Einen weiteren militärischen Konflikt neben dem Ukraine-Krieg braucht keiner. Nun wachsen aber die Ängste vor einem solchen. Ausgelöst hat die Spannungen die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi. Sie wollte zunächst ihren Rückhalt für Taiwan bekunden, denn China hält die demokratische Inselrepublik für eine abtrünnige Provinz. Das ist so weit auch löblich. Doch dann tauchten bis jetzt unbestätigte Berichte auf, denen zufolge Pelosi bei ihrer Asien-Reise auch in Taipeh, der Hauptstadt Taiwans, Halt machen wird.

Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat mir ihrer Reise bereits viel Wirbel ausgelöst.APA/AFP/SAUL LOEB

Peking ist bis aufs Äußerste empört. Möglicherweise ist selbst US-Präsident Joe Biden nicht glücklich darüber. Das US-Militär halte die Reise von Pelosi “derzeit für keine gute Idee”, erklärte er kürzlich. Nur konnte auch das Weiße Haus mit einer chaotischen Informationspolitik die Wogen nicht glätten. Die Spannungen zwischen den USA und China wachsen stündlich.

China warnt vor Spiel mit dem Feuer

Als mögliche Warnung an Washington kündigte Peking am Samstag ein Militärmanöver in der Nähe Taiwans an – mit scharfer Munition. Teile der Gewässer in der Provinz Fujian werden für das Manöver gesperrt. Die Übung war von 9.00 bis 21.00 Uhr (Ortszeit) angesetzt.

Peking will Taiwan international isolieren. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind die Sorgen vor einer Invasion gewachsen. Die 23 Millionen Menschen in Taiwan sehen sich schon lange als unabhängig an. Die chinesische Führung sieht Besuche ausländischer Politiker als Provokation an. Für den Fall eines Taiwan-Besuchs der Demokratin Pelosi hatte Peking mit deutlichen Konsequenzen gedroht. Bei einem mehr als zweistündigen Telefonat mit dem US-Präsidenten Joe Biden am Donnerstag warnte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seinen Amtskollegen davor, mit dem Feuer zu spielen – der eXXpress berichtete.

Am Donnerstag fand ein virtuelles Treffen zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping statt.APA/AFP/MANDEL NGAN

Pelosi hält sich bisher bedeckt

Aus Pelosis Umkreis hatte es geheißen, dass sie eine Asien-Reise mit einem Besuch Taiwans plane. Pelosi äußerte sich dazu bisher nicht öffentlich. Auf die Frage einer Journalistin am Freitag sagte sie: “Ich spreche nie über meine Reisen, denn wie einige von Ihnen wissen, ist das eine Frage der Sicherheit.” Medienberichten zufolge hat sie bereits Demokraten und Republikaner eingeladen, sie zu begleiten. Das Pentagon arbeitet gemäß CNN bereits an Sicherheitsvorkehrungen, falls die Politikerin (82) wirklich nach Taiwan reisen sollte.

Nun können die USA zwischen zwei Übeln wählen: Entweder geben sie gegenüber China nach oder sie heizen den Konflikt um Taiwan sinnlos weiter an. Ist-Zustand: Pelosi bricht mit einer Kongressdelegation in Richtung Asien auf, ohne offenzulegen, ob sie auch in Taipeh landen wird. Der einflussreiche Kommentator Hu Xijin prophezeite in einer Parteizeitung, dass China einen “standhaften Kampf” führen werde, um den Besuch zu durchkreuzen.

Voraussichtlich kein Krieg, aber eine weitere Krise

Mit einem Krieg rechnen Beobachter dennoch nicht. Die USA verfügen über die militärischen Mittel, um das Flugzeug mit den Kongresspolitikern sicher nach Taiwan und zurück zu geleiten.

Eine andere Frage ist, ob Washington das alles zu Ende gedacht hat und sich eigentlich darüber im Klaren ist, was diese Eskalation bringen soll.