In Guy Debords Jahrhundertwerk „Die Gesellschaft des Spektakels“ findet sich der Satz: „Das Spektakel ist der schlechte Traum der gefesselten, modernen Gesellschaft, der schließlich nur ihren Wunsch zu schlafen ausdrückt“. Und tatsächlich ist es so, dass wenn man Bilder des Opernballs sieht, uns der Eindruck umfängt, als würde sich hier eine abgelebte und ermüdete Elite versammeln, deren Wollen größer ist als ihr energetisches Vermögen. Für den vernünftigen Betrachter mutet das Ballspektakel tatsächlich an wie ein schlechter Traum, durch den vornehmlich überalterte, und wenn junge, dann von der Vergangenheit in Haft genommene, Gestalten schwanken, deren Feierkultur wie die Flucht vor einer neoliberalen Gegenwart in das Reich der scheinseligen und morbiden altösterreichischen Habsburgerzeit des späten 19. Jahrhunderts anmutet, in der die Eliten noch glaubten ewig zu sein, aber in Wirklichkeit auch nur Bestandteil der letzten Schwundstufe einer kurz vor dem Untergang stehenden Epoche waren. Gehört man nicht zu den Verehrern der süßlich-reaktionären österreichischen Operettenkultur, die es lieben, sich dem Pharisäertum der altösterreichischen Dekadenz an den faltigen Hals zu werfen, dann muss man die gesamte Ballinszenierung samt ihrer sogenannten „kritischen“ Begleiterscheinungen als lächerlich empfinden.

Selbst der Auftritt der jungen Klimaschnösel aus der besseren Gesellschaft auf dem roten Teppich des Balls und die Demonstration der letzten dogmatischen Kommunisten vor der Oper, waren so etwas von aus der Zeit gefallen, als wären sie ein pathetisches Zitat aus der Frühgeschichte der untergegangenen Arbeiterbewegung. Wer glaubt mit Protesten gegen den Opernball die Gesellschaft verändern zu können, der übersieht, dass die  Masse der „normalen Menschen“ vor den TV-Geräten sitzt und sich mit tränenfeuchten Rührungsaugen die servile Hofberichterstattung des ORF ansieht, bei der es nur um große Roben und läppischen  Anekdoten aus dem todlangweiligen Leben der Bourgeoisie geht. Dabei wollen sie von Randalen der weltfremden Salonlinken nicht gestört werden.

Blick in die Loge von Wiener Bürgermeister offenbart Groteske

Ein Blick in die Loge des Wiener Bürgermeisters offenbart idealtypisch die Groteske, die sich hier Jahr für Jahr ereignet. Der Bürgermeister, ein traditionsbewusster Sozialdemokrat, er spricht gerne bei Erinnerungsveranstaltungen zum heldenhaften Kampf des proletarischen Schutzbundes gegen die Heimwehren, hat sich in einen Frack zwängen lassen, die Gala-Uniform der ultrakonservativen Bourgeoisie. Ihm gegenüber der zukünftige SPÖ-Parteichef, Alexander Wrabetz, mit champagnergeröteten Gesicht, dessen Hemdkragen ein roter Stern ziert, aber nicht der Kommunistenstern, den sein revolutionäres Fußvolk auf den Winterkappen trug, als er noch Vorsitzender der roten Studenten war. Hinter ihnen, stehend, zwei Damen in großen Roben, wohl ihre Frauen.  Sie wirken, als wären sie gerade aus einem pretiösen Sissi-Film herausgesprungen. Die SPÖ-Wien ist ja schon seit langem für ihre originellen Ideen zur Besetzung des Bundesvorsitzenden der SPÖ bekannt.

Michael Häupl favorisierte vor nicht gar so langer Zeit einen alten RTL-Manager, der sich einst in Aufsichtsräten von umstrittenen Berliner Wohnungsunternehmen umgetan hat. Es sind das die Unternehmen, die das Volk enteignen will, weil sie das Wohnen in der Stadt für die kleinen Leute nahezu unerschwinglich gemacht haben.  Ein typischer Sozialdemokrat also. Und nun Wrabetz, der gerade wegen einer Pensionsaffäre in aller Munde ist. Ab seinem fünfundsechzigsten Lebensjahr soll der abgewählte ORF-General monatlich 8.000 Euro Betriebspension ausbezahlt bekommen. Die Öffentlich-Rechtlichen sind ja generell für ihren Hang zur opulenten Daseinsvorsorge bekannt. So hat das deutsche Staatsfernsehen einer juristischen Direktorin einen Arbeitsvertrag zugeschoben, der ihr für die nächsten 13 Jahre und 7 Monate ein Ruhensgeld von 50 % der Aktivbezüge, ohne jede Gegenleistung, garantiert. Das sind 1,8 Millionen Euro. Warum ist das so viel? Weil sie bisher im Monat 18.000 Euro verdient hat.

