Einige österreichische Haushalte spüren es schon. Energie-Billiganbieter kündigten die Tarife, der dadurch notwendige Umstieg auf alteingesessene Anbieter lässt das Haushaltseinkommen schmelzen. Andere wissen noch nichts von ihrem Glück. Der finanzielle Keulenschlag wird erst im Sommer kommen, wenn die Jahresabrechnung ins Haus flattert.

Wie so oft, passiert dazu wenig auf der politischen Bühne. Das kommende Problem scheint nicht existent. Fakt ist, dass der Strompreisindex der Österreichischen Energieagentur im Februar 2022 gegenüber dem Vormonat um 21 Prozent gestiegen ist. Im Vergleich zum Februar des Vorjahres 2021 liegt der Preis um satte 143 Prozent höher. Der Gaspreis bietet dasselbe traurige Bild. Damit trifft diese Preisexplosion mittlerweile breite Bevölkerungsschichten mit voller Wucht. Bisher galt undenkbar, dass viele Menschen in Österreich kein Geld mehr haben werden, um ihre energieabhängigen Basisbedürfnis zu erfüllen. Nun sind wir am besten Weg das Undenkbare wahr zu machen. Spätestens jetzt wäre es angebracht, die Milliarde Euro, statt in eine sinnlose Impflotterie in Energiepreisstützungen zu investieren. Allein schon ein vorausblickendes Versprechen der Regierung, diesmal auch den sonst im finanziellen Schraubstock eingezwängten Mittelstand zu unterstützen, würde die Menschen beruhigen. Das Problem wird in absehbarer Zeit an Breite gewinnen, das kann man Österreichs Politikern schon heute prophezeien. Also empfiehlt es sich offensiv zu agieren. Andere Länder arbeiten bereits an handfesteren Konzepten.

Macron: Grüne Atomkraft

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt scheinbar alles auf den Ausbau der Atomenergie. Nicht nur, dass sechs neue Atomkraftwerke (AKW) gebaut werden sollen, will er die Errichtung von acht weiteren prüfen lassen. Die Laufzeit bestehender AKWs will Macron verlängern: So soll kein Kraftwerk mehr vom Netz gehen, wenn es keine zwingende Sicherheitsgründe dafür gebe. Daneben will Frankreich die erneuerbare Energie weiter ausbauen.

Fast wäre es soweit gewesen

Deutschlands Bundeskanzler Scholz ist nicht zu beneiden. Er braucht das russische Gas, um Deutschlands Wirtschaftskraft pulsieren zu lassen und Sozialkrawalle aufgrund der Energiepreise zu verhindern. Dabei ist der deutschen Regierung klar, dass ein Einmarsch Russlands in der Ukraine das Ende von North Stream 2 bedeuten wird. Das findet Zustimmung bei den Deutschen, wie die deutsche WirtschaftsWoche berichtet. Abgesehen davon, gilt es zu verhindern, dass mögliche Russland-Sanktionen Europa schaden und Amerika wirtschaftlich nutzen. „Dass LNG-Gas aus den USA wesentlich teurer ist, erklärt den Widerstand vor allem von Deutschland. Außerdem fühlen sich nicht alle in Berlin wohl mit dem Gedanken, künftig von den USA abhängig zu sein. Über die Intention der US-Regierung macht man sich in Berlin denn auch keine Illusionen“, fasst die renommierte WirtschaftsWoche das Scholz’sche Dilemma zusammen. Da kommt es gut zugegen, dass viele Experten, wie etwa der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn der Politik seines Parteifreundes Scholz Rosen streut. Deutschlands Zurückhaltung sei zielführender als Waffenlieferungen und Drohgebärden, so Asselborn.

Überhaupt scheint Luxemburg eine Art Strippenzieher für den Frieden in der Ukraine zu sein. Am Ende des Friedensprozesses erscheint eine Art der Autonomie der Ostukraine möglich. Damit wäre viel erreicht. Friede in der Region und noch mehr russisches Gas, das via North Stream 2 in deutsche Unternehmen und Haushalte rauscht. Aktuell sind allerdings Europas Gasspeicher leer, obwohl Russland seine vertraglichen Lieferbedingungen erfülle, wie der russische Botschafter in Wien Dmitrij Liubinskij betont.

Es dürfte also noch eine Zeitlang dauern, bis zusätzliche Gaslieferungen bestellt und geliefert werden. Heuer wird es wohl nichts mehr. Umso mehr wird es notwendig sein, den sozialen Auswirkungen der steigenden Energiepreise etwas entgegenzusetzen. Beispielsweise das Geld aus einer abgesagten Impflotterie.