Nach dem “Triell” am Sonntag sieht der bekannte deutsche Journalist und Medienunternehmer Gabor Steingart den “Vorwurf der zumindest leichtfertigen Manipulation von Wählern” durch den Raum schweben. So hätte die TV-Konfrontation zunächst an der falschen Besetzung gekrankt: “Durch die Frontstellung – zwei rot-grüne Spitzenpolitiker gegen einen angeschlagenen Unions-Kandidaten – entsteht der Eindruck, das Land sei in diesem Wahlkampf nach links gerückt”, unterstreicht er in seinem Morning Briefing.

Umverteilung und regulatorische Eingriffe stehen im Zentrum

Neben Armin Laschet (Union) und Olaf Scholz (SPD) fehlten die Kandidaten von FDP, Linke und AfD, nicht aber von den Grünen. Die Anwesenheit der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock  Steingart für besonders bemerkenswert. Sie sei nämlich nur deshalb dabei gewesen, “weil sie von sich selbst behauptet, sie kämpfe um das Bundeskanzleramt. Es ist ausweislich aller Umfragen unrealistisch, dass sie dort als Regierungschefin landen wird. Aber seit wann berechtigt eine Selbstkrönung mit dem Titel ‘Kanzlerkandidatin’ zu dieser überproportionalen öffentlich-rechtlichen Präsenz?”

Ebenso dominierten die Themen der linken Kandidaten für die längst Zeit: “Immer wieder ging es um finanzielle Umverteilung und regulatorische Eingriffe. Die Erzeugung von Wohlstand tauchte in der Rolle als Statist auf. Wer das Staunen nicht verlernt hat, der staunt: Wie können zwei Parteien, die zusammen ausweislich aller Umfragen nur knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten repräsentieren, zwei Drittel der politischen Sendezeit kapern und so ihre Agenda setzen?”

"Die Stimme des liberalen Bürgertums wurde bewusst ausgeblendet"

Eine Stimme sei von den TV-Machern wohl “bewusst ausgeblendet” worden, nämlich die des “liberalen Bürgertums”. Dabei gehe es hier nicht um die FDP. “Es geht um die vorsätzliche Verengung des Debattenraums. Das ist nicht Journalismus, das ist versuchte Bevormundung: Worte wie Marktwirtschaft und Eigenverantwortung, und nicht mal die steigende Inflation tauchten gestern in 90 Minuten auf. Was wir da gesehen und gehört haben, ist auch Deutschland – aber eben nicht nur.”

Noch aus einem anderen Grund hätten die Chefredakteure von ARD und ZDF ihre Journalistenpflicht nicht erfüllt, denn “weder Scholz noch Laschet werden aller Voraussicht nach ohne die liberalen Abgeordneten und ihren Anführer zum Ziel kommen können.” Allein schon deshalb hätten liberale Positionen wenige Tage vor der Richtungsentscheidung unbedingt zumindest gehört werden müssen.

Die vom Gebührenzahler finanzierten TV-Anstalten ARD und ZDF hätten sich am “Prinzip der abgestuften Chancengleichheit” zu orientieren – wie vom Verfassungsgericht festgeschrieben. Davon konnte aber keine Rede sein.