Nikita Chruschtschow glaubte fest an die wirtschaftliche Überlegenheit des Sozialismus und prophezeite, dass die UdSSR die USA im Hinblick auf den Wohlstand demnächst überholen werde. Der Ausgang dieses Wettstreits ist bekannt. Sozialistische Systeme sind dazu verdammt, Ressourcen zu vergeuden und Mangel und Armut zu produzieren. Letztere wird immerhin “gerecht verteilt” – nämlich an alle, außer an die führenden Parteikader.

Wer nach dem Untergang des Realsozialismus in Osteuropa allerdings, wie weiland Francis Fukuyama, das “Ende der Geschichte” gekommen und den totalen Sieg des Kapitalismus verwirklicht sah, lag daneben. Die von Antonio Gramsci in den 1930er-Jahren angestrebte “kulturelle Hegemonie” (des Sozialismus) wurde inzwischen erfolgreich errichtet. Der “Marsch durch die Institutionen” ist abgeschlossen. Nie zuvor waren sozialistische und sozialdemokratische Ideen derart weit bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen, wie heute. Das gilt übrigens beiderseits des Atlantiks. Wer meint, die USA wären noch heute ein Hort des Kapitalismus, kennt die auch dort mittlerweile üppig wuchernden wohlfahrtsstaatlichen Strukturen nicht.

Die unendlichen Anläufe des Sozialismus – beim nächsten Versuch klappt's bestimmt!

Sozialismus und Kommunismus meinen ein System, in dem eine totale Vergemeinschaftung der Produktionsmittel herrscht. Der von den etwas schlaueren Linken ersonnene Sozialdemokratismus, belässt das formale Eigentum an den Produktionsmitteln zwar in privater Hand, reguliert aber Art und Weise der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen, sowie Arbeitszeiten und Löhne derart umfassend, dass der Eigentumsbegriff zur leeren Hülle wird. Privateigentumsfeindliche Systeme benötigen indes eine umfangreiche Bürokratie, die die Effizienz der Produktion massiv beschränkt.

Die rund zwei Dutzend Versuche, sozialistische Gesellschaften zu verwirklichen, die es seit der Oktoberrevolution gegeben hat, sind allesamt gescheitert, wenn man sie am von ihren Protagonisten abgegebenen Versprechen misst, jedermann höheren Wohlstand zu verschaffen, als das in einer Marktwirtschaft möglich ist. Jeder dieser Versuche wurde und wird vom Beifall westlicher Intellektueller begleitet – zumindest so lange es Erfolge zu verbuchen gibt. Sobald Rückschläge einsetzen, verstummt dieser Applaus. Am Ende folgt die Distanzierung und die Behauptung, dass es sich ja – etwa in Venezuela – nicht um “echten” Sozialismus handle. “Echten” Sozialismus habe es noch nie gegeben, denn sonst wäre das klassenlose Paradies ja längst verwirklicht. Beim nächsten Versuch klappt’s dann aber bestimmt – gleich, ober er als “ökosoziale Marktwirtschaft”, als “gendergerechte und CO2-neutrale Gemeinwohlökonomie” oder unter einem anderen Phantasienamen daherkommt.

Das Problem des Kapitalismus

Trotz der vielen negativen Erfahrungen und der theoretisch fundierten Kritik, daß eine zentral organisierte Planung, u. a. wegen des Mangels an Marktpreisen, am Kalkulationsproblem scheitern muß, lassen seine Apologeten nicht von der Vorstellung ab, dass es doch gelingen könnte. Auf konkrete Fragen, wie genau man sich eine sozialistische (oder sozialdemokratische) Organisation vorstellen müsse – welche praktischen Maßnahmen zu ergreifen wären, erhält man keine Antwort. Jedenfalls keine, die nicht auf hochfahrende Abstraktionen und Wunschbilder hinausläuft. Greifbare Vorstellungen existieren nicht.

Das Problem des Kapitalismus ist, dass er stets mit einer phantastischen Märchenwelt kontrastiert wird, mit der verglichen er naturgemäß alt aussieht. Sozialismus dagegen fühlt sich, wie der liberale Ökonom Kristian Niemitz konstatiert, einfach gut an. Dass die Sozialisten davon leben, dass der Kapitalismus eine derart effiziente Wohlstandsproduktionsmaschine ist, ist ein Treppenwitz der Geschichte.

Gefühle schlagen die Vernunft

Gefühle schlagen die Vernunft allemal. Daher wird es die “anthropologische Konstante” Sozialismus, wie der Mathematiker und Sowjetdissident Igor Schafarewitsch ihn genannt hat, auch in Zukunft als utopisches Wunschbild überleben.

Sozialismus ist der Versuch, dank der Kraft des Willens alles erreichen zu können und führt hinter die Errungenschaften der Aufklärung zurück. Deprimierend, dass dem morbiden Charme dieser Idee heute mehr Menschen erliegen, als vor 100 Jahren.

Andreas Tögel, geboren 1957, ist gelernter Maschinenbauer und ausübender Kaufmann. Tögel sieht sich als Libertären und im Hayekschen Sinne als „second hand dealer of ideas“.