
Bernhard Krumpel: Steuersenkungen sollen kommen
Am 9. Juli 2021 diskutieren wesentliche politische Entscheidungsträger im Rahmen eines G20-Treffens in Venedig über die Einführung einer Globalsteuer für Unternehmen. Wesentliche Finanzminister wie die Amerikanerin Janet Yellen, der Franzose Bruno Le Maire oder der Deutsche Olaf Scholz sind dafür. Noch stehen die Details nicht fest, der Steuersatz ist noch offen. Jedenfalls dürfte dieser deutlich unter den 25 Prozent der heimischen Körperschaftssteuer liegen. Ein guter Anlass, einen Blick in das aktuelle Regierungsprogramm zu werfen.
Nach mehreren Treffen sollen also beim G20-Treffen in Venedig Nägel mit Köpfen gemacht werden. Denn in Folge von Corona brauchen alle Staaten Geld. Mit ein Grund, warum auch 140 Mitglieder der OECD dieser Idee aufgeschlossen gegenüber stehen. Insbesondere US-Präsident Biden, der endlich die im Laufe der Jahrzehnte dahinbröselnde Infrastruktur Amerikas auf Vordermann bringen möchte. Dabei reden wir von rund 3000 Milliarden Dollar in den nächsten Jahren. Allein aufgrund lecker Leitungen versickern in den USA jeden Tag etwa 22 Milliarden Liter Wasser. Biden möchte derartige Infrastrukturprojekte zudem für Vollbeschäftigung sorgen. Also ein volkswirtschaftlich wichtiges Vorhaben, das viel kostet. In den USA beträgt die durchschnittliche Unternehmenssteuer lediglich 7,8 Prozent. Viel zu wenig, um die ambitionierten Programme von Biden zu finanzieren. Viel zu groß die Sorge, dass Unternehmen aus den USA abwandern, wenn nur die Amerikaner saftige Steuererhöhungen durchführen. Da trifft es sich gut, dass es allen Staaten gerade nach der Pandemie an Geld fehlt. Die Lösung heißt Globalsteuer.
Zahlen sollen das die Unternehmen, das heißt in letzter Konsequenz die Konsumenten. Eine global festgesetzte Mindeststeuer für Unternehmen würde zudem das Ende von Steueroasen einläuten und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, wird propagiert. Bei den Steuersätzen werden Zahlen zwischen 12 und 21 Prozent kolportiert, die Unternehmen sollen die Steuer im jeweiligen Absatzmarkt bezahlen. Bis es jedoch so weit kommt, wird noch sehr viel Wasser die Donau hinunterfließen. Die Diskussion um eine Globalsteuer ist dennoch ein guter Anlass, die im derzeitigen Regierungsprogramm beschlossenen Steuersenkungen möglichst rasch umzusetzen.
Steuersenkung im Regierungsprogramm 2020-2024 vereinbart
Erfreulich ist, dass die Regierungsspitze in der Vergangenheit betonte, es gibt keinen Anlass, das aktuelle Regierungsprogramm in seinen Grundprinzipien zu überarbeiten. Dazu gehören neben Maßnahmen für den Klimaschutz auch die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) von 25 auf 21 Prozent sowie eine Reduktion der Lohn- und Einkommenssteuer. Mit der Reduktion der KöSt auf 21 Prozent wäre Österreich bei der Unternehmensbesteuerung auf demselben Niveau wie die Slowakei, aber noch höher als die beiden Nachbarn Slowenien und Tschechien. Dennoch wäre eine Senkung der KöSt ein wichtiges Signal an Österreichs Unternehmen und eine Möglichkeit die Eigenkapitalbasis gerade in der fordernden Post-COVID Zeit zu stärken. Die Reduktion der Lohn- und Einkommenssteuer wäre wie Balsam auf der Seele der zahlreichen durch Kurzarbeit ausgeräumten Privatkonten. Das würde zu einer Steigerung der Kaufkraft führen und wäre somit ein wichtiges Kapitel für den von der Regierung breit angekündigten Comeback-Plan. Zu guter Letzt steht noch die Kapitalertragssteuer-Befreiung für ökologische und ethische Investitionen auf dem Regierungsplan.
Steuersenkung trotz COVID?
Die im Regierungsprogramm vereinbarten Steuersenkungen machen trotz der Ausgaben im Zuge der COVID-Bekämpfung Sinn, wenn der Comeback-Plan ernst gemeint ist. Natürlich ist es klug, Unternehmen gerade jetzt zu helfen und Bürgern durch eine Reduktion der Einkommens- und Lohnsteuer mehr Geld in der Börse zu lassen. Auch der Staat profitiert von einer steigenden Kaufkraft durch Mehreinnahmen bei mit dem Konsum verbunden Steuern. Also eine gute lenkende Wirtschaftsmaßnahme.
Ein Vertrocknen der Einnahmen der derzeit gut finanzierten Republik ist nicht zu befürchten. Im Gegenteil. Beim Juli-Treffen der G-20 in Venedig wird nämlich nicht nur über eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmen gesprochen. Die Finanzminister sind wild entschlossen, eine Digitalsteuer einzuführen. Als Initiator gilt der französische Finanzminister. Sein österreichisches Pendant, Gernot Blümel, ist, wie viele seiner Kollegen, auch dafür. Damit dürfte sich einnahmenseitig sicher etwas tun. Bleibt also zu hoffen, dass die Koalition den im Regierungsprogramm festgeschriebenen Bereich Steuerreform & Entlastung möglichst rasch umsetzt.
