Seit Jahren protestieren die Jugendorganisationen der Partei gegen den Mangel an innerparteilicher Demokratie und Mitbestimmung. Ohne Erfolg. Unlängst ist nach außen gedrungen, dass die jährliche Bezirkskonferenz eines der mächtigsten Bezirke der Stadt nicht viel länger als eine Stunde dauert. Schon zu Beginn der Konferenz wird im Foyer ein warmes Buffet angerichtet und die Türen zum Tagungsraum bleiben offen, damit der verlockende Speisengeruch die Aufmerksamkeit der Funktionäreschaft von den politischen Debatten ablenkt und auf die kulinarische Genusswelt vor der Türe umleitet. So trachtet man die Vernunft durch die Erweckung sinnlichen Begehrens zu narkotisieren. Einmal im Jahr eine Stunde formalistisches Gelabere und eine hastig durchgeführte Wahl der Bezirksspitze, das ist die dekadente politische Kultur einer Partei, die einst als Arbeiterbildungsbewegung der gesamten demokratischen Linken Europas als Blaupause diente.

Über Vorgänge der Wien Energie wird geschwiegen

Genau wie man mit den Parteiunterschichten verfährt, die gerade in Krisenzeiten alles für Gratifikationen, wie eine Gemeindewohnung, eine Bezirksratsentschädigung oder einen Job bei der MA 48 tun, springt die SPÖ nun mit der gesamten österreichischen Bevölkerung um. Über die Vorgänge hinter den Mauern der Wien Energie wird eisern geschwiegen. Innerhalb kürzester Zeit schießt die Stadt Wien, ohne die Öffentlichkeit zu informieren, dem maroden Unternehmen 1,4 Milliarden Euro zu und bettelt die Bundesregierung um weitere Milliarden an.

Der horrende Finanzbedarf wird an einem Wochenende dem Finanzminister mitgeteilt. Die Freigabe der astronomischen Summen unverzüglich für Montag gefordert. Stellt der Bund Rückfragen und informiert die Öffentlichkeit, dann begibt sich die rote Stadtregierung theatralisch in die Opferrolle und unterstellt den Schwarz-Grünen eine hinterhältige politische Intrige. In alter verstaubter sozialpartnerschaftlicher Manier hätte man sich offenbar erwartet, dass der Bund unter dem Ladentisch den Wiener Bankrotteuren still und leise ein paar Milliarden zuschiebt.

Ganz leise sind in der Zwischenzeit die Neos geworden, deren Vorsitzende sich seit Monaten mindestens einmal die Woche in einen rhetorischen Bulldozer verwandelt und über alles wuchtig drüberfährt, wo sie eine Meinung entdeckt, die nicht zu hundert Prozent mit den rücksichtslosen und realitätsblinden liberalen Dogmen der Chicago Boys übereinstimmt. Die Neos fordern überall Transparenz und die Privatisierung staatswirtschaftlicher Strukturen. In Wien haben sie aber, seit sie einen Vizebürgermeister stellen und den solipsistisch regierenden Bürgermeister Ludwig die Aktentasche nachtragen dürfen, bisher laut geschwiegen – zur undurchsichtigen Gebarung der Wiener Stadtwerke, zu parteipolitischen Postenbesetzungen bei den Wiener Linien, der Wien Energie etc., zu den Millionenförderungen für stadtnahe Vereine, zum im Chaos versinkenden Wiener Schulsystem.

Der Höhepunkt des Opportunismus der Neos wurde aber dadurch erreicht, dass sie mit dem Bürgermeister und seinem Anhang die milliardenschweren Zuschüsse an das vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stehende Pleite-Unternehmen Wien Energie der Öffentlichkeit gegenüber verschwiegen haben. Dahinter steckt die Logik, dass der einfache Bürger, wie in der DDR, die Machenschaften der Genossen schweigend mittragen muss. Begehrt er auf, dann wird er von der tiefroten Vorfeldorganisation der SPÖ, den „Omas gegen rechts“, zur Ordnung gerufen und ultimativ aufgefordert, den Mund zu halten und den undurchsichtigen Machenschaften der Wien Energie zu vertrauen.

