Am Dienstag hat die belgische Polizei das Hauptquartier der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel durchsucht. “Belgische Polizisten durchsuchten den ersten und dritten Stock des Parteisitzes in der Rue du Commerce”, berichtete eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle dem Nachrichtenportal Euractiv. Die belgische Polizei hat den Bericht mittlerweile bestätigt. Ersten Informationen zufolge hat die Polizei Computer beschlagnahmt.

Aus Kreisen der EVP heißt es zurzeit nur: Im Laufe des Tages werde noch eine Presserklärung abgegeben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft richten sich die Ermittlungen bisher nicht gegen Mitarbeiter der EVP. Im Zentrum steht viel mehr ein thüringischer Abgeordneter, dem Korruption im Geschäftsverkehr zur Last gelegt wird.

Hintergrund: Ermittlungen gegen CDU-Fraktionsvorsitzenden

Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) laufen zurzeit Ermittlungen im Rahmen eines Korruptionsverfahrens gegen den Thüringer CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt. Das sei auch der Hintergrund der Hausdurchsuchungen in Brüssel.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt bestätigte die Durchsuchung auf Anfrage. Es werde im Rahmen der europäischen Rechtshilfe ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Erfurt vom Dezember 2022 umgesetzt.

Mario Voigt, Fraktionschef der Thüringer CDU, überreicht dem gewählten Ministerpräsident Bodo Ramelow (.) von der Partei "Die Linke" einen Blumenstrauß.APA/AFP/Jens Schlueter

Die Ermittler sollen bei der EVP nach Dokumenten über Voigts Tätigkeit als Leiter der Digitalen Wahlkampagne im Europa-Wahlkampf 2019 suchen. Dabei soll es vor allem um die Vergabe eines Auftrages an eine Jenaer Internetagentur gehen. Der Vorwurf: Voigt soll von dieser Firma Geld erhalten haben, nachdem das Unternehmen den Auftrag für einen Internetwahlkampf von der EVP erhalten hatte.

Die Ermittler gehen nun der Frage nach, ob und wie Voigt an der Vergabe dieses Auftrages beteiligt gewesen sein könnte. Es geht um den Vorwurf der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.

Mario Voigt, für den die Unschuldsvermutung gilt, hatte diesen Vorwurf bisher immer zurückgewiesen. Seine Strafverteidiger bezeichnen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als haltlos Das Ermittlungsverfahren sei von Anfang “unverhältnismäßig und überzogen”.

EU-Finanzskandal betrifft bisher primär sozialistische Politiker

Der Vorsitzende von Europas Christdemokraten (EVP) ist der CSU-Politiker Manfred Weber. Zu dieser größten und ältesten Gruppe im Europaparlament gehört auch die Parlamentspräsidentin Roberta Metsola aus Malta.

Vom Finanzskandal um italienische und griechische Abgeordnete, der das Europaparlament in den vergangenen Monaten erschüttert hatte, waren bisher vor allem sozialistische Politiker betroffen.