Im April 2021, vor bald zwei Jahren, warnte Außenminister Schallenberg vor diesem dystopischen Zukunftsszenario: autonome Waffensysteme, die über Leben oder Tod entscheiden. In der Zwischenzeit hat der Krieg in der Ukraine diese gefährliche Entwicklung beschleunigt.

Je länger das Kämpfen anhält, desto wahrscheinlicher wird es, dass Drohnen eingesetzt werden, um Ziele ohne menschliche Hilfe zu identifizieren, auszuwählen und anzugreifen. Das berichten Militäranalysten, Kämpfer und Forscher für künstliche Intelligenz.

Eine Revolution, vergleichbar der Entwicklung des Maschinengewehrs

Das wäre eine Revolution in der Militärtechnologie, die ebenso tiefgreifend wäre wie einst die Einführung des Maschinengewehrs. Die Ukraine verfügt bereits über halbautonome Angriffsdrohnen und Drohnenabwehrwaffen, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestattet sind. Auch Russland behauptet, über KI-Waffen zu verfügen, obwohl diese Behauptungen unbewiesen sind. Es gibt bisher keine bestätigten Fälle, in denen eine Nation Roboter in den Kampf geschickt hat, die völlig selbstständig getötet haben.

Vollständige autonome Drohnen könnte ihre Ziele selbst auswählen.

Experten zufolge könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis entweder Russland oder die Ukraine oder beide sie einsetzen.

Entwicklung "nicht so schwierig"

“Viele Staaten entwickeln diese Technologie”, sagte Zachary Kallenborn, ein Analyst für Waffeninnovationen an der George Mason University, gegenüber der Nachrichtenagentur The Associated Press. “Es ist offensichtlich, dass es nicht so schwierig ist.

Es klingt nach einem dystopischen Zukunftsszenario, doch es könnte schon bald Realität werden.

Der ukrainische Minister für digitale Transformation, Mykhailo Fedorov, stimmt zu, dass vollautonome Killerdrohnen “ein logischer und unvermeidlicher nächster Schritt” in der Waffenentwicklung sind. Er sagte, die Ukraine betreibe “eine Menge Forschung und Entwicklung in dieser Richtung”. In einem Interview meinte er kürzlich: “Ich denke, dass das Potenzial dafür in den nächsten sechs Monaten groß ist.”

Maschinen können Informationen schneller verarbeiten

Der ukrainische Oberstleutnant Yaroslav Honchar, Mitbegründer der gemeinnützigen Kampfdrohnen-Innovationsfirma Aerorozvidka, sagte kürzlich in einem Interview in Frontnähe, dass menschliche Kämpfer Informationen einfach nicht so schnell verarbeiten und Entscheidungen treffen können wie Maschinen. Zurzeit verbietet die ukrainische Militärführung den Einsatz völlig unabhängiger tödlicher Waffen, aber das könnte sich ändern, sagte er.

Ukrainische Feuerwehrleute arbeiten an einem zerstörten Gebäude nach einem Drohnenangriff in Kiew.APA/AFP/Yasuyoshi CHIBA

“Wir haben diese Grenze noch nicht überschritten – und ich sage ‘noch’, weil ich nicht weiß, was in Zukunft passieren wird”, erklärte Honchar, dessen Gruppe in der Ukraine eine Vorreiterrolle bei der Innovation von Drohnen spielt, indem sie billige kommerzielle Drohnen in tödliche Waffen umwandelt.

Russland könnte entsprechende Drohnen aus dem Iran erhalten

Russland könnte autonome KI aus dem Iran oder anderswo beziehen. Die vom Iran gelieferten explodierenden Langstreckendrohnen vom Typ Shahed-136 haben ukrainische Kraftwerke lahmgelegt und die Zivilbevölkerung terrorisiert. Der Iran hat weitere Drohnen in seinem sich entwickelnden Arsenal, die angeblich über KI verfügen.

Ein US-Soldat übt mit der Miniatur-Kamikaze-Drohne "Switchblade".APA/AFP PHOTO/AEROVIRONMENT, INC/HANDOUT/

Die Ukraine könnte ihre halbautonomen, bewaffneten Drohnen ohne großen Aufwand völlig unabhängig machen, um Störungen auf dem Schlachtfeld besser zu überstehen, sagen ihre westlichen Hersteller. Zu diesen Drohnen gehören die in den USA hergestellte Switchblade 600 und die polnische Warmate, die beide derzeit einen Menschen benötigen, um Ziele über eine Live-Videoübertragung auszuwählen. Die KI erledigt den Job. Die Drohnen, die technisch als “Loitering Munitions” bezeichnet werden, können minutenlang über einem Ziel schweben und auf einen sauberen Schuss warten.

Die Technologie ist bereits vorhanden

“Die Technologie für einen vollständig autonomen Einsatz von Switchblade ist heute bereits vorhanden”, sagte Wahid Nawabi, CEO von AeroVironment, dem Hersteller des Systems. Dazu bedarf es einer Änderung der Politik, um den Menschen aus der Entscheidungsfindung herauszunehmen, die seiner Einschätzung nach noch drei Jahre entfernt ist.

Drohnen können bereits Ziele wie gepanzerte Fahrzeuge anhand von katalogisierten Bildern erkennen. Es herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, ob die Technologie zuverlässig genug ist, um sicherzustellen, dass die Maschinen keine Fehler machen und das Leben von Nichtkombattanten nehmen.

The Associated Press hat die Verteidigungsministerien der Ukraine und Russlands gefragt, ob sie autonome Waffen offensiv eingesetzt haben – und ob sie zustimmen würden, sie nicht einzusetzen, wenn die andere Seite dies ebenfalls tun würde. Keine der beiden Seiten hat geantwortet.