Flavius Josephus, ein berühmter antiker Geschichtsschreiber erzählt in seinem wichtigsten Buch, den „Jüdischen Altertümern“: Ein gewisser Jakobus sei zum Tode verurteilt worden. Es handele sich dabei um „den Bruder des Jesus, der Christus genannt wird“. Was Josephus so nonchalant niederschrieb, erschüttert Gläubige in der gesamten christlichen Kirche.

Pikante Details werden wieder gelöscht

Dabei ist sie nur Teil einer Reihe von Indizien und Belegen, die Wissenschaftler zusammengetragen haben. Beim Papst kommt das freilich nicht gut an. Zu seinen unverbrüchlichen Glaubensaussagen gehört, dass Jesus Christus, Gottes Sohn, vom Heiligen Geist empfangen wurde und dass Maria, seine Mutter, bis zum Ende ihres Lebens eine Jungfrau war. Diese Lehre hütet die katholische Kirche als verbindliches Dogma. Ein Bruder Jesu, gar weitere Geschwister sind für sie ausgeschlossen, fasst die “Welt” zusammen.

Auch wenn Bibelforscher immer mehr Beweise entdecken, die Kirche versucht seit jeher alles, gar keine Zweifel aufkommen zu lassen. So will man auch von jenem Buch, einem Kommentar zum Markusevangelium, nichts wissen. „Unvoreingenommene Exegese erlaubt nur die Feststellung“, steht dort geschrieben, dass „die Namen von vier leiblichen Brüdern Jesu und die Existenz von leiblichen Schwestern Jesu historisch bezeugt sind“. In einer späteren Version des Buches, ist die Stelle wieder verschwunden. Zu groß der Druck aus dem Vatikan.

"Schreiben Sie s, dass sich die frommen Seelen wiederfinden"

„Es gibt so Themen“, erklärt Theologe Lorenz Oberlinner, „auf die achten die Wächter des Glaubens besonders.“ Die Geschwister Jesu seien solch ein Thema. Als junger Theologe wolte Oberlinner ausgerechnet darüber seine Dissertation schreiben. Sein Doktorvater sagte ihm: “Schreiben Sie so, dass die frommen Seelen sich noch darin wiederfinden können – und die, die Bescheid wissen, trotzdem verstehen, was Sie sagen wollen.“ Das Ergebnis fiel diplomatisch genug aus, dass es keinen Ärger gab. Und zugleich so klar, dass Oberlinner seitdem als der katholische Experte schlechthin auf diesem Gebiet gilt.

Einige Beispiele

In einem Artikel der “Welt” sind unter anderem diese Beispiele angeführt:

Einmal wird berichtet, die eigene Familie habe Jesus mit seinen Predigten für verrückt gehalten. Sie wollten ihn „mit Gewalt zurückholen“ und hätten ihn schließlich in Kafarnaum am Ufer des Sees Genezareth aufgestöbert: „Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben draußen stehen und ließen ihn herausrufen“ (Mk 3,31).

An einer anderen Stelle geht es um einen Besuch Jesu in seiner Heimatstadt Nazareth. Am Sabbat habe er dort in der Synagoge gelehrt, die Leute hätten ihn abgelehnt mit den Worten: „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?“ (Mk 6,3)

Ein anderes Mal heißt es: „Danach zog er mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinab.“ (Joh 2,12).

„Die Toten leben, und sie leben bei Bewusstsein“. Nicht nur in den Evangelien, auch in den Paulusbriefen, die zum Teil älter sind, finden sich Spuren.

Der Apostel Paulus will zumindest einen Bruder Jesu, „Jakobus, den Bruder des Herrn“, persönlich in Jerusalem kennengelernt haben, „was ich euch hier schreibe – siehe, bei Gott, ich lüge nicht“ (Gal 1,18-20).

In der Apostelgeschichte schließlich scheint derselbe Jakobus sogar eine Hauptrolle in der damals noch jungen Jesus-Bewegung zu spielen und zur höchsten geistlichen Autorität in der Gemeinde von Jerusalem aufzusteigen, noch über dem heiligen Petrus.