Dem Finanzminister des Sonnenkönigs Ludwig XIV. und Schöpfer des Merkantilismus, Jean-Baptiste Colbert, verdanken wir folgende Einsicht: „Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, dass man möglichst viele Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält.“ Colberts pragmatischer Sicht der Dinge liegt die Überlegung zugrunde, dass ab einer bestimmten Steuerlast die Widerstände dagegen einfach zu hoch werden.

Wie eine rezente Untersuchung der Denkfabrik Agenda Austria zeigt, liegen die Steuereinnahmen der Alpenrepublik – trotz des pandemiebedingten Konjunktureinbruchs – auf dem Niveau eines Allzeithochs. Offensichtlich haben sich die Untertanen hierzulande mit dem Schmerz des Rupfens abgefunden – ohne zu murren oder sich dagegen zu wehren.

Der Steuerstaat will plündern, bis zu jenem Grad, der gerade noch erträglich ist

Der US-Ökonom Mancur Olson (1932 – 1998) bezeichnete den modernen Steuerstaat treffend als „stationären Banditen“, dessen Interesse sich darauf richtet, seine Opfer auf eine Weise auszuplündern, dass diesen ihr Schicksal gerade noch erträglich erscheint, und sie sich seinen Zugriffen weder durch Flucht (die „Abstimmung mit den Füssen“), noch durch Arbeitsverweigerung entziehen. Der Fiskus verfolgt keine „Hit-and-run-Taktik“, wie der gemeine Wegelagerer, der sein Opfer vollständig ausraubt und gegebenenfalls sogar tötet, weil er an dessen weiterem Schicksal kein Interesse hat.

Anders als der gewöhnliche Räuber legt der Staat sein Verhältnis zu seinen Insassen auf Dauer an, ist daher nicht am Tod oder am wirtschaftlichen Ruin derselben interessiert, und versteht es zudem, sich – anders als der in diesem Punkt ehrlichere freischaffende Verbrecher – auch noch als moralische Instanz zu inszenieren. Kirchenvater Augustinus von Hippo (354 – 430) konstatierte dagegen schon vor mehr als eineinhalbtausend Jahren knochentrocken: „Nimm das Recht weg – was ist der Staat dann noch anderes als eine große Räuberbande“ und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Schuld an der Inflation ist der überschuldete Staat, der die Notenpresse aktiviert

Eine besonders hinterhältige Form des Raubes an den Bürgern bildet die Inflation. Der deutsche Ökonom Thorsten Polleit (geb. 1967) bezeichnet sie als „heimtückische Steuer“. Denn direkte und indirekte Steuern werden als solche wahrgenommen und können nicht beliebig gesteigert werden, ohne Widerstände hervorzurufen. Bei der kaufkraft- und geldvermögenszerstörenden Geldentwertung verhält es sich aber anders: Sie wird nicht selten als unbeeinflussbares Naturereignis gesehen und von linken und / oder ahnungslosen Zeitgenossen häufig als typische Begleiterscheinung einer freien Marktwirtschaft und als Konsequenz unternehmerischer Gier fehlinterpretiert. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Denn da Rechtssicherheit und Unantastbarkeit des Privateigentums zu den unabdingbaren Voraussetzungen einer Gesellschaft freier Bürger gehören, ist auch keiner von ihnen an einer Kaufkrafterosion interessiert. Die Schuld an jeder inflationären Entwicklung trägt regelmäßig der überschuldete Staat, der die Notenpresse aktiviert, um weiterhin seine Ausgaben finanzieren zu können. Dasselbe gilt analog für ein politisch-fiskalisches Schuldensyndikat wie die EU. Bedingt durch die hemmungslose Geldmengenausweitung verliert jede in den Händen von Privatpersonen befindliche Geldeinheit an Wert, ohne dass dies gleich auffällt oder der politisch-geldpolitische Komplex als daran Schuldiger erkannt wird.

Jeder gesparte Groschen wird zwischen Nullzinspolitik und Kaufkrafterosion zerrieben

Der durch Inflation angerichtete Schaden kann langfristig ruinöse Konsequenzen nach sich ziehen. Man braucht dabei nicht gleich an die Heimsuchung durch eine Hyperinflation zu denken, wie sie in den frühen 1920er-Jahren in Deutschland und Österreich gewütet und den bürgerlichen Mittelstand zerstört hat. Allein die Erkenntnis, dass Konsumverzicht keinen Sinn ergibt, weil jeder gesparte Groschen zwischen Nullzinspolitik und Kaufkrafterosion zerrieben wird, wirkt sich verheerend aus. Das „Leben im Augenblick“ wird forciert, private Zukunftsvorsorgen erscheinen zunehmend sinnlos und die Abhängigkeit vom staatlichen Vormund nimmt weiter zu.

„Auf lange Sicht sind wir alle tot“ lautete ein zynischer Kommentar von John Maynard Keynes (1883 – 1946), eines der wirkmächtigsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, Erfinder von Unterkonsumptionstheorie und Defizitfinanzierung. Seine 1936 publizierte „General Theory“ liefert spendierfreudigen Glücksrittern unter den Politikern noch heute eine (pseudo)wissenschaftliche Grundlage für ihre gegen die Interessen von Sparern und privaten Investoren gerichteten Umtriebe, die regelmäßig zum Kaufkraftverlust des Geldes führen.

Leider scheinen viele Angehörige der politischen Klasse durch Schaden nicht klug zu werden. Das mag daran liegen, dass sie nicht ihr eigenes, sondern fremdes Eigentum verzocken.