Anna Dobler: Deutsche Sehnsucht nach Sebastian Kurz
Ob Kurz tatsächlich „sexy“ ist, wie die liberale Tageszeitung „Die Welt“ neulich behauptete, liegt wohl eher im Auge des Betrachters. Freilich, charismatisch ist er zweifellos, die politische Biografie beeindruckend. „So einen brauchen wir auch“, stellte auch unlängst der Chefredakteur der größten Tageszeitung des Landes, der Bild-Zeitung, fest, und das ist jemand, der wie kaum ein Zweiter die Bedürfnisse und Gedanken der Deutschen kennt.
„Sebastian Kurz lässt sich nicht von irgendwelchen Twitter-Meinungsführern seine Politik diktieren“
Dass Sebastian Kurz dort überhaupt so populär ist, liegt aber tatsächlich weniger an seinen eigenen Stärken, sondern vielmehr an den unleugbaren Schwächen der deutschen Union, also den Schwesterparteien der ÖVP, und konkret am Kurs, den sie in den vergangenen Jahren unter Merkel eingeschlagen haben. Dass in Deutschland der Konservatismus, ja bisweilen sogar das Bürgerliche, quasi als unschicklich gelten und man sich als nicht dezidiert Linker dauernd der Gefahr ausgesetzt sieht, ins rechte Eck gestellt und gecancelt werden, ist auch die Schuld einer Regierung, die sich immer wieder dem Druck linker Organisationen gebeugt hat, sodass in öffentlichen Debatten die Moral den Hausverstand ablöst.
Kurz hat das Ohr beim Bürger. Er lässt sich nicht von irgendwelchen Twitter-Meinungsführern, die ihn ohnehin nicht gewählt haben und nie wählen würden, seine Politik diktieren. Er hört den Menschen zu: in Meinungsumfragen, auf der Straße, in den Betrieben und in den Wirtshäusern des Landes. Während es in Deutschland zum Privileg der politischen Rechten geworden ist, über Probleme bei Zuwanderung und Integration zu sprechen, weil sich jeder in der Mitte sofort dem Rassismus-Verdacht ausgesetzt sieht, wenn er etwa schärfere Kontrollen an den Grenzen fordert, schafft es Kurz, solche Sorgen der Menschen zu thematisieren, ohne sich dabei eine einfache Lösung zu gestatten.
Die Deutschen haben regelrecht Panik davor, bestimmte Wahrheiten offen auszusprechen, um sich nicht mitschuldig zu machen, doch die Realität in Österreich zeigt, dass ein offener Umgang sowie eine klare Benennung von Problemen nicht zu einer Radikalisierung der Bevölkerung führt, sondern vielmehr radikale Kräfte obsoleter macht. Die österreichische Regierung ist nicht gegen Zuwanderung per se, was wirtschaftspolitisch auch vollkommen schwachsinnig wäre, sondern für einen kontrollierten Zugang. Die österreichische Regierung kämpft für Religionsfreiheit, aber gegen Extremismus. Das ist nicht „rechts“, wenn man bedenkt, dass diejenigen, die unter Islamismus hierzulande am meisten leiden, selbst Muslime sind. Der Kampf gegen den politischen Islam ist somit sogar streng genommen ein urlinkes Anliegen, weil er für Vielfalt, Gleichberechtigung und freie Meinungsäußerung steht.
„Deutschland glaubt, seine Bürger vor der Wahrheit beschützen zu müssen.“
Der Österreicher ist grundsätzlich in der Lage, die Botschaften der Regierung zu begreifen und einzuordnen, während in Deutschland nicht selten ein gewisser Paternalismus mitschwingt, fast so, als halte man den Bürger für nicht ganz mündig. Österreich mutet seinen Bürgern die Wahrheit zu. Deutschland glaubt, seine Bürger vor der Wahrheit beschützen zu müssen. Merkel hat gerade in den vergangenen Jahre mehr verwaltet als gestaltet und sich ohnehin innenpolitisch zunehmend zurückgezogen. Ihr designierter Nachfolger schafft es kaum, aus ihrem Schatten zu treten, was vor allem den Grünen zu ungeahnten Höhenflügen verholfen hat.