Wiener SPÖ trat arrogant auf

Wie die Wiener SPÖ ist die Bundes-SPÖ in der Causa Wien-Energie-Pleite selbstgefällig, arrogant und überheblich aufgetreten. Die beiden Gallionsfiguren der SPÖ-Zentrale, Rendi-Wagner und Leichtfried, brachten es tatsächlich, ohne rot zu werden, zustande, die Schuld für den Fast-Zusammenbruch der Wiener Stromversorgung der Bundesregierung zuzuschieben. Dabei ist lediglich das passiert, was immer passiert, wenn Sozialdemokraten versuchen, bei den Börsengeschäften der Profis mitzuspielen, sie fallen auf die Schnauze, weil sie von diesen aufs Kreuz gelegt werden. Demonstriert wurde uns das ja schon beim Bawag-Skandal, bei dem der Familienanhang eines ehemaligen Generaldirektors die vormals stolze ÖGB-Bank fast im Alleingang mit irren Spekulationsgeschäften vernichtet hat.

Und so ist es kaum verwunderlich, dass bei den hochspekulativen Termingeschäften der roten Wiener Energiemanager, genau das eingetreten ist, was immer eintritt, wenn Parteibuch-Dilettanten beim Börsenspiel mitzumachen versuchen, eine Katastrophe, für die jetzt das Volk geradestehen darf. Bis heute sehen Rendi-Wagner und ihr rustikaler Adlatus Leichtfried nirgendwo ein Versagen der Wien Energie. Wenig verwunderlich, weil beide mit ideologischer Katastrophenblindheit geschlagen sind, denn ihnen ist ja auch noch nicht aufgefallen, dass wir gerade von illegalen Migranten überrannt werden, die vor allem über die offensichtlich völlig unbefestigte und unbewachte burgenländische Grenze ins Land einströmen. Während Landeshauptmann Doskozil und seine Burgenländer unter den von Schleppern herangekarrten Massen der Pseudoflüchtlinge stöhnen, freut man sich im roten Wien darüber, dass wir „Menschen geschenkt bekommen“, wie das die deutsche grüne Spitzenfrau Katrin Göring-Eckardt 2015 euphorisch ausgerufen hat, als die europäischen Grenzen zum ersten Mal überrannt wurden.

Ludwig trägt alleinige Schuld für SPÖ-Destabilisierung

Das Spekulations-Monopoly der sozialistischen Parteibuch-Manager hat eine eklatante Schwächung des durch seine peinliche Klitschko-Farce ohnehin schon angeschlagenen SPÖ-Schwergewichtes Michael Ludwig zur Folge und führt nun dazu, dass durch Kräfteverschiebungen in den SPÖ-Machtstrukturen die Partei in eine Phase der Instabilität geraten wird. Die Partei-Rebellen rund um den machtbewussten Burgenländer Doskozil werden in den nächsten Wochen Aufwind bekommen. Und das wird besonders Rendi-Wagner betreffen, die sich wohl ihres Parteivorsitzes und der Spitzenkandidatur für die nächsten Nationalratswahlen nicht mehr ganz so sicher sein kann. Die alleinige Schuld für die Destabilisierung der SPÖ in einer zwar unverdienten, aber dennoch substanziellen Hochphase, trägt Michael Ludwig, der sich von den Parteistrukturen abgekoppelt hat, völlig unfähige Berater um sich schart und zunehmend zum Mann der einsamen Entscheidungen geworden ist.

In den Couloirs des Rathauses raunt man sich schon seit längerer Zeit zu, dass die einzige Person, auf die der Bürgermeister noch hört, die Landtagsabgeordnete Aslihan Bozatemur ist, die als AKP-nahe gilt. Auf sie geht auch der für viele befremdliche Schmeichelkurs der Wiener SPÖ gegenüber der türkischen Erdogan-Diktatur mutmaßlich zurück. Auf Twitter schwärmt der türkische Botschafter Ozan Ceyhun von perfekten Treffen mit Ludwig, der von den Türken in Wien geliebt wird. Besser wäre es für Ludwig, er würde sich neue Berater suchen und eine kritische Politik gegenüber dem klerikal-faschistischen Kurs der AKP betreiben. Dadurch könnte er seine Chancen verbessern, auch von seinen Wiener Landsleuten geliebt zu werden.