„Während der Covid-19-Pandemie waren viele Krankenhausstationen in ganz Österreich teils hunderte Tage lang geschlossen. Tausende Operationen mussten aufgrund der Pandemie-bedingten Zusatzbelastung des Gesundheitswesens verschoben werden“, laut Agenturen war dies die Antwort auf eine Anfrage der SPÖ an das Gesundheitsministerium. Der Grazer Mediziner Martin Sprenger erhebt Einspruch gegen diese Darstellung. Für den Arzt mit Schwerpunkt “Public Health” liegt das eigentliche Problem am chronischen Personalmangel – und den hätte es bereits vor der Pandemie gegeben.

Auch am Höhepunkt unter 5% Corona-Patienten

Sprenger verweist darauf, dass in den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 um 20 Prozent (!) weniger Menschen in den Krankenhäusern behandelt wurden als in den Jahren zuvor. Besonders brisant: Lediglich 1,5 Prozent aller Hospitalisierungen in diesen Jahren seien auf eine Infektion mit dem Coronavirus zurückzuführen gewesen. Selbst am Höhepunkt der Infektionswellen waren, so Sprenger unter Berufung auf Zahlen der „Statistik Austria“, immer deutlich weniger als fünf Prozent der Spitalsbetten mit Covid-Fällen belegt.

3200 verschobene Operationen allein im Burgenland

Die Zahlen lassen tatsächlich aufhorchen. So war beispielsweise die Palliativstation des Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im Burgenland für 447 Tage geschlossen, eine Station des Krankenhaus Güssing 199 Tage und zwei Stationen des Krankenhauses Salzburg Stadt insgesamt 294 Tage. Die Steiermark schließt laut dem Antwortschreiben aufgrund der erneut steigenden Infektionszahlen auch zukünftige Bettensperren nicht aus. Als Gründe für Stationsschließungen werden in dem Antwortschreiben des Gesundheitsministeriums Personalumschichtungen zur Bewältigung der Versorgung von Covid-Patienten und die Vorhaltung von Betten für Covid-Patienten, aber auch Infektionscluster beim Personal genannt.

Auch die Zahl der angeblich Corona-bedingt verschobenen Operationen ist tragisch. Im Burgenland mussten zwischen März 2020 und Dezember 2021 mehr als 3200 Operationen verschoben werden, im Land Salzburg waren es allein im ersten Pandemiejahr 3871. Aus Oberösterreich und Niederösterreich liegen dazu keine Daten vor.

"System droht der Kollaps"

Der wahre Grund für die verschobenen Operationen und geschlossenen Stationen liege woanders: Der Pflegekräfte-Mangel war schon vor der Pandemie ein riesiges Problem.  „Corona ist jetzt für viele das Mittel zum Zweck, das wird vorgeschoben. Das Problem war sicherlich definitiv vorher schon da“, heißt es von einem auf „ServusTV“ zitierten Pfleger.  Der Vorwurf: Die Politik habe jahrelang zugeschaut. Eine repräsentative Studie unter 2500 Gesundheits- und Krankenpflegern liefert tatsächlich schockierende Ergebnisse. 45 Prozent denken immer wieder über einen Berufsausstieg nach. Das Fazit: Wird nicht bald gehandelt, droht das gesamte Gesundheitssystem zu kollabieren.