Unter Kurz hat sich Österreich emanzipiert. Während Österreich früher gerne auf EU-Ebene im Einklang mit Deutschland geschwungen hat, hat er zunehmend die Konfrontation im Stillen gesucht, neue Allianzen geschmiedet und ungeschriebene Gesetze hinterfragt. Österreich ist wieder wer und dieser Kurs beeindruckt die Deutschen. Vergleiche mit Trump oder Orban wie sie von Linksaußen gerne angestellt werden, sind natürlich realpolitisch vollkommener Humbug. Tatsächlich ähnelt Kurz im Stil und in der Politik am ehesten dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Auch er wird von den politischen Rändern abgelehnt und wenn es einen Beleg für seine konsequent demokratische Ausrichtung gibt, dann die bisweilen in Hass mündende Ablehnung von Links- und Rechtsaußen.
Kurz ist ein Segen für Österreich. Und Deutschland wird auf seinen eigenen „Kurz“ wohl noch mindestens vier weitere Jahre warten müssen.
Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg, lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.
Kommentare
Dass die deutschen Bedraf nach neuen Politikern haben, ist all zu verständlich nach 16 Jahren Merkel… Dass aber die Sehnsucht nach Kurz so groß sein soll, der wohl kurz vor der Anklage durch die Wksta steht glaube ich nicht. Dafür glaube ich aber, dass der express mal wieder die Möglichkeit sah, einen “Jubel” Artikel über den Bubenkanzler zu verfassen. Warum habt ihr eigentlich nicht über den USA Besuch berichtet, wo er soll toll bekommen
… Unsere Hymne interpretiert hat??
Verantwortungsvolle Politik muss mehr sein als Meinungsumfragen sklavisch
nachzuhoppeln und komplizierte Sachverhalte mittels Showpolitik in populistischer Auslegung zu simplifizieren. Der Erfolg eines Politikers zeigt sich nicht primär im Wahlergebnis, sondern darin, ob das Leben der Menschen nachhaltig verbessert wurde.
KURZ IST EIN SEGEN FÜR ÖSTERREICH
Nix Neues bei den lieben Nachbarn – ihre große Sehnsucht nach solchen Figuren hatten sie schon mal in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts unter Beweis gestellt. Geendet hat es allerdings nicht positiv.
Ich würde die Figur aus den 30ern nicht in einem Satz mit Kurz nennen, allerdings zeigt dieses Beispiel, dass man sich nicht in jeder Frage an der Stimme des Volkes orientieren sollte, da das Volk sehr leicht populistisch verführbar ist.
Wie recht Sie doch haben, deshalb freuen sich die Deutsch*innen auch über Laschet/Seehofer, Analena Baerbock/Robert Habeck oder Saskia Esken/Walter-Borjans,
bei diesen Politiker*Innen sind schwerlich Parallelen zu den 1930er Jahren zu erkennen.
Ganz ganaz anders bei Hubert Aiwanger oder gar bei der AfD wo sich schon der nächste Führer in Stellung bringt …
Halleluja!
Verantwortungsvolle Politik muss mehr sein als Meinungsumfragen sklavisch
nachzuhoppeln und komplizierte Sachverhalte mittels Showpolitik in populistischer Auslegung zu simplifizieren. Der Erfolg eines Politikers zeigt sich nicht nur im Wahlergebnis, sondern primär darin ob das Leben der Menschen nachhaltig verbessert wurde.
In Deutschland würde jemand wie Sebastian Kurz ordentlich abräumen.
Noch nie in der Geschichte waren so unfähige, gesichtslose, charismalose und austauschbare Politiker*innen (m/w/d) an der Spitze ihrer alteingesessenen Parteien.
Laschet,
Walter-Borjans/Saskia Esken,
Baerbock …
schlimmer gehts wirklich nimma mehr …
– Helmut Schmid,
– Helmut Kohl,
– Franz Josef Strauß,
– Hans-Dietrich Genscher …
das waren noch Politiker … und heute …
Philipp Amthor/Kevin Kühnert …
Ralf Stegner, Claudia Roth, Heiko Maas …
“Noch nie in der Geschichte waren so unfähige, gesichtslose, charismalose und austauschbare Politiker*innen (m/w/d) an der Spitze ihrer alteingesessenen Parteien.”
