In der überhitzten Konkurrenzgesellschaft der Gegenwart, in der der Kampf jeder gegen jeden regiert und alle um jeden Preis gewinnen wollen, gibt es kein ehrliches Bemühen um die Wahrheit mehr. Insbesondere bei den Mainstreammedien sind Selberdenker nicht gefragt. Es geht nicht mehr darum, die Menschen unabhängig zu informieren, man versucht sie zu dirigieren und zu manipulieren. In vielen Medien wird heute ein Ereignis nicht mehr aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, sodass sich die Menschen eine eigene Meinung bilden können, vielmehr ist die „richtige“ Meinung schon Bestandteil der Berichterstattung. Und wer sie nicht umgehend übernimmt und weitergibt, macht sich verdächtig, ein Radikaler zu sein. Jede nonkonformistische Meinungsäußerung wird mit den Kampfetiketten Hass oder Hetze versehen. Und Kritik an der von oben verordneten Weltsicht, wird sogleich als „hate speech“ apostrophiert, so delegitimiert und am Ende behördlich verfolgt. 

"Hassverbrechen"

Hilfreich wäre es, den Begriff Hass einmal klar zu definieren. Aber das wird tunlichst vermieden, könnte dann doch der Boulevard nicht mehr beliebig jede unliebsame Überzeugung als „Hassverbrechen“ aburteilen. Dabei gibt es einen österreichischen Philosophen, der schon in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts eine präzise Definition des Hasses geliefert hat, Aurel Kolnai. Für Kolnai ist Hass ein auf eine Person gerichteter Negationsakt, eine Aversion, die aus dem natürlichen Selbsterhaltungstrieb hervorgeht. Hass bedarf immer der Wechselseitigkeit zwischen mindestens zwei Kontrahenten. Dies bedeutet, dass auch das Objekt, auf das sich der Hass richtet, eine aktive Rolle spielt, etwa indem es die Werte des anderen zu Unwerten herabsetzt. Richtiger Hass ist zudem immer mit der Vernichtungsabsicht verbunden. Kann diese nicht nachgewiesen werden, handelt es sich nicht um Hass, sondern lediglich um Abneigung, die jeder Mensch zum Ausdruck bringen dürfen sollte, ohne dafür einem Richter vorgeführt zu werden.

Feindliche Annäherung löst Traurigkeit aus

Aus der Sicht des Philosophen Spinoza fühlen sich Menschen gehasst, wenn sich ihnen andere feindlich nähern. Die feindliche Annäherung löst Traurigkeit aus, ein Gefühl der Unlust. Das traurige Hassobjekt kann nun versuchen, der Hass-Situation zu entfliehen, in unserer Zeit wäre das das Löschen des Twitter-Accounts, oder es setzt sich zur Wehr und geht zum Gegenangriff über. Wenn die zweite Option gewählt wird, dann beginnt die Hassspirale sich zu drehen. Hass erzeugt dann neuen Hass, breitet sich aus, eskaliert immer weiter und zieht immer mehr Personen in den Konflikt hinein. Am Ende werden ganze soziale Plattformen vom Herrn des Hasses regiert, wie das bei Twitter der Fall ist. Auf Twitter herrscht immer Krieg. Die Hass-Rhetorik ist auf Twitter zur dominierenden Form der Kommunikation geworden. Überwiegend privilegierte weiße Männer nutzen die Plattform, um ihre von Traurigkeit, Schwermut und Unlust geprägte Existenz erträglicher zu machen, indem sie andere lustvoll verbal demolieren.

Hass wurzelt in der Natur des Menschen

Der Hass wurzelt in der Natur des Menschen, meint auch der Philosoph Peter Trawny. Jede Gesellschaft ist geprägt vom naturgegebenem Gegeneinander, keine kann auf die individuellen Kraftäußerungen ihrer Mitglieder verzichten, die auf dem Willen zur Durchsetzung gründen und am Ende wichtige geistige, technische und ökonomische Innovationen hervorbringen. 

