Die hohe Steuerlast einerseits und das großzügige Sozialsystem andererseits führen in Österreich zu falschen Anreizen, speziell am Arbeitsmarkt. Arbeit wird in Österreich nämlich besonders stark belastet: Mehr als 47 Prozent des erwirtschafteten Einkommens fließen bei einem durchschnittlichen Vollzeitangestellten an den Staat. Nur in Deutschland und Belgien ist es noch mehr. Eine unmittelbare Folge davon: Arbeitslosigkeit samt geringer Zusatzarbeit sind lukrativer als die meisten Teilzeitjobs. Es lohnt sich für sämtliche Arbeitslose nicht, einen Job anzunehmen, wie die Wiener Denkfabrik Agenda Austria nun aufzeigt.

Arbeitslose, die besonders viel Zusatzarbeit verrichten, zahlen drauf

Damit Arbeitslose nicht sämtliche Qualifikation verlieren, dürfen sie in Österreich bis zu einer gewissen Einkommenshöhe zum Arbeitslosengeld etwas hinzuverdienen, und zwar abgabenfrei. Diese Geringfügigkeitsgrenze beträgt 485,85 Euro pro Monat (14 Mal im Jahr), was im Jahr 6801,90 Euro ausmacht.

Das erste Problem: Sobald jemand einen Cent mehr verdient, verliert er nicht nur sein Arbeitslosengeld, sonder es werden auch Abgaben fällig: Zum Jahresende kommt er dann mit seiner Zusatzarbeit auf nur mehr 5738 Euro – um mehr als 1000 Euro weniger. Arbeitslose arbeiten somit bewusst weniger, als sie könnten. Es besteht auch kein Anreiz auf Überstunden, gleichzeitig wechseln andere in die Schattenwirtschaft. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Durchschnittliches Arbeitslosengeld plus Zuverdienst entspricht 29-Stunden-Job

Wenn ein Angestellter mit einem Durchschnittsgehalt seinen Job verliert, erhält er ein Arbeitslosengeld, dessen Höhe etwa dem Gegenwert von 19 Stunden seiner wöchentlichen Arbeitszeit entspricht. Somit lohnt sich für den Betroffenen kein Halbtagsjob. Erst bei einer Arbeit von mehr als 19 Stunden pro Woche verdient er mehr als in der Arbeitslosigkeit. Falls er aber noch bis zur Geringfügigkeitsgrenze etwas hinzuverdient, gilt das auch noch für einen 29-Stunden-Job. Für den erhält er nämlich einen vergleichbaren Nettolohn. Mit anderen Worten: Arbeitslosengeld plus ein paar Stunden Zusatzarbeit pro Woche bringen mehr Geld als eine Teilzeitstelle von bis zu 29 Wochenstunden.

Am Beispiel eines arbeitslosen ehemaligen Durchschnittsverdieners zeigt sich: Es ist für ihn lukrativer, sechs Stunden die Woche in der Arbeitslosigkeit zu arbeiten, als eine Arbeit von weniger als 29 Stunden pro Woche anzunehmen. Dank der Geringfügigkeit kommt er  nämlich auf immerhin 22.600 Euro pro Jahr (16.000 Euro Arbeitslosigkeit plus 6600 Euro Zuverdienst).

Je geringer der Stundenlohn, desto geringer der Anreiz wieder zu arbeiten

Fazit: Arbeitslosigkeit mit ein wenig Zusatzarbeit ist deutlich lukrativer als sämtliche Nicht-Vollzeit-Jobs.

Was die Agenda darüber hinaus noch berechnet hat: Je niedriger der Stundenlohn, desto kleiner ist der Anreiz, die geringfügige Beschäftigung einzutauschen. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt nämlich fix bei 6801,90 im Jahr, unabhängig vom tatsächlichen Stundenlohn. Je geringer der Stundenlohn, desto größer muss das Arbeitspensum sein, um mit dem Lohn auf das gleiche verfügbare Einkommen zu kommen wie in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitslosengeldbezug.

Setzt unser Sozialstaat die falschen Anreize?