Eines verstehe ich nicht. Es ist doch so einfach „Danke“ zu sagen. COVID ist ein Ausnahmezustand. Die im Gesundheitswesen tätigen Menschen leisten großartiges, unsere Polizei erfüllt auf Basis sich ändernder Vorgaben ihre Aufgaben mit Fingerspitzengefühl, viele Schuldirektoren und Lehrer gewährleisten trotz kurzfristigster Informationen aus dem Ministerium einen kontinuierlichen Unterricht – aber bis jetzt habe ich von politischer Seite kein „Danke“ gehört. Dabei wäre es hoch an der Zeit, den Menschen diesen Respekt zu erweisen. Tausende haben deutlich mehr gemacht, als sie mussten, auch unter der Gefährdung der eigenen Sicherheit. In dem Sinne würde ich mir wünschen, dass diesen Mutmachern auch Dank ausgesprochen wird. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, denn im Herbst werden wir wieder stärker mit COVID konfrontiert werden. Bleibt zu hoffen, dass dieses Jahr die Sommerpause – zur Vorbereitung auf die kalte Jahreszeit – besser genutzt wird.

Chance der Landespolitik

Aufgrund der Streitereien und der Negativstimmung in der Bundespolitik gelten aktuell die Landeshauptleute als ruhende Pole. Dabei spielt die parteipolitische Zuordnung keine Rolle. Die meisten Landeshauptleute und deren Teams haben durch ihre sachorientierte Herangehensweise Ruhe in die aufgeheizte Stimmung gebracht. Sie wurden durch ihr Verhalten zu emotionalen Ankerpunkten für die verunsicherte Bevölkerung. Für mich war die Performance dieser Länder eine überaus positive Überraschung. Sie waren die Mutmacher auf politischer Ebene. Wir werden diese auch im Herbst brauchen. Denn eine Beruhigung in der Bundespolitik ist derzeit nicht in Sicht.

Bundespolitik bleibt kontrovers und aggressiv

Gemäß deren Slogan „Kurz muss weg“ wird die Opposition weiterhin sehr angriffig agieren. Das bedeutet viele Scharmützel und ein neuer Untersuchungsausschuss, mutmaßlich zum Thema der COVID-Beschaffungen. Dabei will der Wähler nicht nur Kritik hören, sondern vor allem Lösungen. Er möchte in erster Linie wissen, wofür Politiker stehen und erst danach wogegen sie sind. Das sollten alle Parteien beherzigen. Denn trotz des massiven Beschusses, dem die ÖVP ausgesetzt ist, führt sie unangefochten bei der sogenannten Sonntagsfrage. Bei der aktuellen vom Meinungsforschungsinstitut Unique research für „profil“ durchgeführten Umfrage hält die ÖVP bei 33 Prozent, gefolgt von der SPÖ mit 23 Prozent. Bei all diesen Zahlenspielen muss allerdings einkalkuliert werden, dass die Türkisen bei Wahlkampagnen aufgrund einer bis ins letzte Detail durchorganisierten Kampagnenführung zusätzlich mobilisieren können. Der gefährlichste Mitbewerber der ÖVP bleibt die FPÖ, da sich bei einigen Kernthemen die Wählerklientel stark überschneiden. Natürlich könnte die ÖVP von der jüngsten Obmann Änderung in der FPÖ profitieren, indem sich die wirtschaftsorientierte Wählerschnittmenge mehr in Richtung Türkis bewegt. Das große Fragezeichen heißt Herbert Kickl, zweifelsohne ein geschickter Politstratege. Denn Kickl wird sich dieser Situation bewusst sein und vermutlich schon einige Ideen dazu im Gepäck haben.

Am schwersten einzuschätzen ist die Stimmungslage für die Grünen. Zudem haben sie starke Zielgruppenüberschneidungen mit den NEOS und der SPÖ. Allerdings liegen grüne Inhalte aufgrund der prekären Umweltsituation im Trend, oft wird darüber medial berichtet. Das steigert die Präsenz und die Erwartungshaltung. Dazu ein Blick über die Grenzen, zu unserem nördlichen Nachbarn Deutschland. Dem wichtigen und relevanten Thema Nachhaltigkeit folgend, haben deutsche Medien die Grünen Chefin Annalena Baerbock in den Himmel geschrieben. Noch im April war zu lesen, sie sei am Weg ins Kanzleramt. Umfragen wurden abgedruckt, welche die Grünen schon vor der CDU sahen, Baerbock sei sogar „Wunschkandidatin der Wirtschaft“.

Die Erwartungshaltung würde zur Bürde. Spätestens bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt wurde deutlich, dass die vielen Berichte und Umfragen nichts mit der Realität gemein hatten. Dort wurde den Grünen nahezu täglich eine Verdoppelung der Stimmen prognostiziert. Bis zu zwölf Prozent standen im Raum. Die Grünen landeten bei 5,9 Prozent, ein Zuwachs von 0,7 Prozent. Die CDU hingegen vergrößerte ihren Stimmenanteil um 7,3 Prozent auf 37,1. Im deutschen Spiegel titelt die erfahrene Journalistin Bettina Gnaus: „Das war’s“. Im Text heißt es dann kurz und bündig: „Die nächste deutsche Bundeskanzlerin wird nicht Annalena Baerbockheißen“. Das bedeutet, es gibt keinen Automatismus, der mediale Themenpräsenz in Wählerstimme umwandelt. Denn die Wähler entscheiden autonom und erwarten sich konstruktive Politik, zukunftsweisende Vorschläge und die Willenskraft, die brennenden Probleme unserer Zeit anzugehen.

Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.