An dem Versuch die Unternehmenssteuern in der EU zu harmonisieren, ist die Europäische Kommission im Übrigen bereits 2011 an den Mitgliedsstaaten. gescheitert. Es braucht scheinbar eine weltweite Pandemie und eine hochverschuldete USA mit Leadership, um einen grundsätzlich vernünftigen Gedanken weiterzuentwickeln. Auch irgendwie ein Armutszeugnis für Europa.
Er kennt Öffentlichkeitsarbeit wie kein zweiter. Vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (48) ist die Rede. Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus brauchte er unter anderem als Novomatic-Sprecher. Krumpel arbeitete vorher als Pressesprecher des damaligen ÖVP-Finanzlandesrates Wolfgang Sobotka in Niederösterreich und sammelte danach Erfahrung im Bundesministerium für Inneres sowie im BMVIT. Später arbeitete der studierte Wirtschaftssoziologe im Agenturbereich sowie im Kommunikationsbereich von Unternehmen. Er ist Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.
Kommentare
Auch soll laut Regierungsprogramm eine Behaltefrist eingeführt werden, nach der Kursgewinne nicht mehr der KESt unterliegen. Wichtig für Kapitalmarkt, nicht nur bei ethischen Investments (mit diesem Begriff wird viel Schindluder getrieben). Hoffentlich kommt diese Regelung bald.
Spannender Kommentar, treffend analysiert und beschrieben! Dass Biden das Geld bald dringend benötigt, liegt auf der Hand. Insbesondere wenn man weiß, daß die Steueroase Delaware sein Heimatstaat ist und er in der Vergangenheit nie besonders engagiert war, wenn es um Steuererhöhungen ging. Und auch der Zeitpunkt, wo auf einmal etwas “weitergeht” ist logisch.
Auch gut, daß an das Regierungsprogramm erinnert wird. Wurde nämlich schon vergessen. Steuergerechtigkeit bedeutet nämlich nicht immer Steuererhöhung. Danke, sehr schlüssig!
Wir müssen irgendwie zwei Ziele erreichen:
1. Unternehmen, die trotz oder wegen der Pandemie ihren Gewinn steigern konnten und NICHT ihn Österreich sämtliche Steuern bezahlen, müssen definitiv einen deutlich höheren Beitrag leisten!
2. Wir müssen verhindern, dass Unternehmen zunehmend nach China bzw. Asien abwandern!
Das geht nämlich massiv zu lasten der Umwelt. Es wäre unfair, wenn nur Europäer auf das Klima achten! -vielleicht muss der Meeresspiegel erst ein paar Meter ansteigen, bevor es Asien -mit seinen zahlreichen Inseln- auch kapiert ?! …
Die Lösung dafür ist schwierig. -vielleicht die Zölle weiter anheben, damit aus Asien weniger Ramsch importiert wird. -oder weit bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne als Voraussetzung, dass Waren importiert werden dürfen! Das muss auch für Sub-Sub-Unternehmen dieser Firmen gelten …
Österreich hatte 2020 nahezu 10% des Bruttosozialprodukts ausgegeben, um vor allem Unternehmen ein Überleben in der Krise zu ermöglichen, und die Staatsschuldenquote ist auf Rekordniveau, auf beinahe 90% des Bruttosozialprodukts angestiegen. In dieser Situation soll das Land die Steuern insgesamt eigentlich nicht senken – und kann es auch nicht. Wer die Senkung von Steuern verlangt, muss schon dazu sagen, welche Ausgaben parallel gesenkt werden sollen, das vermisse ich in diesem Meinungsartikel hier. Wir wollen vor allem eine verantwortungswolle Budgetpolitik, keine naive.
Österreich hat, wie richtig ausgeführt, eine Rekordsteuerbelastung auf Lohneinkommen, dem sollte Abhilfe geschaffen werden. Eine Einführung eines weltweiten Mindestsatzes auf die Unternehmenssteuer würde das Raubrittertum der Steueroasen beenden und die steuerpolische Handlungsfähigkeit der industrialisierten Ländern erhöhen. Das wusste man auch schon vor der Krise. Die Bemühungen um ein internationales Digitalsteuerpaket hatten meiner Erinnerung nach auch schon lange vor der Pandemie begonnen und mit dem Virusausbruch nicht wirklich etwas zu tun, und der neue Elan der USA ist dem Regierungswechsel dort zu verdanken, nicht der Pandemie.
Von wem die Erhöhung der Unternehmensteuer letzlich getragen wird, hängt davon ab, ob diese von einem Land alleine durchgeführt wird – der heimische Arbeiter und Kosument zahlen in diesem Fall letztlich die Erhöhung, wenn Unternehmen, die können, ihr Wirtschaftsaktivität (und damit ihre Steuerbasis) ins Ausland verlagern – oder ob zum Beispiel ein weltweiter Mindeststeuersatz eingeführt wird: in diesem Fall wirkt die Steuer prinzipiell auf den Gewinnaufschlag aller multinational tätigen Unternehmen, schädigt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen aber per se nicht weiter, weil ein Ausweichen ins Ausland nicht möglich wäre. Gewinner wären die vielen klein- und mittelständischen Unternehmen, weil sich relativ gesehen ihre effektive Steuerbelastung versus jene der multinationalen Unternehmen verringert.
Wer ein solches mittelständisches Unternehmen führt, weiß das natürlich und ist für eine globale Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne, die auch entsprechend hoch genug sein muss. Idealerweise ist die Steuerbelastung auf Arbeits- und Kapitaleinkommen damit gleich hoch, auch das ist aus KMU-Sicht bekannt und begrüßenswert.
Vielleicht kann man solche Artikel in Zukunft noch analytischer verfassen – und nicht gar zu vordergründig: er ist zwar gut gemeint, aber aus Unternehmersicht nur bedingt hilfreich.