Im ORF hat sich Bedeutegemeinschaft von Schöntuern etabliert

Wie der Opernball ist der ORF ein Riesenspektakel. Es findet aber leider nicht, wie dieser, nur einmal im Jahr statt, sondern täglich. Und das bedeutet unausgesetzte linke Propaganda, langweilige sozialpartnerschaftlich zusammengesetzte Diskussionsrunden, mit österreichischen Kleindarstellern überladene Krimiserien und mit Parteigünstlingen vollgestopfte Redaktionen. Über dem ganzen tristen Spektakel thront ein parteipolitisch zusammengesetzter Stiftungsrat, der im Abstand von fünf Jahren einen politisch genehmen Parteisoldaten zum Generaldirektor bestellt, dessen einzige Aufgabe es ist, die Postenwünsche der Parteien geschickt auszutarieren.

Im ORF hat sich eine Beutegemeinschaft von Schöntuern etabliert, die es im unterwürfigen Antichambrieren bei den Mächtigen zur höchsten Perfektion gebracht hat. So hat sich eine Unternehmenskultur etabliert, die bis in den Masochismus hinein politisch korrekt, peinlich übertrieben feministisch und antisexistisch ist und die unerträglich achtsam, adrett und wohlerzogen daherkommt. Wohlgemerkt, viele der ORF-Akteure sind nicht wirklich so, sie sind nur feige Mitmacher. Manche mutmaßen, dass die Zahl der Opportunisten unter ihnen größer ist als die der wahrhaftigen Fanatiker.

Opernball und ORF sind ideologische Spektakel-Apparaturen

Wie der ORF wirklich tickt, dass zeigt sich immer wieder am Verhalten einzelner seiner Journalisten. Wir wissen ja, dass Sebastian Kurz dem Gros der ORF-Leute verhasst ist. Das liegt in erster Linie daran, dass 70 % von ihnen dem aggressiven links-grünem Lager zuzuordnen sind. Für diese Leute herrscht naturgemäß Alarmstufe Rot, wenn die ÖVP oder die FPÖ erfolgreiche Politikertypen hervorbringen. Zuletzt erschien das sich gerade vor aller Augen selbst zerlegende links-liberale Magazin Profil mit dem aktivistischen Titel: „Wer stoppt Herbert Kickl?“. Weil die ÖVP im Augenblick keinen für die Linke gefährlichen Kandidaten hat, richten der ORF und die „progressiven“ Printmagazine nun ihre Verbalgeschütze gegen den FPÖ-Parteiobmann.

Davor war Sebastian Kurz der Hauptfeind. Ihn hat man als Politiker zur Strecke gebracht, aber manche Fanatiker hassen ihn so, dass sie nun auch seine bürgerliche Existenz zerstören wollen. Zuletzt unternahm die ECO-Redaktion, geleitet vom Sprecher der ORF-Redakteure Dieter Bornemann, einen sekundären Vernichtungsversuch. Seine Leute reisten ins ferne Israel, um dort den Nachweis zu erbringen, dass die Firmen von Kurz, über die er in den Medien spricht, reine Chimären wären. Die Jagdtruppe geriet aber leider an eine alte Adresse. Kurz war umgezogen. Hämisch hat der ORF das Märchen von den gar nicht existenten Kurz-Firmen berichtet, richtiggestellt wurde bis heute nichts. Wehe ein konservativer Journalist hätte sich so einen Fehler erlaubt.

Der Opernball und der ORF sind ideologische Spektakel-Apparaturen, mit einem Unterschied, der Opernball macht Gewinn, der ORF satte Verluste. Beim Opernball hat man zumindest die Wahl nicht hinzugehen, den ORF muss man finanzieren, ob einem das Programm passt oder nicht, bald sogar, auch wenn man ihn gar nicht empfangen kann. Unverschämt werden wir alle vom Staat für seinen Linksfunk zur Kasse gebeten. Die Privatisierung des Gebührenmonsters ist naturgemäß kein Thema in einem Land, in dem die Linke gegen den marktliberalen Nobelpreisträger Friedrich von Hayek unwidersprochen hetzen darf.