Diese, in ihrem Ursprung auf Hegel zurückgehende, Überlegung charakterisiert die letzten 40 Jahre der politischen Entwicklung Deutschlands treffend. Zuerst kam der tragische Helmut Kohl, dessen Jahrhundertwerk, die deutsche Einheit, durch eine hirnrissige, unprofessionell gehandhabte Spendenaffäre entwertet wurde. Ihm nach folgt die Farce gleich in zweifacher Ausführung, zuerst in der Person von Angela Merkel, die es gleichzeitig schaffte, die CDU zu sozialdemokratisieren und die ganze Nation zu narkotisieren.

Nun ist Olaf Scholz am Werk, der sich als Generalsekretär der SPD den Beinamen „Scholzomat“ erwarb, weil es ihm gelang, in niemals gebrochener Kontinuität in technokratischer Manier leblose Sprechblasen abzusondern, die dermaßen emotionsfrei waren, dass im ganzen Land die Singvögel verstummten, die Winde ruhten und die Blumen ihre Blütenkelche verschlossen, wenn er seine Stimme erhob. Merkel und Scholz haben ihre Meriten in der unübertrefflichen Eigenschaft, ein ganzes Land behutsam zu narkotisieren. Wo sie vorübergehen, fällt schlagartig das Reale in Agonie.

Gute Bücher stehen in der Regel nicht auf den Bestsellerlisten und erscheinen in kleiner Auflage. Aus diesem Grund werden sie meist übersehen. Um ein solches Buch handelt es sich bei der im Merve Verlag 2012 erschienenen Schrift von Markus Miessen, „Albtraum Partizipation“. In ihm findet sich der geniale Satz „Ein Friedhof wächst, aber er entwickelt sich nicht“.

Dieses Bonmot charakterisiert die Lage Deutschlands zu Zeiten von Merkel und ihres Epigonen Scholz treffend. Die Hauptsorge beider ist immer nur das Volumen einer Sache, niemals ihr Wert. Typisch sozialdemokratisch – auch Merkel ist Sozialdemokratin, die erste, die an der Spitze einer konservativen Partei stand – geht es ihnen immer nur um Wachstum und Größe, niemals um Inhalt und ästhetische Gestaltung.

Karrierefeiglinge sind typische Charaktere der Politik

Dass man Sozialdemokraten nicht an ästhetische Aufgaben heranlassen darf, zeigt sich nicht zuletzt an der Gestaltung der österreichischen Bahnhofslandschaft, insbesondere am Neubau des Südbahnhofes in Wien. Dort hat ein roter Bahndirektor, der später gescheiterte Kurzzeit-Bundeskanzler Christian Kern, gleich ein ganzes Viertel aus lebloser Glashausarchitektur initiiert, an dem man nicht vorbeikommt, ohne sich in Augenkrämpfen zu winden.

Dazu passend hat die SPÖ unter seiner Führung die Parteiakademie, das alte Renner-Institut im zwölften Bezirk, welches eine fast kontemplative Atmosphäre der Ruhe umgab und in dem sich unter der Führung des hochintelligenten Direktors Karl Duffek so etwas wie eine Schutzzone für Geist und Kreativität herausgebildet hatte, in eben jene triste transparente Wüste der Glaspaläste übersiedelt, wo es nun unter der Führung eines weiblichen Karrierefeiglings aus der ominösen links-linken Sektion 8 dahinvegetiert.

Karrierefeiglinge sind heute die typischen Charaktere der Politik. Sie haben keine Überzeugung, kein konzises Weltbild, keinen Eros, keinen Mut. Das Einzige, was sie wollen, ist durch Anpassung aufsteigen und die erreichte Position erhalten. Unruhestifter wie der deutsche Grünpolitiker Boris Palmer, die linke Sahra Wagenknecht oder der brillante Thilo Sarrazin, der mit seinem Buch „Feindliche Übernahme“ eine großartige Charakteristik des imperialistischen Islam geschaffen hat, findet man nur mehr selten. Solche Leute sind den mediokren Karrierefeiglingen zu intelligent und vor allem zu offen und direkt.