Stimmt und Kurz ist einer von denen.
Kurz hat sicher den Instinkt für Trend-Themen und bedient sich dieser auch rhetorisch mit einem außerordentlichen Talent. Hinzu kommt auch seine relative Jugend und seine Fähigkeit, rhetorisch ohne “Geifern” aufzutreten – er kann noch sagen, was man anderen bereits übel nähme. Das ganz unabhängig von der Politik.
Allerdings braucht es mithin bei allen diesen Punkten, die er intensiv anspricht – und damit als seine Kernthemen ausweist – auch mittelfristig vorzeigbare Erfolge. Das Thema “Migration” ist hier ein gutes Beispiel. Das zweite Kabinett Kurz hat alle Möglichkeiten in der Hand, dier etwas zu bewegen. Der Verweis auf eine dysfunctionale EU alleine wird da auf Dauer nicht ausreichen, wenn sich – wie aktuell – nichts tut. Kurz droht Ankündigungskaiser zu werden.
So wird es auch bei anderen Themen sein: in Österreich muss Kurz (im Gegensatz zu Deutschland) realpolitisch zumindest mittel- bis längerfristig auch abliefern. Das wird – auch unabhängig von der Migrationsfrage – mit den Grünen sehr schwierig sein. Seien es die feuchten Gewesslerträume von geschlossenen Tankstellen oder Zadic und ihre WKStA….
Ein Kommentar ohne Scheuklappen. Der ruft natürlich die „Kurz muss weg“-Fraktion auf den Plan. Das Posten ungustiöser Hassbotschaften gehört inzwischen zum „Kern“-geschäft politisch Extremer. War es früher für den Aufstieg politischer Jungspunde wichtig, möglichst viele Plakate zu kleben, werden heute in den Parteizentralen die Postings gezählt.
In einem muss ich der Autorin allerdings heftig widersprechen: Vielfalt, Gleichberechtigung und freie Meinungsäußerung waren nie die Kernanliegen der Linken, sondern stets der Liberalen und der von der Kirche emanzipierten Bürger(lichen).
In vieler Hinsicht ist Deutschland kaputt. Sie wollen Die Welt retten und lassen die eigene Bevölkerung bei einer Katastrophe völlig im Stich. Wichtig ist Gendersprache, cancel culture und Klimarettung. Es werden demokratische Wahlen zu Gunsten einer Mauerschußpartei rückgängig gemacht. Dafür Demonstrationen für Freiheit, Demokratie und Verfassungsrechte verboten. Die Wirtschaft durch linksgrüne Ideologie geschwächt. Kein Wunder, daß sich viele Deutsche sehnen sich von Kurz blenden zu lassen.
Traurig, traurig, traurig aber leider wahr. Das Deutschland der großen Männer ist untergegangen. Übriggeblieben ist das Deutschland der Merkel, der van der Leyen, der Kramp-Karrenbauer und des diversen Transgenders Laschet.
Deutschland ist nur noch ein Schatten von einst. Sogar der deutsche Fußball ist den Bach abgegangen. Deutschland ist müde und schwach geworden und lässt sich von einer Twitterblase voll von Verrückten mit Scheinproblemen zumüllen.
Ich kann die FPÖ-Wähler durchaus verstehen, wenn sie immer und immer und immer wieder auf Kurz hinhauen und wie in einer Litanei beten: “Kurz muss weg!”
Liebe Kurz-muss-weg-Zeitgenossen! Noch nie was gehört vom Spruch “If you can beat them, join them!” Ihr werdet noch in 10 Jahren “Kurz muss weg” rufen. Und danach auch noch. Und? Bringt das was?
Die Opposition ist personell viel zu schwach aufgestellt, um Kurz gefährlich werden zu können. Ich staune immer wieder, wie stur an diesem “Muss-weg-Konzept dilettantisch gebastelt wird”. Jeder Dummkopf würde sich nach einem Dutzend Misserfolgen eine neue Strategie überlegen.
