Stellen Sie sich vor, Sie sind Dialysepatient. Sie leben in einer Wohnung mit Stiegenhaus und müssen regelmäßig ins Spital. Um dorthin zu kommen, sind Sie auf einen Transport angewiesen, den die Krankenkasse zahlt. Da sie nicht gut zu Fuß sind, benötigen Sie einen sogenannten „Tragsesseltransport“. Und seit dem Jahr 2019 einen Rettungswagen. Denn kurz zuvor fand eine Novellierung des Wiener Rettungs- und Krankentransport Gesetzes ohne Anlass statt. Dieses schloss Fahrtendienstunternehmen vom Transport aus, es durften nur mehr Rettungswägen mit Sanitätspersonal für einen Gutteil dieser „Taxidienste“ herangezogen werden.

Die Folge davon sind deutliche Qualitätseinbußen auf mehreren Ebenen. Patienten müssen länger warten, die Kosten für die Sozialversicherungen sind massiv gestiegen und oftmals sind die Zuständigkeiten für die Patienten nicht nachvollziehbar. So dürfen Personen, die liegend oder sitzend – also mit Trage oder Sessel – transportiert werden, nur mehr mittels eines Rettungsfahrzeugs abgeholt werden. Alles in allem ein untragbarer Zustand.

Taxi mit Blaulicht?

Für Rettungssanitäter sind diese Taxidienste eine zusätzliche Bürde. „Wir stehen vor dem Kollaps“ fasst einer davon zusammen. „Die stundenlangen Wartezeiten auf Patiententransporte sind bezeichnend für das rote Multiorganversagen im Wiener Gesundheitssystem“, meldet sich der Klubobmann der Wiener FPÖ, Maximilian Krauss, zu Wort. Krauss Ärger wird verständlich, wenn man weiß, dass sein Großvater erst kürzlich mit gebrochener Hüfte zwei Stunden auf den Krankenwagen warten musste, wie er selbst in seinem Twitter-Account schreibt.

Hoffen auf Hacker

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kann grundsätzlich mangelndes Engagement nicht vorgeworfen werden. Immer wieder äußert er sich deutlich zu Gesundheits- und Sozialthemen. Diese Einsatzbereitschaft ist auch der zuständigen ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec nicht entgangen. Gemeinsam mit Kasia Greco, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Wien und VP-Gemeinderätin, setzt sie auf Gespräche mit dem Gesundheitsstadtrat, um eine für die Patienten passende Lösung zu finden. Dabei möchte Greco auch die Fahrtendienste wieder an Bord holen. Interessant wird sein, ob Hacker diesen Hinweis im Sinne der Patienten aufnehmen wird.

Viele Patienten, Angehörige und Spitäler wenden sich verzweifelt oftmals an die bereits angesprochenen Fahrtendienste, um nach belastenden Behandlungen einen schnellen Transport nach Hause zu organisieren. Die meisten sind allerdings aufgrund der derzeitigen Rechtslage dazu verdammt, weiterhin stundenlang sinnlos im Spital Zeit zu versitzen, bis endlich eine Mitfahrgelegenheit bei einem Sanitätswagen gefunden wird. Dass Hacker eine langfristige Lösung anpeilt, um die teilweise viele Stunden dauernde Wartezeit von Patienten für einen Transport zu minimieren, steht für Thomas Haller von der Fahrtendienstzentrale außer Zweifel. Haller ist jedenfalls interessiert, Teil einer künftigen Lösung im Sinne der Patienten zu sein und wäre „jederzeit dazu bereit, unsere Lösungsvorschläge dem Gesundheitsstadtrat zu präsentieren“.

Lösungsorientierung

Einige haben wohl erwartet, Korosec und Greco nutzen den Moment, geben sich angriffig gegen den Gesundheitsstadtrat. Insbesondere, da es kürzlich für Aufsehen sorgte, dass gleich vier Fahrzeuge bei Hacker auftauchten, als dieser zu Hause unglücklich stürzte. Beide haben jedoch keine „billige Attacke“ gegen Hacker initiiert. Diese Sachorientierung ist in der heutigen Zeit bemerkenswert. „Es braucht dringend eine Verbesserung der momentanen Zustände“, meint Greco lösungsorientiert und möchte diesbezüglich auch Hacker „im Sinne der Patienten“ unterstützen.

Unterstützung für dieses Ansinnen findet Greco bei dem umtriebigen Obmann des Vereins BIZEPS, Martin Ladstätter, der seit dem Jahr 1992 eine Beratungsstelle für behinderte Menschen und deren Angehörige in Wien betreibt: „Die Stadt Wien hat ein Problem bei den Krankentransporten“, schreibt er und möchte ebenfalls eine Situationsänderung.

Optimist oder Pessimist

Warum ich über dieses Beispiel schreibe? Mich interessiert an diesem Fall, ob konstruktive Opposition zu einem Ergebnis führt. Denn wir haben es hier mit einem Sachthema zu tun. Jede Partei möchte die Situation im Sinne der Patienten ändern.

Was wird Hacker machen? Drüberfahren und sich damit bei diesem absehbaren Dauerthema „Krankentransporte“ gegenüber Betroffenen und Opposition immer wieder angreifbar machen? Oder wird er alle hilfsbereiten Organisationen, wie etwa die Fahrtendienste, zu einem konstruktiven Gespräch einladen?

Ich hoffe auf letzteres, denn „Pessimist zu sein, heißt das Unglück herbeizuwünschen“, formulierte erst kürzlich Gerald Hofer der CEO der Knapp AG, im Ö1 Wirtschaftsmagazin SALDO so treffend. Da bin ich lieber Optimist, denn jeder benötigt irgendwann die Rettung – und dann sollte diese nicht mit Transporten aufgehalten werden, die andere schneller und günstiger machen können. Das wäre eine „Lösung im Sinne der Patienten“.

Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.