Sarrazin wurde bereits aus der SPD geworfen, gegen Boris Palmer und Sahra Wagenknecht laufen Ausschlussverfahren. Nachdem die Karrierefeiglinge auch ungebildet und diskursunfähig sind, reagieren sie gegen das Atypische, Ungewöhnliche und Uncharakteristische mit administrativen Vernichtungsmethoden. Ihre Unbildung zwingt sie zur rigorosen Handhabung von Mitteln der strukturellen Gewalt. Keiner von ihnen wäre in der Lage, Bücher wie Sarrazin zu schreiben oder in einer Diskussion mit ihm zu bestehen.

In Österreich ist es nicht einmal notwendig, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Denn hier sind die Parteien geistig dermaßen verdorrt und vom Konformismus betäubt, dass sich keine kritische Stimme mehr erhebt. Die Leblosigkeit der Parteien widerspiegelt sich in der der Medien, oder umgekehrt. Schlägt man heute eine Tageszeitung auf oder hört dem ORF zu, so scheinen sie alle, von wem und von wo auch immer, synchronisiert zu sein. Ob der Russland-Ukraine-Konflikt, die Klimapolitik oder die Corona-Debatte, um nur einige Beispiele zu nennen, von überall wird man mit derselben eintönigen Informations- und Meinungssoße übergossen.

Merkel liefert narzisstische Inszinierung ab

Mittelmäßige konformistische Medien und Politik hinterlassen am Ende ein demokratiepolitisches Trümmerfeld. Sie produzieren selbstgefällige dekadente Eliten, eine gleichgültige und demoralisierte Wählerschaft und verkrustete politische und staatliche Strukturen, die nur mehr zur Realisierung von narzisstischen Bedürfnissen und Interessen missbraucht werden. Am Ende stehen dort, wo früher vor Idealismus und Lust an der Debatte pulsierende Parteien und Medien waren, hohle und dadurch instabile opportunistische Gebilde in der Landschaft herum, die, sollte es tatsächlich zum Versuch einer feindlichen Übernahme kommen, bei der ersten Attacke in sich zusammenstürzen würden.

Wir wissen, dass Narzissten, wenn ihre Umgebung sich ihnen nicht unterwirft und sie mit Liebe und Aufmerksamkeit überhäuft, an schweren Kränkungen zu leiden beginnen und aus diesen heraus nicht selten destruktiv agieren. Das wird uns in Österreich sehr gut von Reinhold Mitterlehner und Christian Kern vorgeführt, die aus ihren wohlbestallten politischen Exilen heraus in unregelmäßigen Abständen wütend ein paar toxisch-destruktive Kommentare absondern.

Die letzte alles Bisherige überstrahlende destruktive narzisstische Inszenierung lieferte gerade Angela Merkel ab. Sie lehnte nicht nur den Ehrenvorsitz der CDU ab, sondern verweigerte es zudem, wie ihre Nachfolgerin Kramp-Karrenbauer, am Parteitag der CDU teilzunehmen. Und alles nur deswegen, weil es ihr nicht gelang, ihren Todfeind Friedrich Merz als Parteivorsitzenden zu verhindern. Merz wurde mit einem Traumergebnis von fast 95% gewählt. Ihm kommt nun die Aufgabe zu, der CDU wieder ein konservatives Profil zu geben, das heißt, mit der Kultur der weltanschaulichen Beliebigkeit, mit der Merkel die CDU ruiniert hat, ein Ende zu machen. Vor allem durch ihre Energie-, Migrations-, Gesellschafts-, Europa- und Corona-Politik hat Merkel der Bundesrepublik nachhaltigen Schaden zugefügt. Merz muss hier deutliche Korrekturen vornehmen, will er die CDU wieder als ernstzunehmende Alternative zum rot-grünen Ampel-Dilettantismus etablieren.