Dass in Deutschland aktuell überhaupt über eine Regierungsbeteiligung der vom Verfassungsschutz beobachteten Linkspartei diskutiert wird, ist beschämend und ein Schlag ins Gesicht vieler Menschen, die jahrelang unter der DDR-Diktatur ihrer marxistisch-leninistischen Vorgänger-Organisation gelitten haben. Während CDU/CSU und FDP ein Bündnis mit der Linken mit der gleichen Selbstverständlichkeiten ausschließen, wie mit der rechtspopulistischen AfD, sind es die taktischen Machtspiele von SPD-Spitzenkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz, die schuld daran sind, dass jetzt über ein rot-rot-grünes Bündnis überhaupt diskutiert wird. Das nützt aber nicht der SPD, sondern in erster Linie der Linkspartei, der Scholz mit seinen anfänglich schwammigen Aussagen zu einem ungerechtfertigten Status in der demokratischen Mitte verhilft.

Man stelle sich nur mal vor, Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hätte der AfD eine derartige Absolution erteilt – die linke Journaille würde gänzlich überschnappen. Doch die Linkspartei wird dort immer noch als harmlos verklärt. Dabei sind Teile ihrer Mitglieder und ihrer Forderungen klar als radikal einzustufen. Im Sinne einer demokratischen Vielfalt muss man sie wohl im Parteien-Spektrum tolerieren, doch man darf sie keinesfalls salonfähig machen.

Was für die AfD gilt, muss auch für die Linkspartei gelten

Das ist aber genau der Fall, wenn Scholz eine Koalition mit der Linken nicht von Anfang an ausdrücklich ausschließt und die Jugendorganisation der SPD sogar ausdrücklich dafür wirbt. Auch bei den Grünen vermisst man deutliche Worte, die sich der Linken mit ihren sozialistischen Antworten auf die Klimakrise politisch ohnehin immer mehr annähern. Es reicht im Übrigen nicht, die außenpolitische Haltung der Linkspartei und ihren Irrsinn bezüglich der NATO als Hinderungsgrund anzuführen. Es muss in Deutschland einfach demokratischer Konsens sein, dass Parteien die vollständig oder in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet werden, nicht in eine Regierungsverantwortung kommen dürfen.

Das sollte übrigens auch für die Länder gelten, wo die Linke teilweise schon mitmischen darf. Jetzt kann sich jeder Leser selber fragen, wo die Lebensqualität höher ist: Im rot-rot-grünen Berlin (verschuldet, nicht besonders sauber, chaotisch, Rigaer Straße, Görlitzer Park, BER-Debakel) oder im schwarz-orangenen Bayern (reich, aufgeräumt, wenig Arbeitslose, Zentralabitur, Maximilianstraße, Chiemsee, Rekordmeister FC Bayern München). Danke, Franz Josef!

Die Schatten der DDR-Vergangenheit

Die tiefe, innere Wahrheit ist: Deutschland hat seine DDR-Vergangenheit nicht gründlich genug aufgearbeitet. Bis heute wird dieses dunkle Kapitel oftmals verharmlost, ja sogar romantisiert als “Ostalgie” – doch es klebt Blut an den Händen all derer, die mit Gewalt die Freiheit der Menschen damals unterdrückt haben und sie in Not und Tod getrieben haben. Freilich wissen Politik-Profis, dass ein rot-rot-grünes Bündnis extrem unwahrscheinlich ist, selbst wenn es sich rechnerisch nach der Wahl ausgehen könnte. Und freilich nutzen Konservative ein solches Farbenspiel gerne auch als Droh-Kulisse, um im eigenen Lager zum Urnengang zu motivieren. Nichtsdestotrotz sprechen wir jetzt seit Wochen darüber, ob es unter bestimmten Bedingungen nicht doch vielleicht irgendwie möglich sei, die Linke regieren zu lassen. Das sollte das aber unter keinen Bedingungen jemals der Fall sein. Und wer mit solchen taktischen Koketterien nur billig versucht, die Preise für eine Koalition in die Höhe zu treiben, sollte sich ernstlich fragen, ob er wirklich das Land als Staatsmann vertreten kann.

Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.