Dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Gas-Deal mit einem autoritären Machthaber – dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew – eingegangen ist, der nun – finanziell unterstützt von der EU – Armenien angreift, macht Martin Hans Sonneborn (57) fassungslos, so fassungslos, dass ihm anscheinend nur noch der Sarkasmus bleibt. Gleich der Beginn seiner Rede im Europäischen Parlament machte klar: Er hatte der Kommissionspräsidentin nichts Schmeichelhaftes zu sagen. „Sehr geehrte Frau von der Leyen, mit Karl Kraus zu sprechen: Mir fällt zum Zustand der EU nichts ein.“

Damit spielte der deutsche Satiriker und Vorsitzende der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI) auf den ersten Satz von Kraus‘ großem Essay „Dritte Walpurgisnacht“ an, der mit dem Satz beginnt: „Mir fällt zu Hitler nichts ein.“ So wie Karl Kraus fiel dann aber Sonneborn doch noch einiges ein.

Karl Kraus (1874 bis 1936) war von Anfang an ein scharfer Kritiker des Nationalsozialismus.Wien Museum/ullstein bild via Getty Images

„Unser bester Kumpel ist in Sachen Demokratie und Freiheit noch weit hinter Russland“

„Um uns von einem Gas-Lieferanten zu lösen, der einen brutalen Angriffskrieg führt – Putin –, haben Sie uns einen gesucht, der einen brutalen Angriffskrieg führt – Aliyev.“ Der eXXpress hat erst kürzlich über den Krieg berichtet, den der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew gegen Armenien gestartet hat und den nun die EU dank Von der Leyens Gas-Deal mitfinanziert. „Auch wenn viele deutsche Medien schweigen – derzeit überfällt die Öldiktatur, die Sie zum ‚vertrauenswürdigen Partner‘ erklärt haben, das demokratische Armenien.“

Martin Sonneborn gehört seit 2014 dem EU-Parlament an.APA/AFP

Sonneborns Kommentar: „Respekt für Ihre Wahl, immerhin liegt unser neuer bester Kumpel Aserbaidschan in Sachen Demokratie, Presse und bürgerliche Freiheiten noch weit hinter Russland. Nur bei der Bestechung korrupter CDU-Honks ist Aliyev ganz vorn.“

„Nicht nur unfähig, sondern auch beeindruckend moralfrei“

Noch deutlicher wird Sonneborn, der seit 2014 dem Europäischen Parlament angehört, gegen Ende: „Als Sie Ihren Dienst hier antraten, dachte ich, Sie seien lediglich unfähig und ein bisschen kriminell, inzwischen weiß ich, dass Sie auch beeindruckend moralfrei sind“, und erwähnt auch ihre gelöschten „SMS zu Milliarden-Zahlungen an Pfizer“.

Am Ende folgte noch ein böses Wortspiel: „Mir fällt zur EU nichts mehr ein. Außer: Wir sollten Europa nicht den Leyen überlassen!“