Russlands Präsident Wladimir Putin versetzt die Nuklearstreitkräfte des Landes in Alarmbereitschaft. Das teilte er am Sonntag bei einem Treffen mit seinen Spitzenberatern mit.

Später erklärte er am Sonntag im Fernsehen: Das habe er der russischen Militärführung wegen des aggressiven Verhaltens der NATO und der Wirtschaftssanktionen befohlen. “Wie Sie sehen können, ergreifen die westlichen Länder nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht unfreundliche Maßnahmen gegen unser Land” sagte Putin im staatlichen TV. “Ich meine die illegalen Sanktionen, die jeder sehr gut kennt.” Zudem erlauben sich Spitzenvertreter der führenden NATO-Länder auch “aggressive Äußerungen gegenüber unserem Land”.

Putin hatte in der Vergangenheit mehrfach, so auch am vergangenen Donnerstag in seiner Erklärung zum Beginn des Einmarsches in die Ukraine davor gewarnt, gegen Russland Aggressionen zu üben. Er drohte mit den härtesten Konsequenzen und betonte, Russland sei heute eine “der mächtigsten Nuklearmächte der Welt”. Putin hatte am 19. Februar auch eine großangelegte Übung der nuklearen Streitkräfte abgehalten. Dabei kamen Waffen ohne Atomsprengköpfe zum Einsatz.

Weitere Eskalation bereits prognostiziert

Die USA, Japan und die EU wollen bestimmte russische Banken vom Zahlungssystem Swift ausschließen. Das dürfte zu einem massiven wirtschaftlichen Abschwung führen: Das russische BIP dürfte langfristig um fast 9 Prozent sinken.

Zudem soll es andere Sanktionen gegen Russland geben, wie sie früher bereits gegen den Iran verhängt worden sind, etwa gegen die Russische Zentralbank: Sie kann ihre Reserven nicht mehr einsetzen. Das ist ein massive, weitreichende Maßnahme. Alles solle darüber hinaus koordiniert werden durch eine transatlantische Task Force. Der Ökonom Gabriel Felbermayer vom Wifo-Institut unterstreicht: “Diese Sanktionen werden Russland massiv schaden. Sie könnten eine dramatische Finanzkrise auslösen. Wir müssen damit rechnen, dass Russland den Gashahn abdreht.”

Russland-Experten wie Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck rechneten bereits mit weiteren Eskalationen.

Russland dürfte weltweit am meisten Atomwaffen haben

Tatsächlich ist Russland gemäß dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI der Staat, der am meisten Atomwaffen hat – der eXXpress berichtete. Weltweit gibt es momentan 13.080 Atomwaffen, von denen etwa 2000 in höchster Einsatzbereitschaft gehalten werden – nahezu alle dabei von Russland und den USA. Auch knapp drei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Kriegs gehören 90 Prozent der Atomwaffen weltweit eben diesen beiden Weltmächten.

Putin warnte erst kürzlich vor Nuklearkrieg

Bereits bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron warnte Putin kürzlich vor einem Krieg zwischen Russland und den NATO-Staaten. Zwar habe die NATO mehr konventionelle Macht, doch Russland ist die führende Atommacht.

Wörtlich erklärte Putin: “Wenn die Ukraine der NATO beitritt und versucht, die Krim mit militärischen Mitteln zurückzuerobern, dann werden die NATO-Mitgliedsstaaten in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden!” Und dann wird Putin nochmals sehr deutlich: “Uns ist klar, dass die konventionelle Macht der NATO größer ist als jene Russlands. Aber Russland ist die führende Atommacht. Und es wird keinen Sieger in einem Krieg geben.” Der eXXpress berichtete.

Putin drohte schon bei Kriegseintritt den Unterstützern der Ukraine

Auch am Donnerstag hatte Putin in seiner Kriegserklärung – er sprach von einer “speziellen Militäraktion” – allen Unterstützern der Ukraine gedroht: “An alle, die in Erwägung ziehen, sich von außen einzumischen: Wenn Sie das tun, werden Sie mit Konsequenzen konfrontiert, die größer sind als alle, die Sie in der Geschichte erlebt haben. Alle relevanten Entscheidungen sind getroffen worden. Ich hoffe, Sie hören mich.”

Putin ist sich der nuklearen Stärke seines Landes bewusst

London warnt: Putin könnte schlimme Waffen einsetzen

Die britische Außenministerin Liz Truss warnt unterdessen: “Wir müssen darauf gefasst sein, dass Russland versuchen wird, noch schlimmere Waffen einzusetzen”. Der entschlossene Kampf der Ukrainer für ihre Souveränität und territoriale Integrität könne dazu führen, dass der Konflikt noch “mehrere Jahre andauern” werde, sagte Truss. “Dies könnte durchaus der Anfang vom Ende” für Kremlchef Wladimir Putin bedeuten, “und ich fürchte, dass er entschlossen ist, in diesem Krieg die übelsten Mittel einzusetzen.”

Friedensforscher rechnet nicht mit Atomkrieg

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri hatte nach Putins Rede mitgeteilt, dass es nicht damit rechne, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von nuklearen Waffen führen wird. “Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrscheinliche Folge dieser Krise ist”, sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur in Skandinavien. “Wenn Atomwaffen existieren, dann gibt es aber leider natürlich immer diese kleine Möglichkeit. Und das wäre katastrophal.”

NATO-General: Putins Ankündigung zeigt "Ernst der Lage"

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich in einer ersten Reaktion besorgt über die Entscheidung von Kremlchef Wladimir Putin gezeigt, die Abschreckungswaffen der Atommacht in besondere Alarmbereitschaft versetzen zu lassen. “Das zeigt, wie ernst die Lage ist und warum wir wirklich zusammenstehen müssen (…)”, sagte er am Sonntag in einem BBC-Interview.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg spricht über den Krieg in der UkraineAPA/AFP/Kenzo Tribouillard

Zu einer möglichen Reaktion der NATO auf Putins Ankündigung machte er zunächst keine Angaben. Automatismen für einen solchen Fall gibt es nach Bündnisangaben nicht. NATO-Entscheidungen müssen von allen 30 Mitgliedstaaten im Konsens getroffen werden. Die NATO-Atommächte USA, Frankreich und Großbritannien könnten aber bereits reagieren.