Manche Großstadtlegenden sterben nie: Das Vertrauen auf die Wirkung homöopathischer Arzneien etwa; die Bedeutung von Horoskopen; oder der Glaube an die segensreiche Wirkung des Sozialismus. Letzterer allerdings, der Sowjetdissident Igor Schafarewitsch bezeichnete den Sozialismus einst als „Anthropologische Konstante“ und als „Todestrieb in der Geschichte“, ist bedeutend gefährlicher als jeder andere Aberglaube.

Dass die Wiener Tageszeitung „Die Presse“, einst das publizistische Flaggschiff des liberalen und konservativen Bürgertums, neuerdings eine Plattform für Propagandisten dieser verderblichen Ideologie bietet, ist erstaunlich: Am 1. April (vielleicht als Aprilscherz gedacht?) erschien der Gastkommentar eines Ökonomen des „Momentum-Instituts“, einer von der ehemaligen VSStÖ-Aktivistin Barbara Blaha gegründeten Ideenfabrik, die sich dem antibourgeoisen Klassenkampf widmet.

Unter der Überschrift „Gleicher Lohn, gleiche Steuer?“ wird der Legende Vorschub geleistet, dass Kapitalerträge einer weitaus geringeren Besteuerung unterliegen als Arbeitseinkommen. Während nämlich die Steuerstufen aus Arbeitseinkommen bis 55 Prozent reichen (die höchste Stufe wird allerdings erst ab einer Million Euro Jahresbruttoeinkommen fällig), werden Kapitalerträge, ungeachtet ihrer Höhe, gleichbleibend mit „nur“ 27,5 Prozent besteuert. Eine für die Sozialisten in allen Parteien zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit.

Das bestehende Steuerungleichgewicht reicht linken Ökonomen noch nicht

Nun ist allerdings die Verkündung einer Halbwahrheit nicht viel besser als eine glatte Lüge. Denn es darf ja nicht außer Acht gelassen werden, dass Kapitalgesellschaften (GmbH oder AG) ihre Gewinne der Körperschaftssteuer zu unterwerfen haben, die 25 Prozent beträgt und die auch auf nicht entnommene Gewinne fällig wird. Das heißt, dass die an die Gesellschafter oder Aktionäre fließenden Unternehmenserträge sich auf nur 75 Prozent des tatsächlich erwirtschafteten Überschusses belaufen. Inklusive der Kapitalertragssteuer sind also summa summarum 45,63 Prozent an den Fiskus abzuliefern. Das Vergnügen, derart hohe Steuern bezahlen zu dürfen, wird nur den wenigsten Arbeitnehmern zuteil.

Das bestehende Steuerungleichgewicht zu Lasten böser Kapitalisten reicht dem linken Ökonomen aber noch immer nicht. Seine Forderung geht dahin, die durch die KöSt. bereits um 25 Prozent verminderten Gewinne ebenfalls der Steuerprogression zu unterwerfen, wie sie für Arbeitseinkommen gilt. Ab einem Bruttojahreseinkommen von 90.000 Euro blieben dem Unternehmer/Kapitalisten dann noch ganze 37,5 Prozent übrig, während der Löwenanteil enteignet würde. Da lacht das Herz jedes Klassenkämpfers! Ein Arbeitnehmer mit gleich hohen Bezügen, liefert indes deutlich unter 50 Prozent an den Fiskus ab.

Wer selber von Steuern lebt, wünscht sich höhere Steuerquote

62,5 Prozent Steuern – das wäre ein wohl unschlagbar verlockender Anreiz, um sich im Land der Hämmer künftig unternehmerisch zu betätigen! Die Alpenrepublik könnte sich unter diesen Voraussetzungen vor lauter investitionswilligen Ausländern vermutlich gar nicht mehr retten.

Dass der Begriff „Steuergerechtigkeit“ ein Widerspruch in sich – ein Oxymoron – darstellt, liegt auf der Hand, weil der Steuerstaat ja zwei Klassen von Menschen schafft: Die einen, die sie bezahlen müssen, nämlich die in der Privatwirtschaft Tätigen, und die anderen, die davon leben, wie Politiker, öffentlich Bedienstete, Sozialhilfe- und Ausgleichszulagenbezieher. Dass letztere Gruppen an einer möglichst hohen Steuerquote interessiert sind, ist klar.

Welches Kraut muss also jemand rauchen, um im Zusammenhang mit Steuern den Begriff der Gerechtigkeit überhaupt ins Spiel zu bringen? Übrigens wird die unübersehbare Ungerechtigkeit jeder Form der Besteuerung, durch progressive Tarife noch weiter gesteigert, da die einzelnen Stufen ja vollkommen willkürlich und zum Nachteil einer relativ kleinen Minderheit gestaltet sind.

Progressive Einkommenssteuer als Mittel zur Enteignung und Zerstörung der Bourgeoisie

Wes Geistes Kinder die Propagandisten progressiver Steuern sind, erhellt sich schlagartig, wenn man nach deren Erfindern fahndet: Keinen geringeren als den Herren Karl Marx und Friedrich Engels verdankt diese bösartige Idee ihre Geburt – nachzulesen in ihrem 1848 veröffentlichten „Manifest der Kommunistischen Partei“ (siehe hier) im Kapitel zwei. Die progressive Einkommenssteuer wurde von den beiden Kommunisten als Mittel zur Enteignung und Zerstörung der verhassten Bourgeoisie in die Welt gesetzt und hierzulande zügig umgesetzt.

Wie heißt es im „Manifest“: „Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren…“

Bei mehr als 50 Prozent Staatsquote, einer innigen Symbiose von Big Government und Big Business und einer nie zuvor erlebten Regulierung und Fesselung mittelständischer Unternehmensinitiativen, dürfte dieses Ziel schon bald erreicht werden.