Die Aufgabe von Politik sollte nun darin bestehen, die immer wiederkehrenden unvermeidlichen Feindseligkeiten durch einen „Friedensvertrag“ zu kultivieren, um so narzisstische Hassexzesse zu vermeiden. Das Schlimmste, was Politik tun kann, ist es, den natürlichen Kampf noch anzuheizen. Aber genau das passiert gerade. Wahrscheinlich, weil die meisten der handelnden Personen unfähig dazu sind, gesellschaftliche Konflikte zu verstehen und sie intelligent zu moderieren. Gerade in Krisenzeiten brauchen wir keine Politik der martialischen Kriegsrhetorik und der wahnwitzigen Experimente, sondern eine, die im Stande ist, die dem Leben naturnotwendig anhaftenden Machtkämpfe zu zivilisieren und damit vor allem die Gruppe der Verlierer, deren narzisstische Kränkungen die bedeutendste Quelle des Hasses sind, möglichst klein zu halten. Aber genau das Gegenteil passiert, Politik und Medien verschärfen gemeinsam die ohnehin schon explosive Stimmung. Eine rein ideologisch motivierte Energiewende und rasant steigende Energiepreise provozieren eine immer unberechenbarer werdende Energiekrise, die die unteren sozialen Schichten besonders betrifft. Alleingelassen und von Armut bedroht, entstehen unter ihnen Wut und Hass. Die Hassreden der transatlantischen Bellizisten gegen Russland haben zur generellen Verrohung der politischen Kultur beigetragen. Wie infektiös die wütende Kriegshetze tatsächlich ist, zeigen die verbalen Hass-Exzesse der Neos-Vorsitzenden Beate Meinl-Reisinger, die unlängst die Freiheitlichen als „Volksverräter“ bezeichnet hat. Für den ARD-Reporter Patrik Gensing ist der Begriff „Volksverräter“ eindeutig „Nazi-Vokabular“. So schnell werden sogar Liberale vom Jargon der Nazivergangenheit eingeholt. Und auch die von einigen gezielt eskalierte Corona-Debatte, bei der jeder, der einen Einwand gegen die Regierungspolitik vorbringt, ins Reich der Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikalen abgeschoben wird, hat die Gesellschaft auf Jahre hinaus irreparabel gespalten. 

Zusammenhang zwischen Lohn-Preis-Spirale und Hass-Spirale

Wenige erkennen den Zusammenhang zwischen Lohn-Preis-Spirale und Hass-Spirale. Bringt die Inflation die Vernichtung von materiellen Werten mit sich, so zerstört die Hass-Spirale als deren Folge, die ideellen Werte unseres Zusammenlebens. Wenn die ökonomischen Lebensgrundlagen der Menschen – Einkommen, Immobilieneigentum und finanzielle Rücklagen – dramatisch an Wert verlieren, dann schwindet auch ihr Antrieb zum zivilisierten Austragen von Meinungsverschiedenheiten.

Wir müssen wieder das gesittete Streiten lernen. Voraussetzung dafür ist, dass Inflation und Hass-Tiraden gestoppt werden. Das kann jedoch nur gelingen, wenn politischen Zündlern wie Meinl-Reisinger und dem aggressiven Boulevardjournalismus, der nicht einmal vor dem Erfinden eines Abschiedsbriefes im Fall des tragischen Selbsttötungsversuches eines Politikers zurückschreckt, nur um der FPÖ zu schaden, die Grenzen aufgezeigt werden. Und noch eines soll den linken Hatern ins Stammbuch geschrieben sein. Die FPÖ ist eine Partei, hinter der sich 20% der Österreicher versammeln. Und sie hat damit zumindest dieselbe Existenzberechtigung wie  linksliberale Mikro-Sekten oder kleinkarierte Mainstreamblättchen mit überalterter Leserschaft, in denen einfältige Politik-Kommentare zwischen Geschichten über Prinzessinnen im kurzen Minikleidchen und Lugners neuestem Frauentausch hineingekritzelt werden.