Die deutsche Regierung rechnet offenbar mit dem schlimmsten. Nicht von ungefähr hält sie Woche für Woche Geheimsitzungen mit den deutschen Nachrichtendiensten und Mitarbeitern des Bundesamtes für Strahlenschutz ab, um für den Krisenfall gewappnet zu sein: eine Atomkatastrophe im Kriegsgebiet der Ukraine. Europas größtes Kernkraftwerk in Saporischschja (Südukraine) bereitet den Experten in Deutschland die größten Sorgen. Es ist seit Monaten schwer umkämpft. Wie aus geheimen Dokumenten hervorgeht, die dem Nachrichtenportal t-online.de vorliegen, arbeiten die Fachleute des Bundesamtes für Strahlenschutz jeden Tag auf Hochtouren, um die radioaktive Gefahr, die von Saporischschja ausgeht, auszuloten. Viermal täglich berechnen sie die Ausbreitungen möglicher atomarer Wolken.

Radioaktive Wolken könnten binnen 48 Stunden Deutschland und Österreich erreichen

Sie machen das deshalb so oft, weil die Windverhältnisse sich tagsüber immer wieder ändern. Im schlimmsten Fall könnten die Giftwolken binnen 48 Stunden über ganz Osteuropa bis nach Berlin, und auch Wien, hinwegziehen. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat errechnet, dass an 60 von 365 Tagen der Wind von Osten, sprich der Ukraine her weht. Radioaktive Wolken können strahlende Partikel mit sich bringen. Wenn diese bei Regen niedergehen, können sie eine nachhaltige Gefahr für Mensch und Tier darstellen. Wie 1986 nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl wären vor allem die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion betroffen. Die radioaktive Verstrahlung von Nahrung und Futtermitteln hätte wie damals langfristige Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung. In den Jahren nach der Tschernobyl-Katastrophe stieg die Zahl der Krebserkrankungen in Europa deutlich an.

1986 explodierte der Atomreaktor bei der ukrainischen Stadt Tschernobyldpa