene Inflation mit ein paar Mausklicks wieder beenden zu können, wird sich als Illusion erweisen. Ist nämlich das Vertrauen der Unionsbürger in die Kaufkraft des Euro erst einmal zerstört, ist die Sache, wie weiland 1923, gelaufen.
Der Euro hat seine Zukunft möglicherweise schon hinter sich. Wie eingangs angemerkt: Optimisten setzen in dieser Lage auf Gold. Abenteuerlustige auf Bitcoins.