Eine Bekannte von mir ist Ärztin. Sie ist in die Pension geflüchtet. Die Arbeit in der Ambulanz hat sie einfach nicht mehr ausgehalten. Den ganzen Tag nur Beleidigungen, Herabsetzungen, Aggressionen. Vor allem Migranten hatten es auf sie abgesehen. Überwiegend Muslime aus dem arabischen Raum. Ihr größter Nachteil ist es gewesen, eine Frau zu sein und noch dazu eine alte. Ihr wurde gedroht, sie wurde angeherrscht. „Was willst Du mir sagen, alte Frau? Du hast mir zu gehorchen und nicht ich Dir!“ Unkooperativ ist nur ein Hilfsausdruck für das, was sie täglich über sich ergehen lassen musste. Respektiert hat sie sich von niemanden gefühlt, weder von ihren Patienten noch von den Vorgesetzten. Einmal hat sie sich über die Zustände beschwert. Man hat ihr nicht zugehört. Anstelle dessen tuschelte man nun hinter ihrem Rücken, sie wäre eine alte Rassistin und Ausländerfeindin. Sie hat die Botschaft verstanden, ist in Pension gegangen und aus Wien weggezogen. Man hätte sie gut brauchen können. Es herrscht Ärztemangel in der Stadt. Doch das ist den Entscheidungsträgern egal. Priorität hat für sie, dass im Gesundheitssystem korrekt gesprochen und die Realität verleugnet wird. Die gute Versorgung der Bevölkerung ist sekundär.

Der alte Mensch im Krankenhaus

Kurz bevor die Ärztin aus Wien weggegangen ist, musste ihre Mutter ins Krankenhaus. Leichter Schlaganfall. Sie besuchte sie täglich und bemerkte bald, dass die alte Frau kaum behandelt wurde. Sie wurde bloß versorgt. Auf ihre Nachfragen reagierte man unwirsch. Was wolle sie denn? Das ist eine alte Frau. Da dauert es eben eine Zeit, bis sie sich wieder erholt. Und eventuell wird es auch gar nichts mehr. Wieder hat sie die Botschaft verstanden. Sie nahm die Mutter mit nach Hause und pflegte sie selbst. Sie kann das, weil sie Ärztin ist. Was aber machen die, die auf die Hilfe des Gesundheitssystems angewiesen sind, denen die Kompetenz fehlt, die Betreuung ihrer Alten selbst in die Hand zu nehmen?

Die autoritäre Medizin

Der amerikanische Soziologe Erving Goffman hat das Krankenhaus „Totale Institution“ genannt. Die Menschen sind dort Experten ausgeliefert, deren Fachvokabular sie nicht verstehen und deren Anweisungen sie nicht hinterfragen können, weil sie sie nicht beurteilen können. Das ganze System läuft wie eine gut geölte Maschine. Tag für Tag dasselbe Programm. Wer die redundante Maschine stört, ist ein Fehler im System. Das Immunsystem der totalen Institution, die Krankenhausbürokratie, isoliert die Fehlerquelle sofort. Die Fehlerquelle ist der Mensch, der nicht gehorcht. Der Disziplinierung kann dieser nicht entgehen. Denn entweder ist er gesundheitlich von der Klinik abhängig oder er ist einfach zu immobil, um flüchten zu können. Dann muss er hilflos dabei zusehen, wie er vom System „verarbeitet“ wird. Helfen können nur aktive und durchsetzungsstarke Angehörige. Wo diese fehlen, ist der alte Patient verloren.

Die Geschichte meines Vaters

Mein Vater ist vor zwei Jahren verstorben. Er hatte einen gnadenvollen Tod. Am Abend nach seiner Geburtstagsfeier, er wurde 89 Jahre alt, ist er einfach umgefallen und stand nicht mehr auf. Aortenruptur im Bauchraum, sagten die Ärzte. Er starb, ohne dass er seinen Tod bemerkte. Ein wunderbares Ende. 15 Jahre davor war er bei der Gartenarbeit von einer Mauer gefallen. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, litt unter Höllenschmerzen. Man legte ihn in ein Bett und ließ ihn liegen. Auf Beschwerden reagierte man abweisend. Erst als meine damalige Frau auftauchte, eine sehr durchsetzungsstarke Person, kam Bewegung in die Sache. Sie sprach das magische Wort aus, das die ganze Situation schlagartig veränderte: Privatversicherung. Plötzlich wurde ein MRT durchgeführt und ein mehrfach gebrochenes Schambein festgestellt. Der Rest ging schnell. Meine Ex-Frau holte den Vater aus der Horrorklinik heraus, er wurde ins Unfallkrankenhaus Meidling überstellt und verließ dasselbe nach acht Wochen in Richtung Rehab als wiederhergestellter Mit-70er.

