Die WKStA hat ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter im Zusammenhang mit der Wien Energie eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft sieht nach mehreren Anzeigen einen begründeten Anfangsverdacht.

Weitere Hausdurchsuchungen stehen im Raum

Konkret wird wegen “grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen” (Paragraf 159) ermittelt – auch durch “kridaträchtiges Handeln”. Der Strafrahmen umfasst bis zu zwei Jahre Haft. Auch Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen und Handy-Beschlagnahmungen bei Wien-Energie-Managern oder im Wiener Rathaus stehen damit im Raum. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Ein entsprechender Bericht der “Kronen Zeitung” wurde seitens der Wien Energie bestätigt: “Wir haben von dem Ermittlungsverfahren erfahren. Selbstverständlich kooperieren wir vollumfänglich mit den Behörden”, heißt es.

Zwei Ermittlungsstränge

Wie der eXXpress von Insidern erfahren hat, gibt es zwei Ermittlungsstränge. Da wäre zunächst die Frage, woher das Geld stammt, das die Stadt Wien bereits vor dem sogenannten “Black Friday” der Wien Energie zukommen ließ. Mutmaßlich sind zwei Milliarden Euro für Wien Energie aus dem Cash-Pool der Wiener Stadtwerke geflossen sein – dazu fehlt bisher eine offizielle Bestätigung. Sicher ist: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ließ der Wiener Energie zwei Mal per Notverordnung 700 Millionen Euro zukommen. Die Frage ist, woher dieses Geld gekommen ist, ob dafür etwa Kredite aufgenommen worden sind.

Der zweite Ermittlungsstrang betrifft den Geschäftsbericht 2021, über den bisher der eXXpress als einziges Medium berichtet hat. Dort hat die Unternehmensführung der Wien Energie auf Seite 14 erklärt, dass für “negative Marktwerte” Rückstellungen zu bilden gewesen wären – und zwar in der Höhe von 2,7 Milliarden Euro.

Negative Marktwerte bei der Wien Energie im Dezember 2021: 2,7 Milliarden Euro.

Und auf Seite 13 berichten dazu die Wien-Energie-Manager: “Da den Sicherungsgeschäften QUASI sichere Grundgeschäfte zugrunde liegen, handelt es sich bei den dargestellten Gewinnen und Verlusten um reine Bewertungsgrößen und nicht um tatsächlich realisierte Gewinne oder Verluste aus Handelsgeschäften.”

Zum Kopfschütteln: Das Wort "quasi" auf Seite 13 im Geschäftsbericht der Wien Energie.

Das Wörtchen “quasi” lässt aufhorchen. Laut Duden bedeutet es “sozusagen, gewissermaßen, so gut wie.” Eine solche Formulierung hat in einem Geschäftsbericht aber nichts zu suchen. Entweder ist hier von sicheren Geschäfte die Rede oder eben nicht. Im zweiten Falle würde das den im Raum stehenden Verdacht der Spekulation bis hin zu Krida erhärten.

Der 15. September wird zum "Tag der Entscheidung" für Wien Energie

Die Meldung über die Ermittlungen der WKStA gelangt zu einem pikanten Zeitpunkt an die Öffentlichkeit, nämlich ausgerechnet vor dem “Tag der Entscheidung” für Wien Energie. Bis zum Donnerstag, dem 15. September, muss das Unternehmen der Bundesregierung alle Geschäftsaktivitäten ab 2020 vorlegen. Das geht aus dem Darlehensvertrag der Stadt Wien mit der Bundesregierung hervor, der dem eXXpress seit voriger Woche vorliegt.

Wie berichtet fordert darin die Bundesfinanzierungsagentur unter anderem “detailliert Auskunft” darüber, “aus welchen Gründen es unter Berücksichtigung der Preisentwicklungen am Strom- und Erdgasmarkt zu einer angespannten Liquiditätssituation” bei Wien Energie gekommen ist. Wien Energie muss dabei sämtliche Geschäfte ab 1. 1. 2020 offen legen. Es geht vor allem darum, ob “von der Gesellschaft sachlich nicht rechtfertigbare Risiken wie auch Spekulationsgeschäfte und Leerverkäufe eingegangen wurden”.

Wien Energie wird sich noch eine ganze Reihe von Fragen stellen lassen müssen, und die gehen weit über den sogenannten “Black Friday” hinaus, dem Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die Schuld an den Finanzproblemen geben.