Sorry – Tippfehler: If you CAN’T beat them …
Das absolsut dumme an dieser Strategie ist, dass sich die FPÖ damit zum nützlichen Idioten für die Linken macht – siehe UA.
… genau, und dadurch für viele Ihrer konservativen Ex-Wähler unwählbar wird. Was wiederum Kurz zugute kommt.
Wie peinlich, dass Journalist*innen diesen faschistoiden Kurz hochloben!
Anti-demokratischer als diese Politik geht es gar nicht!
Wenn Sie auch nur die blasseste Ahnung hätten, was “faschistisch” und “faschistoid” bedeuten, würden Sie nicht so unreflektiert daherreden. Der inflationäre Gebrauch des Faschismusvorwurfs gegenüber demokratisch gewählten Politikern relativiert den Faschismus.
Sie leben sicher in Deutschland und erleben nicht, wie es in Österreich zugeht!
Na, wie geht’s denn zu in Österreich??
z.B. gibt es eine von der ÖVP gesteuerte Antifa-Truppe, die immer dann gerufen wird, wenn Proteste der Bevölkerung in Form von Demonstrationen angesagt sind.
Diese Antifa dürfen unter Polizeischutz den friedliebend demonstrierenden Bürgern den Stinkefinger zeigen, ihnen gegenüber Drohungen ausstoßen, sich dabei hinter schwarzen Masken verbergen und werden vor den Kameras abgeschirmt.
Ich war selbst dabei und konnte mich vor den 300 eskortierten Radfahrern mühsam flüchtend hinter ein Gittertor retten. Ein begleitender Polizist wies mich darauf hin, dass er – weil auf dem Fahrrad fahrend – mich nur durch sein Leib und Leben schützen können habe, weil er völlig unbewaffnet war.
Wenn dass nicht an vergangene Umtriebe erinnert….
Alles andere ist sowieso in kritischen Medien nachzulesen.
“Nie war dort ein österreichischer Spitzenpolitiker populärer als er. ”
Ein Österreicher aber schon 😉
Bitte sind sie präzise! Hitler hat im ersten Weltkrieg bei den Deutschen als Meldegänger gekämpft. Er hat die Deutsche Staatsbürgerschaft angenommen und war daher Deutscher. Ich sag’s nur, könnte sein, daß sie von der Frau Nehammer geklagt werden, weil sie sich als Österreicherin beleidigt fühl.
Anna Dobler kennt die Lage in Deutschland sicher gut. Aber in der Charakterisierung der Politik von Kurz kann ich nicht ganz mitgehen.
Kurz ist in meiner Wahrnehmung fast das Gegenteil eines charismatischen Politikers, er ist ein professioneller Technokrat der Macht. Er vertritt eine klare Agenda, aber ihm fehlt die Ausstrahlung eines Haider und er hat so gar nichts Messianisches.
Und wenn man den 2. Mann der ÖVP ansieht, also Blüml, der ja auch Spitzenkanditat in Wien ist, dann erkennt man fast schon die Karikatur eines Antipopulisten ist, der so ostentativ ohne Charisma und Emotion agiert, dass es fast schon aufreizend ist.
Und trotzdem hat diese Art der Politik Erfolg. Das ist ein gutes Zeichen. Wir brauchen keine populistischen Verführer die an unsere niedrigen Instinkte und Emotionen appellieren. Das ist ein Zeichen demokratischer Reife.
Sie nennen es “neuer Stil”. Es ist sicher ein Marketinginstrument. Aber es ist wohltuend. Und der Erfolg dieser Form von Politk ist nicht von der Ausstrahlungskraft einer Person abhängig.
Das ist ja auch das große Mißverständnis der Opposition. Sie glaubt tatsächlich, dass es reichen würde, Kurz zu beseitigen und man hätte die Hegemonie zurück.
Das ist ein Irrtum. Die Hegemonie der ÖVP gründet auf der Glaubwürdigkeit dieses “neuen Stils” und nicht auf der Person von Kurz. Wenn diese Glaubwürdigkeit erhalten bleibt, dann würde auch eine Karoline Edstadler die Hegemonie verteidigen.