Der am 18. April gestorbene Aktionskünstler Hermann Nitsch ist am Nachmittag zu Grabe getragen worden. Pater Friedhelm Mennekes zelebrierte in der Kirche von Prinzendorf die Totenmesse auf Latein. Der Altar war mit einem Schüttbild des weltberühmten Künstlers geschmückt, Nitsch selbst in einem schlichten Holzsarg davor aufgebahrt. Unter den zahlreichen Gebinden befanden sich auch Kränze des Bundespräsidenten sowie der Niederösterreichischen Landeshauptfrau.

Der aufgebahrte Sarg vor dem AltarAPA/TOBIAS STEINMAUERER

Messgewänder dem Oeuvre von Nitsch entnommen

Die Abschiedsfeier, der Begräbniszug und die Beisetzung wurde zur letzten, beeindruckenden und bis ins Letzte durchgestalteten Aktion eines Künstlers, der orgiastische Elemente archaischer Rituale und die strengen Riten der katholischen Kirche in seiner Arbeit gleichberechtigt vereint hatte. Die Messgewänder – der Journalist Michael Fleischhacker fungierte als Ministrant – waren offenbar dem reichen diesbezüglichen Oeuvre von Nitsch entnommen und mit roter bzw. gelber Farbe bearbeitet.

Der Trauerzug mit dem SargAPA/TOBIAS STEINMAUERER

"Ich weiß von seiner gläubigen Seele"

“Wir kommen zusammen in Trauer – und doch ist es ein Fest”, sagte Mennekes eingangs der Messe. “Ich rede von Hermann Nitsch, um dessen gläubige Seele ich weiß.” Er erinnerte daran, dass Nitsch am zweiten Ostertag gestorben sei und dass er in seinem künstlerischen Werk ebenso das Schauen in den Abgrund wie die Hoffnung auf das Paradies verarbeitet habe. Die Feier fand im engeren Kreis von Familie, Freunden und Kollegen statt. Unter den rund 150 Trauergästen waren NÖKU-Chef Paul Gessl, das Sammler-Ehepaar Agnes und Karlheinz Essl, die Museumsdirektorin und Nitsch-Biografin Danielle Spera, die Galeristinnen Miryam Charim und Ursula Krinzinger und der sichtlich getroffene niederösterreichische Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll.

Prozession durch prächtige Allee

Auf einer großen, mit Blumen reich geschmückten Stiertrage, einem Holzgestell, wie es als Aktionsgerät im Rahmen des “Orgien Mysterien Theaters” immer wieder in Verwendung war, wurde der Sarg anschließend in einer Prozession von rund drei Dutzend Freunden (darunter dem Künstler Erwin Wurm) zum Schloss Prinzendorf getragen. Ein letzter Liebesdienst, der ganz offenbar buchstäblich schwer wog, wie das oftmals notwendige Absetzen der Trage zeigte. Unter dem Kommando “An die Griffe. Hoch. Und: Vor!” ging es in mehreren Etappen weiter Richtung Schloss und durch die prächtige Allee unter Pfauen-Rufen in den Schlossgarten.

Auf dem Weg zu Schloss PrinzendorfAPA/TOBIAS STEINMAUERER

Das Schloss war von Nitsch 1971 angekauft und in der Folge restauriert worden. Es wurde zum wichtigsten Wohn- und Schaffensort des Künstlers, 1998 zum Aufführungsort seines 6-Tage-Spiels und nun zur letzten Ruhestätte.

6-Tage-Spiel soll Ende Juli stattfinden

In einer in den vergangenen Tagen angefertigten einfachen Gruft im Schlosspark wurde der Künstler, der als Mitglied der Wiener Aktionisten begann, in der Folge Text, Musik, Malerei und Performance zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk verknüpfte und 83 Jahre alt wurde, seinem Wunsch gemäß zur letzten Ruhe gebettet.

Die ersten beiden Tage des im Vorjahr coronabedingt abgesagten neuerlichen 6-Tage-Spiels sollen am 30. und 31. Juli dennoch stattfinden – nun ohne ihren Schöpfer.