Die ARD-Korrespondentin in Washington, Gudrun Engel, brach im öffentlich-rechtlichen Gebührenfernsehen ein vermeintliches Tabu. Erdreistete sie sich doch tatsächlich, die von großem Mediengetöse begleitete US-Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kritisch zu hinterfragen.

So sprach Engel davon, dass der Washington-Besuch Selenskyjs ein “Akt der Verzweiflung” und reine Symbolik gewesen sei, welche „die Welt keinen Meter näher an ein Ende des Krieges“ bringe. Der ukrainische Präsident sei in ihren Augen schlicht und einfach zum „Betteln“ in die USA gereist.

Worte wie diese sind in den öffentlich-rechtlichen Medien des Westens dünn gesät. Gudrun Engel löckte also vor laufender Kamera wider den Stachel des Mainstreams. Prompt brandete ihr auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ein wahrer Shitstorm entgegen.

War Wolodymyr Selenskyjs Reise in die USA ein Akt der Verzweiflung?

Kommentar der ARD-Korrespondentin sei "skandalös"

Benjamin Tallis, Forscher und Projektleiter bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), nannte den Kommentar „skandalös“. Tallis schrieb auf Twitter: „Die Bevormundung der Ukrainer und die Unterbewertung der Fortschritte der Ukraine auf dem Schlachtfeld waren in diesem Jahr ein durchgängiges Merkmal der öffentlichen Debatte in Deutschland“. Kommentare wie jener von Engel haben eine vergiftende und verzerrende Wirkung auf die öffentliche Debatte, so Tallis.

Carlo Marsala wiederum, ein anerkannter Politikwissenschaftler der Bundeswehr Uni, meinte: „Nachdem ich jetzt Selenskyjs Rede gehört habe, stellt sich mir die Frage, wie man darauf kommt, dass der Mann verzweifelt sei?“  Und auch Ljudmyla Melnyk, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Politik in Berlin, kritisierte auf Twitter: „So viel Zynismus gepaart mit leichtem Antiamerikanismus in weniger als zwei Minuten rüberzubringen, muss man echt können.“

Selenskyj und die Ukraine bekommen 42,3 Milliarden Euro für 2023

Laut Medienberichten ist zu erwarten, dass der noch von den Demokraten dominierte US-Kongress 42,3 Milliarden Euro für die Ukraine im nächsten Jahr bewilligen wird. In diesem Jahr belief sich allein die Militärhilfe der USA für die Ukraine auf umgerechnet 21,6 Milliarden Euro.