Die Wahl bürgerlicher, grüner oder liberaler Parteien ist nicht selten auch ein Ausdruck gesellschaftlichen Wohlstands. Doch der ist dieser Tage ernstlich bedroht. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zeichnen sich unerbittlich ab: Die Inflationsrate ist zuletzt stark gestiegen, das Leben wird immer weniger leistbar. Durch Lieferketten-Engpässe und Rohstoffknappheit wird zeitgleich das Wirtschaftswachstum beschränkt – eine Situation durchaus vergleichbar mit den USA in den 70er Jahren. Die EZB spricht zwar nur von temporären Nachhol-Effekten, aber wenn sich die Inflationserwartungen dauerhaft verschieben, könnte eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt werden, was zu einer noch stärkeren Geldentwertung führen kann. Selig, wer sein Vermögen in Immobilien, Aktien oder Kryptowährungen angelegt hat. Der Festzins-Sparer ist der Dumme.

Konservative Krisen

In Europa kippen gerade reihenweise die konservativen Regierungen, zuletzt etwa Deutschland, das künftig von einem SPD-Kanzler geführt wird. Dass in diesen Zeiten Grüne die Teuerung mit Öko-Maßnahmen ankurbeln, ist im Grunde unverantwortlich. Jetzt ist nicht die richtige Zeit, für Klimaschutzmaßnahmen, Lastenräder-Zuschüsse oder CO2-Steuern. Alles, was die Preise nach oben treibt, treibt die Menschen in die Arme der Sozialisten und davon können die Grünen ebenfalls nicht profitieren, denn nur weil sie links sind, werden sie nicht zwingend als soziale Partei wahrgenommen. Die Grün-Wähler in meinem privaten Umfeld etwa sind allesamt Beamte, leitende Angestellte oder Ärzte, doch auch sie werden auf kurz oder lang die Folgen der Pandemie zu spüren bekommen. Ganz ähnliche Effekte konnte man in Großbritannien nach 1945 beobachten: Churchill hat die Menschen durch den Krieg gebracht, aber verlor dann die Wahl gegen den sozialistischen Herausforderer. Die Menschen hatten genug von den Entbehrungen und wählten stattdessen politische Kräfte, die versprachen, das Geld mit vollen Händen auszugeben.

Keine Zeit für grüne Experimente

Dieses Beispiel sollte Österreich eine Warnung sein, denn der Linksrutsch ist kaum noch zu leugnen. Der Sturz von Sebastian Kurz als eine der wichtigsten europäischen Gallionsfiguren der Bürgerlichen und Konservativen könnte den Auftakt einer politischen Wende markieren, so dass es erstmals nicht unwahrscheinlich ist, dass man plötzlich mit einer Bundeskanzlerin Pamela Rendi-Wagner aufwacht. Die Linken werden die Gunst der Stunde nutzen und einen Kulturkampf ausrufen, bei dem sie die Leistungsträger frontal angreifen werden, um ihnen die Schuld an der prekären wirtschaftlichen Situation zu geben. Das Ziel ist nicht, den allgemeinen Wohlstand wieder zu heben, sondern den staatlichen Einfluss auszubauen. Debatten, wie wir sie derzeit über die Corona-Impfung führen, sind in Wahrheit nur Opium für das Volk, weil sie spalten und davon ablenken, was jetzt wirklich wichtig ist: Nicht, ob jeder am Arbeitsplatz geimpft ist, sondern ob die Arbeitsplätze morgen noch bestehen. Die ÖVP ist jetzt gefordert, den Fokus voll auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu richten, denn grüne Experimente könnten die Situation nur unnötig verschärfen. Wir können nicht erwarten, dass Minderjährige, die bei Fridays For Future Lärm machen oder hauptberufliche Öko-Aktivisten in der Lage sind, zu begreifen, dass die nahe Zukunft jetzt relevanter ist als irgendwelche Horror-Szenarien, die vielleicht oder vielleicht auch nicht in hunderten Jahren erst eintreten. Klar ist es wichtig auf die Umwelt zu achten und nachhaltig zu leben, doch die Öko-Wende muss auch finanziert werden und wenn die Menschen bald kein Geld mehr haben, um sich ihr Leben leisten zu können, werden Lastenfahrräder nicht das dringlichste Thema sein.

Leider ist die wirtschaftspolitische Bildung in unserem Land unterdurchschnittlich und die Übersättigung erlaubte bislang irgendwelche Quatsch-Debatten über unzählige Geschlechter-Identitäten und Gender-Sternchen in der Bibel. Doch der Ton wird bald wieder rauer werden, wenn es um existenzielle Sorgen geht. Die Heilsversprechungen der Linken werden vom durstenden Volk wie Ambrosia aufgenommen und der staatliche Einfluss wieder schrittweise wachsen. Der Wohlstand ist die wichtigste Errungenschaft der Nachkriegszeit – wir dürfen ihn nicht leichtfertig opfern.

Anna Dobler ist eine mehrfach ausgezeichnete, ausgebildete und studierte Journalistin und Kolumnistin. Nach beruflichen Stationen in Berlin, München, Italien und Salzburg lebt und arbeitet sie mittlerweile in Wien. Auf Twitter setzt sich @Doblerin ein für freie Märkte und freie Meinung.