Schon wieder! Neuerlich gerät die Stadt Wien in Kritik wegen eines Vergabefalls. Wieder geht es um Gesundheitsgeräte in Spitälern, wieder hat die Stadt ohne Ausschreibung gekauft. Einem Händler, der deshalb nicht zum Zug gekommen ist, platzt nun der Kragen. Er hat den stadteigenen Wiener Gesundheitsverbund geklagt. Die Vorgangsweise sei rechtswidrig. Nicht nur ihm als Unternehmer, sondern auch dem Steuerzahler sei ein Schaden entstanden, womöglich sogar in Millionenhöhe.

4.408.334,14 Euro Steuergelder gehen an Philips

Michael Decker ist Geschäftsführer der MR Medical Handels Gmbh, die unter anderem Patientenüberwachungsmonitore vertreibt. Das sind medizinische Geräte, die bei gefährdeten Patienten umgehend eine Veränderung des Gesundheitszustandes erfassen und darstellen. In Intensivstationen und Notaufnahmen werden sie unter anderem eingesetzt. Die Klinik Donaustadt braucht mittlerweile neue Überwachungsmonitore. Am 29. September 2021 hat sie daher einen Vertrag mit Philips Austrag GmbH unterzeichnet. Der Kauf der neuen Monitore kostet insgesamt 4.408.334,14 Euro. Aber: Die Vergabe an Philips erfolgte in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntgabe und damit ohne Wettbewerb unter den Anbietern.

Patientenüberwachungsmonitore braucht jede Klinik.MR Medical Handels GmbH

Andere Händler wie die MR Medical hatten keine Chance. Dem Wiener Gesundheitsverbund zufolge war diese Vorgangsweise auch zulässig. Denn die neuen Überwachungsmonitore müssten ja kompatibel mit dem restlichen System in der Klinik Donaustadt sein – konkret: mit den Überwachungszentralen und Transportmonitoren. Kompatibel mit diesen seien aber nur die Monitore von Philips.

Zusatzkosten von schätzungsweise 1,1 Millionen Euro

Michael Decker widerspricht und hat Anzeige erstattet. Die bestehenden Überwachungszentralen und Transportmonitore müssten nämlich allein schon aufgrund ihres Alters ohnehin bald ersetzt werden, und genau darauf weise auch der Wiener Gesundheitsverbund in seiner Bekanntgabe hin. Er erwähnt dort tatsächlich, dass auch die “Zentralen”, sowie “andere Gerätetypen” “inklusive sämtlichem Zubehör” beschafft werden müssten. Für Michael Decker steht somit fest: “Es gab technische Alternativen” – und die seien sogar günstiger gewesen.

Decker fordert eine Aufhebung des Vertrags und Akteneinsicht. “Der genaue Lieferumfang ist uns noch nicht bekannt. Wir kennen also noch nicht den Gesamtumfang, schätzen aber, dass die Kosten für die Stadt bei unserem Angebot zirka 3,3 Millionen Euro betragen hätte. Bei Philips betrugen die Kosten hingegen 4,4 Millionen Euro. Weil kein Wettbewerb stattgefunden hat, entstehen dem Wiener Gesundheitsverbund und somit dem Steuerzahler also zusätzliche Kosten von mindestens 1,1 Millionen Euro.”

Diese Vorgangsweise sei nicht neu. “Bei der Ausstattung der Klinik Favoriten (Ehemals Kaiser-Franz-Josef-KH) wurde analog vorgegangen, lediglich war der Auftragnehmer nicht Philips sondern Fa. Sanitas.”

Nicht der erste Fall in diesem Jahr

Der Wiener Gesundheitsverbund hat dem eXXpress bisher noch keine Stellungnahme zukommen lassen. Sollte sie nachgereicht werden, wird sie der eXXpress veröffentlichen.

Die Vergabe ohne Ausschreibung ist eigentlich nur in Ausnahmefällen vorgesehen – eigentlich. Die Praxis sieht anders aus. Schon mehrmals sorgten in diesem Jahr Vergabefälle der Gemeinde Wien für Kritik. Das galt etwa für den Kauf von Ultraschall-Geräten zur Untersuchung von Schwangeren für die Klinik Floridsdorf. Verkäufer war damals die GE Health, Tochter des US-Mischkonzerns General Electric. Die Stadt kaufte direkt bei GE, ohne Ausschreibung. Ein Wettbewerb sei “aus technischen Gründen” nicht durchgeführt worden, weil das GE-Gerät überlegen sei. Branchenkenner bezeichneten dies gegenüber “profil” als “absolut haltlos”: “Diese Systeme hätten unbedingt ausgeschrieben werden müssen.”

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