Während in Deutschland gerade unter dem Jubel linker Kräfte das Werbeverbot für Abtreibungen gekippt wird und der Verzicht aufs eigene Kind als Akt der selbstlosen Klimarettung verklärt wird, ist in den vergangenen Jahren der Anteil der ungewollt Kinderlosen um sieben Prozent gestiegen. Das kann unterschiedliche Gründe haben, zumeist sind es medizinische oder wirtschaftliche, und doch finden die Geschichten von Betroffenen kaum Gehör in öffentlichen Debatten, die sich lieber um Frauen kreisen, die eine Mutterschaft aus ideologischen Gründen ablehnen. Wie progressiv! Wie feministisch! Wie modern!

Auch ich bin ungewollt kinderlos und nehme die Situation als sehr belastend wahr. Aus meiner persönlichen Erfahrung weiß ich, dass nur die wenigsten betroffenen Frauen offen über dieses Thema sprechen – nicht nur weil es schmerzlich ist. Es gibt auch kaum einen Raum dafür.

Denn wenn in Deutschland öffentlich über Mutterschaft diskutiert wird, dann schwingt nicht selten ein abwertender Unterton mit. Zum Einen heißt es, dass es generell zu wenig Kinder gibt und sofort wird der Finger anklagend in Richtung Akademikerinnen gehoben, die immer später oder gar nicht Mütter werden. Über die Gründe, warum das so ist, wird viel zu wenig gesprochen. Viele Frauen arbeiten nach dem Studium, also in ihren fruchtbarsten Jahren, in prekären Dienstverhältnissen – und das sehr oft befristet. Sie hangeln sich also von Vertrag zu Vertrag und wissen, dass sie mit einer Schwangerschaft keine Chance auf Verlängerung haben. Also warten sie – viele bis es (fast) zu spät ist.

Mutterschaft ist im Kern ein selbstloser Akt

Tatsächlich handelt es sich hierbei aber um ein Problem, das eher in Deutschland verbreitet ist. In Österreich – und das ist jetzt wahrscheinlich das Linkeste, was Sie jemals von mir an dieser Stelle lesen werden  – muss man den Roten durchaus dankbar dafür sein, dass hierzulande diese ganze Befristungsthematik (noch) nicht so um sich greift. In Österreich ist zwar der Kündigungsschutz schlechter als in Deutschland, dafür wird aber der Großteil der Dienstverträge unbefristet abgeschlossen. Ein Umstand, der jungen Frauen wirtschaftliche Sicherheit bieten kann und der auch der Arbeitgeberseite hilft, Arbeitskräfte langfristig zu binden.

Nichtsdestotrotz weiß jede Frau, dass mit 30 aufwärts die Job-Suche erschwert wird. Weil Personaler einen Kinderwunsch nicht direkt abfragen dürfen, wird sich behutsam über die partnerschaftliche Situation an das Thema herangetastet. Denn die Sorge, dass eine künftige Arbeitnehmerin schon im ersten Jahr wegen Mutterschutz ausfallen könnte, steht unausgesprochen im Raum.

Erschwerend kommt hinzu, dass zuletzt in der bisweilen hysterischen Kimaschutz-Debatte vereinzelt Frauen öffentlich erklärt haben, dass es nachhaltig und selbstlos sei, der Umwelt zuliebe auf ein Kind zu verzichten. Solche Debatten reduzieren die Mutterschaft auf einen selbstsüchtigen Akt, doch dass aufgrund der Überalterung der Gesellschaft die Pensionssicherheit wackelt und ein Milliardenschaden entsteht, ist dann im medialen Getöse nur eine Randnotiz wert. Tatsächlich ist Mutterschaft ein extrem selbstloser Akt und unsere Gesellschaft sollte aufgefordert sein, alle Hebel in Bewegung zu setzen, die Geburtenrate zu steigern. Mein Vorschlag: Einmalzahlungen an Mütter bei der Geburt eines jeden Kindes in der Höhe von mindestens 10.000 Euro. Und dabei handelt es sich nicht um ein Geldgeschenk sondern in eine staatliche Investition in die Zukunft unseres Landes. Denn wie man aus Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen hört, spielt der finanzielle Faktor nicht selten eine gewichtige Rolle. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Im 21. Jahrhundert tragen Frauen ein Kind nicht aus, weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Beschämend! Eine konservative Beratungsstelle hat daher vereinzelt verzweifelten Frauen Geld angeboten, weswegen es reichlich Kritik von linker Seite gehagelt hat. Aber wenn es nicht mehr braucht als ein bisschen Geld, um ein ungeborenes Leben zu retten, sollte uns das nicht allen zu denken geben?

Echte Freiheit besteht nur bei Wahlfreiheit

Jemand, der sich viel mit dem Thema Mutterschaft beschäftigt, ist die Autorin Birgit Kelle. Sie vertritt zusammengefasst die spannende These, dass der Staat die Mutterschaft eigentlich gar nicht fördern will und Frauen deswegen in eine Doppelrolle drängt: Karriere und Kind, sprich: Teilzeit-Mutterschaft, weswegen die öffentlichen Betreuungsangebote ausgebaut werden, damit keine Mutter dem Arbeitsmarkt zu lange fern bleibt. Das Bild der berufstätigen Mutter wird entsprechend gesellschaftlich glorifiziert, so dass die Rolle der Hausfrau antiquiert dagegen wirkt. Frauen werde daher ständig eingebläut, dass sie alles unter einen Hut bekommen müssen und Kelle vertritt offensiv eine Gegenthese, weswegen sie von linken Feministinnen angefeindet wird. Echte Freiheit besteht aber nur bei Wahlfreiheit und die Wahrheit ist, dass viele Paare es sich schlicht gar nicht leisten können, dass ein Elternteil länger zuhause bleibt.

Es wirkt übrigens auch nicht so, als würden westliche Staaten sich sehr für diese Fragestellungen interessieren, seit man vor einigen Jahren eine weitaus günstigere Methode entdeckt hat, wie man der Überalterung in der Gesellschaft ebenfalls entgegen wirken kann. Was wir in Österreich und Deutschland daher dringend brauchen, ist eine Debatte über den Stellenwert der Mutterschaft. Sonst steuern wir immer tiefer in eine kinderlose Gesellschaft.

Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.