Dass die Welt vor einem Inflationsproblem steht, hat sich inzwischen bis zum Mainstream der Ökonomik durchgesprochen. Christine Lagarde, als Chefin der EZB eine der im Hinblick auf die Währungssicherheit gewichtigsten Figuren Europas, sieht indes keinerlei Probleme. Sie meint, wir hätten es mit einem „vorübergehenden Phänomen” zu tun und demnächst würde alles wieder gut. Außerdem sollten wir doch froh sein, einen Job zu haben, anstatt wegen nicht lukrierter Zinsen zu jammern.

Zur Entschuldigung der Frau muss man indes einräumen, dass sie es als Nichtökonomin auch nicht leicht hat, die Ursache-Wirkungsbeziehungen ihrer Geldpolitik zu erfassen.

Die EZB-Chefin ist eine Fehlbesetzung

Aus dem Schuldrecht stammt der Begriff des „Auswahlverschuldens“, wenn ein offensichtlich ungeeigneter Dritter zur Regelung einer Schuldangelegenheit eingeschaltet wird. Dieses Auswahlverschulden ist aber auch dann verwirklicht, wenn in der halben EU biedere Hausfrauentypen, die sich schwertun, ein Blasrohr von einem Mörser zu unterscheiden, zu Kriegsministerinnen ernannt werden. Und natürlich dann, wenn man eine Amateurin mit den geldpolitischen Entscheidungen eines halben Kontinents betraut. Lagarde ist eine Fehlbesetzung.

Was bedeutet die in den amtlichen Statistiken ausgewiesene Teuerung von 5,1 Prozent?

Bei einer fünfprozentigen Preisinflation verringert sich die Kaufkraft einer Währungseinheit binnen zehn Jahren um satte 37 Prozent. Bei einer dreiprozentigen Teuerung wären es 24 Prozent und bei dem von der Europäischen Zentralbank angestrebten „Inflationsziel“ von zwei Prozent (das – mangelnden Humor kann man Frau Lagarde und den übrigen Geldalchemisten der EZB wirklich nicht vorwerfen – mit „Geldwertstabilität“ gleichgesetzt wird), beträgt der Kaufkraftverlust 16,6 Prozent. Also nicht wenig. Die von den Noten- und Geschäftsbanken seit Jahrzehnten betriebene Geldmengenausweitung zeigt Wirkung. Die durch einen amtlichen Warenkorb abgebildete Teuerung von 5,1 Prozent, ist allerdings gerade einmal die halbe Wahrheit.

Die Preisentwicklungen bei Immobilien, Wertpapieren, Rohstoffen und Edelmetallen werden mit dem Warenkorb nämlich nicht erfasst. Genau in diesem Segment aber finden Teuerungsorgien statt, die alle Bürger treffen – nicht nur diejenigen, die sich beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Hauses auf Jahrzehnte hinaus bis über beide Ohren verschulden müssen. Auch Mieter werden durch den steigenden Wert der von ihnen bewohnten Objekte einerseits und durch die Explosion der Energiekosten andererseits, belastet.

Der Ukraine-Krieg als Teuerungs-Turbo

Die Einführung des „hedonistischen Prinzips“ zur Bewertung von Konsumgütern, bietet weitere Möglichkeiten, die Inflationsrate kleinzurechnen. So wird etwa der Leistungszuwachs bei elektronisch-technischen Geräten als Verbilligung gewertet, während Angebotsverschlechterungen (wie ein geringerer Service oder ein verknapptes Platzangebot bei Flugreisen) nicht als Verteuerung beurteilt werden. Würden die Preissteigerungen bei den genannten Anlageklassen in die amtliche Preisinflationsrate miteinbezogen, läge diese wohl deutlich über zehn Prozent und käme damit in die Nähe der jährlichen Geldmengenausweitung. Der Krieg in der Ukraine verleiht der allgemeinen Teuerung – besonders bei Energieträgern – zusätzlichen Schub.

"Katastrophenhausse" oder die Flucht in stabilere Wertanlagen

Der Ökonom Ludwig Mises prägte in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts den Begriff „Crack-up-boom“, der am besten mit „Katastrophenhausse“ zu übersetzen Ist. Damals, in der Zeit der Hyperinflation in Österreich und Deutschland, manifestierte sich die Flucht der Bürger aus dem rapid verfallenden Geld, im Erwerb allerlei Güter des täglichen Bedarfs. Besser, zusätzlichen Hausrat in Reserve zu haben, als morgen wertlose Banknoten in der Tasche, so die Überlegung damals. Heute, hundert Jahre später und auf einem wesentlich höheren Wohlstandsniveau, erscheint der Kauf eines weiteren Anzugs, eines dritten Fernsehers oder eines vierten Computers nicht sehr attraktiv. Die ein zunehmendes Misstrauen gegenüber staatlich monopolisiertem Fiatgeld ausdrückenden Fluchtbewegungen dieser Tage, finden daher in Wertpapiere, ins “Betongold“, in Edelmetalle und Bitcoins statt.

Die weltweit umlaufende Bargeldmenge beläuft sich lt. Forbes auf rund 7,6 Billionen USD (6,7 Billionen Euro). Die Marktkapitalisierung des weltweit vorhandenen Goldes (rund 205.000t, was einem Würfel mit 22m Seitenlänge entspricht) liegt am 22. 2. 2022 bei rund 10 Billionen Euro. 17 Prozent davon halten die Zentralbanken. Der Wert der bis zum 22. 2. 2022 „geschürften“ Bitcoins beläuft sich auf rund 646 Mrd. Euro. Wenn Madame Lagarde & Genossen weitermachen wie bisher, gibt es da noch viel Luft nach oben…