Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wird am Montag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau zu einem Gespräch treffen. Das kündigte er am Sonntag an. Kurz zuvor hatten das auch ukrainische Quellen berichtet.

Nehammer will damit einen Dialog zwischen der Ukraine und Russland fördern. Der Kanzler will Putin bei dem Gespräch auch auf die “Kriegsverbrechen” in der Ukraine ansprechen.

Russlands Präsident Wladimir Putin könnte Nehammer schon bald treffenAPA/AFP/SPUTNIK/Mikhail KLIMENTYEV

Nehammer räumt ein: Chance, etwa zu erreichen, gering

Die Initiative dazu sei von ihm ausgegangen, erklärte Nehammer, und zwar schon während die Reise in die Ukraine geplant wurde. Die Reise nach Moskau habe er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel abgesprochen, auch Selenskyi und den deutschen Kanzler Olaf Scholz habe er informiert.

Er habe sich “vorgenommen, alles dafür zu tun, damit Schritte Richtung Frieden unternommen werden”, erklärte Nehammer seine Motivation. Auch wenn die Chancen, etwas zu erreichen, gering seien, wie er selbst einräumte. Österreich hatte zuletzt vier russische Diplomaten ausgewiesen, und auch Nehammers Besuch in Kiew wird vom Kreml wohl registriert worden sein.

Nehammer erklärte, er werde Putin gegenüber “nicht moralisch neutral” sein, er werde die “Kriegsverbrechen” in der Ukraine ansprechen. “Reden heißt nicht, seine Position aufzugeben”, befand Nehammer, “ganz im Gegenteil, ich sage sie ihm (Putin, Anm.)”.

"'Am besten gar nichts zu tun', ist nicht mein Zugang"

Aber: “Alles, was getan werden kann, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, den Krieg zu stoppen, soll getan werden”, meinte Nehammer. Die Reise nach Moskau sei “eine Risikomission”, räumte Nehammer ein, aber es habe sich die Möglichkeit einer “Gesprächsbrücke” ergeben. “Persönliche Diplomatie” sei gefragt, es gehe um Dialogmöglichkeiten zwischen Selenskyj und Putin, einen Waffenstillstand oder humanitäre Korridore, meint Nehammer.

Er habe nicht die Erwartungshaltung, dass große Wunder geschehen, gestand Nehammer auf Nachfrage zu. Aber, unterstrich der Kanzler, “‘am besten gar nichts tun’ ist nicht mein Zugang”, er wolle als “Brückenbauer” auftreten. Es gehe darum, “alles zu tun, dass es aufhört”.

Seit Kriegsbeginn traf Putin keinen europäischen Politiker

Am Samstag hatte Nehammer den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi besucht. In der Hauptstadt Kiew und dem Vorort Bucha machte er sich ein Bild von den Gräueltaten der russischen Armee. eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt war mit dabei und berichtete vor Ort.

Nehammer unterstrich in Kiew, dass der von Russland ausgelöste Krieg für Österreich “völlig inakzeptabel” sei. Der Kanzler: “Wir sind militärisch neutral, aber nicht, wenn es darum geht, Verbrechen zu benennen und wenn es darum geht, dort hinzugehen, wo tatsächlich Unrecht passiert.”

Putin hatte während des Krieges telefonischen Kontakt mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sowie mit dem deutschen Kanzler Olaf Scholz. Eine Reise eines EU-Staatschefs nach Moskau hatte es seit Ausbruch des Krieges nicht mehr gegeben.

Die Reise des österreichischen Bundeskanzlers ist mit Risiken verbunden. Immerhin gilt Putin als mutmaßlicher Kriegsverbrecher.  Kiew befürchtet weitere Kriegsverbrechen in Mariupol. Ein Ende ist nicht in Sicht. Kritisch wird der Besuch mit Sicherheit in den baltischen Staaten, Polen und in Kiew gesehen.

eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt berichtet in Sondersendung

eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt begleitete Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei seinem historischen Besuch in der Ukraine. Über seine Eindrücke vor Ort – den Mut und die Trauer der Menschen, und ihre Freude über die Hilfe aus Österreich – berichtet er Sonntagabend ab 19.00 Uhr in einer Sondersendung.