Die totale Institution im totalen Staat: Corona

Zehn Jahre später. In Wien herrscht der Corona-Totalitarismus. Mein Vater mit einem durchgebrochenen Hüftgelenk im Krankenhaus, Folgeschaden des Mauersturzes. Man darf nicht zu ihm, nur Telefonkontakt möglich. Der Vater weint am Telefon. Er wird behandelt wie ein Stück Vieh. Die Schmerzbehandlung schlägt nicht an. Er berichtet von Höllenschmerzen. Nachdem man ihn endlich operiert hat, gibt man dem Diabetes-Patienten seine Tabletten falsch. Der Vater redet am Telefon wirres Zeug, fällt ins Koma. Zum Glück wird wenigstens das bemerkt. Er ist wieder stabil, weint weiter am Telefon, ich drehe durch und wir holen ihn raus. Nie werde ich die Dankbarkeit in seinen Augen vergessen, als er neben mir im Auto am Weg nach Hause saß.

Die totale Institution in der Krise

Die totale Institution ist in jedem Fall ein Horror für das ihr ausgelieferte Individuum. Zu einem Super-Horror wird sie aber, wenn sie noch dazu selbst in die Krise gerät. Denn dann wird sie nicht nur fehleranfälliger, sondern auch repressiver. Manche Krankenschwestern, die zu zweit im Nachtdienst für 80 Patienten zuständig sind, reagieren barsch, wenn alte Menschen immer wieder läuten. Um den Druck auszuhalten, ignorieren sie es und wenn das nicht mehr geht, schüchtern sie die Störungsquelle ein. Und das funktioniert, denn die „Silent Generation“ hat gelernt, runterzuschlucken und zu gehorchen, zuerst unter Hitler und später unter dem Aufstiegsdruck des Wiederaufbaus. Verschärfend kommt noch hinzu, dass das Personal immer schlechter qualifiziert ist. Ein Arzt erzählte mir unlängst von serbischen Krankenschwestern, die mit gefälschten Zertifikaten nach Österreich kommen. Zuerst stellt sie die Caritas als Pflegekräfte an. Dadurch erreichen sie eine informelle Approbation, um in den Regelbetrieb eines Krankenhauses übernommen zu werden. Einen Venenzugang legen können sie nicht. Das bemerkt man bald und die Ärzte machen es selbst oder die Arbeit übernehmen Kolleginnen. Beschweren darüber darf man sich nicht, sonst ist man Rassist oder Ausländerfeind.

Wir sind pleite, weil wir blöd sind

Aber das größte Problem des österreichischen Gesundheitssystems besteht gegenwärtig darin, dass es auf der einen Seite immer teurer wird und auf der anderen Seite ein Staat steht, der Pleite ist. Auch die Kommunen sind pleite, eigentlich sind alle Gebietskörperschaften pleite. Warum sind wir pleite? Weil wir uns übernommen haben, mit einer unfinanzierbaren Energiewende, mit einer hypertrophen Corona-Politik, mit einer wahnwitzigen Ukraine-Politik, mit einer EU, in die wir viel einzahlen und dafür wenig herausbekommen, mit einer Migrationspolitik der offenen Türen, die wir weder budgetär noch sicherheitspolitisch noch kulturell bewältigen können. Das deutsche Medium Nius hat gerade haarsträubende Zahlen veröffentlicht. In Deutschland hat allein die Unterbringung der 190.000 unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge seit 2015 12,2 Milliarden Euro gekostet, pro Person bis zu 100.000 Euro. Nicht gerechnet: Kosten für Ausbildung, Gesundheit und anderes Gedöns. Übrigens sind rund 80 Prozent dieser „Geflüchteten“ männlich. Die Wiener Mindestsicherung spricht eine ähnliche Sprache. Bereits jetzt liegen die Kosten für sie bei über einer Milliarde Euro im Jahr. 2/3 der Bezieher sind Ausländer, darunter das Gros der nicht integrierbaren Flüchtlinge. Für diese Leute hat man das Geld, für die Alten nicht. Sie liegen unterbetreut in den Gesundheitseinrichtungen herum, das Pflegepersonal rackert sich ab, pfeift aus dem letzten Loch. Die Alten haben den Wiederaufbau geleistet, still und leise, jetzt lässt sie der Staat, als Dank dafür, im Stich. Wichtiger sind die muslimischen Migranten, mit denen sich die SPÖ-Wien ein stabiles Elektorat für die Erhaltung ihrer Macht schaffen möchte. Es offenbart sich uns eine grausame, empathielose Machtpolitik, die nicht nur gewissenlos, sondern auch undankbar ist. Eine Politik, die an der Wiederaufbaugeneration spart, um das Geld in nicht integrierbare Ausländer zu stecken, ist verantwortungslos und unerträglich. Sie muss abgewählt werden, bevor sie der „Silent Generation“ noch mehr Unrecht antun kann, als sie ihr ohnehin schon angetan hat.

zVg/Bernhard Heinzlmaier