Mit der Ratifizierung des EU-Eigenmittelbeschlusses am 31. Mai haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einen historisch einmaligen Akt gesetzt. Erstmals wird die EU gemeinsam rund 800 Milliarden Euro an Kreditmittel am Kapitalmarkt aufnehmen. Gedacht ist dieses Geld als “Wiederaufbaufonds” für die Zeit nach Corona als konjunkturelle Stütze.

Der wirtschaftliche Einbruch durch Corona war ein dramatischer Einschnitt, der die Lebensumstände vieler Bürger stark beeinflusst hat. Laut Statistik Austria ist das Bruttoinlandsprodukt im Jahre 2020 um mehr als 5 Prozent zurückgegangen. Die Börse verzeichnete im vergangenen Jahr einen starken Einbruch. Führende Leitindizes stürzten kurzfristig über 20 Prozent in die Tiefe. Ebenso schnell wie der starke Einbruch kam dann aber, vorwiegend durch das rasche Handeln der Zentralbanken, eine Erholung bzw. die teils dramatische Situation am Arbeitsmarkt und bei den Unternehmen konnte durch staatliche Hilfen (Kurzarbeit und Umsatzersatz) abgefedert werden. 

Trotz der sich seit Anfang des Jahres verbessernden Konjunktur und der einhergehenden langsamen Entspannung am Arbeitsmarkt, wurde Ende Mai der Aufbauplan, der offiziell „NextGenerationEU“ heißt, von den Mitgliedsstaaten beschlossen.

Berechtigte Sorgen vor einer drohenden Vergemeinschaftung der Schulden

Kritiker sehen in dem 800 Milliarden Paket eine Vergemeinschaftung der Schulden durch die Hintertür. Der Begriff “Euro-Bonds” wird zwar nicht explizit genannt, dennoch ist es so, dass die Bonität, also die Kreditwürdigkeit von Ländern wie Deutschland oder Österreich, verwendet wird, um die Finanzierungskonditionen für die gemeinsame Schuldenaufnahme zu verbessern. Für Österreich liegt die Haftungsobergrenze bei rund 20 Milliarden Euro, was bei der stark gestiegenen Verschuldungsquote in der Krise (die Statistik Austria weist mit Ende 2020 über 83 Prozent, im Vergleich zu etwas über 70 Prozent per Ende 2019 aus) eine nicht von der Hand zu weisende Mehrbelastung darstellen kann.

Fehlende Wachtstums-Impulse

Sieht man sich die einzelnen Punkte des “Aufbauplans” im Vergleich zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU an, findet sich wenig Neues. Gerade wenn es sich um einen Aufbauplan handeln sollte, sollten eigentlich wesentliche Impulse für ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum gesetzt werden. 

Zu befürchten bleibt, dass es sich beim “Wiederaufbauplan” lediglich um eine Erweiterung des EU-Haushaltsrahmen handelt, ohne dass echte Wachstumsimpulse gesetzt werden und die Innovationskraft gestärkt wird.

Im schlimmsten Fall werden die zusätzlichen Geldmittel in der aktuell sich erholenden und stetig anziehenden Wirtschaft nicht gebraucht und “verpuffen” wirkungslos.

Wichtig wäre es vor diesem Hintergrund, dass die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU ein einmaliger Akt bleibt und es nicht zu einem Gewöhnungseffekt kommt, wie bei der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die deutschen Steuerzahler haben es selbst in der Hand – sie müssen nur im Herbst die richtige Entscheidung treffen.

Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.