Ohne jemanden nahe treten zu wollen, aber die für uns als Exportland und Europäer wesentlichste Wahl fand letztes Wochenende in Deutschland statt. Allein im Corona-Jahr 2020 exportierte Österreich Waren im Wert von rund 43,3 Milliarden Euro nach Deutschland. Damit war unser nördlicher Nachbar mit 30,5 % bei weitem das wichtigste Exportziel für Österreich. Zum Vergleich: Zweiwichtigster Handelspartner waren die USA mit 6,6 %.

Kurioser Wahlkampf

Im Vorfeld fand ein kurioser Wahlkampf statt. Es wurde über Themen wie Solarpaneele an den Dächern oder wer wo wann abgeschrieben hat diskutiert, eine grundlegende inhaltliche Diskussion fand kaum statt. Kaum ein Wort über den Wirtschaftsstandort Deutschland, selten etwas zur Europäischen Union, noch weniger über außenpolitische Positionierungen gegenüber USA, China oder Russland. Alles Themen, bei welchen Deutschland die europäische Meinung stark mitprägen wird. Punkte, die zukunftsentscheidend sind, insbesondere für Österreich.

Armin Laschet ließ sich themenmäßig treiben. Inhalte, für welche die CDU/CSU steht, schafften es nicht in die Aufmerksamkeitszone. Die SPD stellte sich geschickter an und fokussierte sich auf traditionelle soziale Kernthemen. Die lauten beispielsweise: Wir wollen den Leuten, die mehr erwirtschaftet haben, etwas wegnehmen und geben es denjenigen, die weniger haben. Erstaunlich gut war das Abschneiden der FDP. Strategisch war das Team um Christian Lindner in einer sehr schwierigen Position, da sich die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Kanzlerduell zwischen Laschet, Scholz und Baerbock fokussierte. Demzufolge wurde Christian Lindner von nahezu allen Medien bewusst ignoriert, da sich diese auf das vermeintliche Spitzenduell CDU, SPD und Grüne konzentrierten. In diesem präsenzfeindlichen Umfeld bauten die Freien Demokraten dennoch das Ergebnis aus 2017 sanft auf 11,5 % aus. Dazu kommt, dass laut dem wiwo-Entscheiderpanel Deutschlands Führungskräfte primär Lindner und der FDP vertrauen, das Land durchzulüften.

Fassungslose Leistungsträger

Im Gespräch mit deutschen Unternehmern kommt vor allem eines durch: Ärger, Frust und Enttäuschung. Der Reformstau ist enorm, das Land steuert auf einen hausgemachten Energieengpass zu und die Digitalisierung verläuft konzeptlos. Dafür präsentiert sich Deutschland als Hochsteuerland. Die effektive Steuerlast für Unternehmen betrug 2020 stolze 28,9 %, nur Japan und Frankreich liegen darüber. Wobei Frankreich auf dem Weg ist, eine Steuerreform zu realisieren, welche die Unternehmenssteuern unter die deutsche Grenze segeln lässt. Und jetzt scheint das Gestammel von Steuererhöhungen, Vermögenssteuer und Reichensteuer das Fass zum Überlaufen zu bringen. Und wenn sich die Wut von Leistungsträgern, die Arbeitsplätze unter größtem persönlichem Einsatze geschaffen haben, materialisiert, dann wird das spürbar. Denn es sind Menschen, die schon bei ihren Firmen Tatkraft bewiesen haben und bereit sind, Standortverlagerungen tatsächlich durchzuführen, nicht nur davon reden.

Dazu passt die Berliner Groteske. In einem Volksentscheid haben sich dort kürzlich 56,4 % der Wähler für eine Enteignung großer Wohnkonzerne ausgesprochen. Damit würden die Berliner etwas schaffen, was Erich Honecker und sein Team jahrzehntelang nicht geschafft haben: eine berlinweite Enteignung von Privatvermögen. Mehr muss man eigentlich zur derzeitigen Situation nicht sagen. Auch wenn die Umsetzbarkeit dieses Volksentscheids stark angezweifelt wird, so ist es doch ein weiteres Signal an arbeitsplatzschaffende Unternehmer und Unternehmen.

Deutscher Ärger – gut für Österreich?

In Österreich liegt die Steuerlast für Unternehmen mit 23,1 % im Mittelfeld. Das wird bemerkt – und gelobt: Österreichs Förderung von Forschungs- und Entwicklungsausgaben gepaart mit einer Willkommenskultur erzeugt Interesse. Derzeit bemerke man einen stillen Exodus von Entwicklungslaboren und Family Offices nach Österreich, so eine deutsche Unternehmerin.

Ob dies so bleiben wird, sei dahingestellt. Die nahende Steuerreform kann das Interesse von Unternehmen am Standort Österreich schnell beenden. Zumal auch andere Staaten aus Unternehmenssteuersicht besser aufgestellt sind, wie etwa Schweden (19,4 %) oder die Schweiz (18,6 %).

Chancenreiches Österreich

In dem Sinne ist es gerade für das kleine Österreich wichtig, wendig zu bleiben, Nischen zu besetzen und diese aus Standortsicht kompetitiv auszugestalten. Österreich hat mit seinen grundsätzlich gut ausgebildeten Menschen viel zu bieten. All dies mit verschiedensten politischen Forderungen aus dem Neidkübel zu gefährden, ist fahrlässig.

Wenn wir „Klimaschutz“ sagen, dann sollte es auch eine Strategie geben, wie wir uns in diesem Schwerpunkt wirtschaftlich und förderungstechnisch positionieren wollen. Wenn wir „Medienfreiheit“ sagen, dann sollte es auch keine zusätzlichen branchenweiten Werbeverbote geben, die Medien weiter unter Druck bringen und von staatlichen Zuwendungen abhängig machen.

Ein billiges Flickwerk aus Belastungen für den Mittelstand ist kein rundes Konzept, sondern hat lediglich das Potential Menschen in Richtung Armut abrutschen zu lassen und zusätzlich Arbeitsplätze zu vernichten. Die kommende Steuerreform ist eine Chance und soll nicht zur Gefahr für die Menschen in diesem Land werden.

Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.