Selbst ein eintägiger Blackout bedeutet mehrere Tage Ausfall von Internet, Festnetz und Handynetz, sagt der Blackout-Experte Herbert Saurugg. “Und solange das europäische Verbundnetz nicht als Ganzes wieder stabil steht, man erwartet eine Woche, kann es jederzeit zu einem erneuten Kollaps kommen.” Sollte der Ausfall aber länger dauern, wären die Folgen für die Netzbranche irreversibel: “Jeder Stromausfall über eine Woche ist nicht mehr reversibel. Man kann die Infrastrukturen nicht mehr hochfahren.” Mit der Dauer des Blackouts steige nämlich auch die Anzahl an Ausfällen von Sicherheitssystemen. Allein im IT-Infrastrukturbereich würden bis zu 30 Prozent Hardwareschäden auftreten, von Netzteilen bis zu Schaltern, Festplatten und so weiter. Und: “Wenn ein wichtiges Kettenglied ausfällt, funktioniert die Kette nicht.”

Monatelang Mangelwirtschaft, Massensterben von Tieren

Man müsse in der Folge Mangelwirtschaft betreiben. “Es dauert Wochen, Monate, zum Teil Jahre, bis die Versorgung wieder voll funktionieren wird.” In der industrialisierten Tierhaltung würden binnen Stunden Millionen Tiere sterben, weil Fütterung und Lüftung nicht mehr funktionieren. Selbst einfachste Dinge, wie Mineralwasser und Hefe würden zum Problem, und selbstverständlich die Grundversorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Gesundheit. “Meine Erfahrung ist, dass die meisten Krankenhäuser im Status quo nach wenigen Tagen kollabieren würden.”

Ohne Strom kann die Massentierhaltung nicht mehr funktionieren

Es sind beängstigende Szenarien, die Saurugg zeichnet. Dabei berät der Wiener und ehemalige Berufsoffizier seit Jahren Behörden, Firmen und Privatleute, um entsprechend vorzusorgen im Falle eines großflächigen Stromausfalls. Er gilt als einer der bekanntesten Blackout- und Krisenvorsorge-Experten im deutschen Sprachraum. Die jetzige Politik bereitet ihm Sorgen, nicht nur, weil sie viel zu wenig für ein Blackout vorgesorgt hat, sondern weil ein solcher auch immer wahrscheinlicher wird. In den kommenden Jahren rechnet Saurugg mit einem großflächigen Stromausfall, wie er gegenüber einer Nachrichtenplattform von EIKE (European Institute for Climate and Energy) unterstreicht.

Blackout in den kommenden Jahren "sehr wahrscheinlich"

Herbert Saurugg befürchtet, “dass das, was in den nächsten Monaten in Deutschland bis Ende 2022 geplant ist, und dann weiter bis 2025 auf EU-Ebene, sich nicht ausgehen wird. Wir werden ziemlich sicher in absehbarer Zukunft unseren ersten Blackout erleben.” In den kommenden Monaten bis Jahren sei ein Blackout “sehr wahrscheinlich” – und das bedeute “einen plötzlichen und weite Teile Europas betreffenden und länger andauernden Strom- Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall. Besonders relevant ist die Großflächigkeit, weil damit die anderen Versorgungsleistungen massiv betroffen sind.”

Deutschland hat auf erneuerbare Energien wie Windkraft gesetzt, dabei aber auf die nötigen Speicher vergessen, sagt Saurugg

Saurugg, der sich nicht grundsätzlich gegen den Umstieg auf erneuerbare Energien stellt, kritisiert dennoch die deutsche Energiewende, weil sie vieles nicht mitbedacht habe: “Ich kann nicht nur erneuerbare Erzeugungsanlagen schaffen, ohne Speichersysteme. Es ist eine ganze Strukturanpassung erforderlich.” Daher ist “kurzfristig besonders problematisch der in den nächsten Monaten stattfindende deutsche Ausstieg aus Atom und Kohle, ohne dass zeitgleich entsprechende Ersatzlösungen parat sind. Es geht nicht nur um Windkraft und Photovoltaik, sondern vor allem um die Speichermöglichkeiten.”

In Deutschland fehlen die Speicher

Hier sei Deutschland besonders schlecht aufgestellt, noch schlechter als Österreich: “In Österreich stehen zum Beispiel theoretisch 3300 Gigawatt-Stunden Speicherkapazität zur Verfügung. In ganz Deutschland sind es nur 40 GWh Speicher! De facto nichts.”

Darüber hinaus müsse man “kleine Strukturen, also funktionale Einheiten schaffen, in denen Erzeugung, Speicherung und Verbrauch in Einklang gebracht wird und damit sich Störungen nicht großflächig ausbreiten können. Die Sicht steht im Widerspruch zu dem, was wir heute machen. Wir versuchen immer mehr zentrale Steuerung, immer größere Einheiten zu schaffen, ohne Unterstruktur. Wenn es zu einer Störung kommt, wovon ich ausgehe, würde das große Schäden verursachen.”

Kerzen kann man ohne Strom gut brauchenAPA/BARBARA GINDL

Eigenvorsorge tut Not

Untersuchungen zufolge könnte sich bei einem Blackout ein Drittel der Bürger maximal vier Tage selbst versorgen, ein weiteres Drittel maximal sieben Tage. “Damit haben wir nach einer Woche in Österreich sechs Millionen Menschen, die sich im subjektiv gefühlten Überlebenskampf befinden.”

Zur Vorsorge empfiehlt Saurugg abseits von Wasser, Nahrungsmitteln und Medizin eine “inselbetriebsfähige PV-Anlage mit Speicher”, durch zurzeit allerdings satte 20.000 Euro kostet. “Aber es tut sich einiges am Markt, weil das Thema bedeutender wird. … Unter Tausend Euro werden Sie nichts Ordentliches kriegen. Für kleine Sachen können Sie mit dem billigen Gerät arbeiten; es ist eine Notlösung.” Grundsätzlich rät Herbert Saurugg vom Notstromaggregat ab.

Am meisten aber warnt der Experte davor, sich auf den Staat zu verlassen. “Wenn ich diese Illusion habe, werde ich bitter enttäuscht werden. Daher müssen wir als Einzelpersonen unsere eigenen Hausaufgaben machen.”