Mitte März hielt die Welt den Atem an: Putins Kampfjet attackierte die amerikanische MQ-9-Reaper-Drohne und holte sie vom Himmel. Das unbemannte Flugobjekt stürzte ins Schwarze Meer. Viele fürchteten einen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Wenig später veröffentlichte das Pentagon spektakuläre Bilder der Bord-Kamera. Zu sehen war, wie ein russischer SU-27-Kampfjet die MQ-9 attackierte.

Der Heck-Propeller der US-Drohne.

Die Reaper-Drohne liefert der Ukraine überlebenswichtige Informationen über die Positionen der russischen Armee. Das hohe Interesse der Russen an der MQ-9 ist nicht sonderlich verwunderlich. Washington tobte damals über den Angriff, Moskau zeichnete hingegen die Piloten mit Orden aus. Nun darf Russland anscheinend ein weiteres Mal jubeln. Sollten die Berichte des russischen Portals Dzen stimmen, gelang es den Russen, die Reaper-Drohne aus dem Meer zu heben und hochsensible Daten zu entschlüsseln.

„Abgeschossene Drohne ein echtes Geschenk für die Russen“

In 1500 Meter Tiefe hatte sich die MQ-9 nach dem Absturz befunden, erklärte damals das Pentagon. US-Generalstabschef Mark Milley wertete die Bergung als „aus technischer Sicht sehr schwierig“. Russland verheimlichte nicht, genau das anzustreben: „Ich weiß nicht, ob wir die Drohne bergen können oder nicht, aber jemand muss es tun“, erklärte Russlands Sicherheitssekretär Mikolai Patruschew. „Und wir werden sicherlich daran arbeiten. Ich hoffe natürlich auf einen Erfolg.“

Die Hoffnungen scheinen sich erfüllt zu haben. „Die abgeschossene US-Drohne war ein echtes Geschenk für die Russen“, titelt das russische Protal Dzen. Eine Quelle habe verraten, welch hohen Wert die US-Drohne für die russischen Militäringenieure hat.

Sie gelten als die besten Drohnen und können in beachtlichen Höhen fliegen.Getty Images

Die russischen Ingenieure hätten „eine Reihe sensibler US-Technologien erbeutet“ und wichtige Details der funkelektronischen Einheiten „im Detail“ studiert. Vom „optoelektronischen Turmkomplex und einem elektronischen Oberflächenaufklärungskomplex“ ist die Rede. Darüber hinaus hätten die russischen Experten Zugang zu den „Schaltkreisen der Mikrowelleneinheiten, der sicheren Satellitenkommunikation, dem Terminal des Datenaustauschsystems und anderen wichtigen Komponenten des Geräts erhalten“.

Zahlreiche wichtige Erkenntnisse sollen russische Experten gewonnen haben, berichten anonyme Quellen. Für Putin (Bild) wäre das ein Grund zur Freude.Contributor/Getty Images

„Am wertvollsten ist die Software“

Gemäß dem russischen Militärhistoriker und Direktor des Flugabwer-Museums Juri Knutow ist jedes Detail des US-Geräts für die russische Spezialisten von Interesse. „Am wertvollsten aber ist die Software.“ Immerhin können dieses Objekt in beachtlicher Höhe fliegen und gleichzeitig seine Aufklärungsfunktion und „Aufklärungs-Angriffsfunktion“ wahrnehmen.

Er geht davon aus, dass die Drohne mit einem Funkaufklärungsgerät ausgestattet ist. Sie zeichnet Frequenzen von russischen Radarstationen, Raketenleitstationen und Funkverbindungen auf. Mit diesen Daten können die Amerikaner Peilungen vornehmen und Kommando- und Kontrollzentren sowie Hauptquartiere lokalisieren.

Eine MQ-9 Reaper-Drohne kurz vor einem FlugJohn Moore/Getty Images
Ein US-Drohnenpilot steuert eine MQ-9 ReaperJohn Moore/Getty Images

USA: Keine sensiblen Informationen werden an Russland gelangen

Die Aufklärungsflüge der Reaper-Drohnen liefern der Ukraine kriegsentscheidende Informationen. Ohne die übermittelten Daten würden die ukrainischen Verteidiger de facto im Dunkeln tappen und wüssten kaum, wo sich die russischen Truppen aufhalten.

Wie groß die Ausbeute für die Russen nun tatsächlich ist, bleibt vorerst ungewiss. US-General Milley hatte im März erklärt: Man habe sichergestellt, dass keine sensiblen Informationen in russische Hände gelange, sollte die Drohne von Moskau geborgen werden. „Wir sind ziemlich zuversichtlich, dass alles, was von Wert war, keinen Wert mehr hat“, sagte damals Milley.

General Mark Milley: Russen werden nichts von Wert finden.

„Die Amerikaner unterschätzten den russischen Einfallsreichstum“

Ganz anders sieht man das auf russischer Seite. Schadenfroh und stolz erklärt das Portal Dzen: „Die USA fühlten sich unverwundbar und schickten eine ihrer besten Spionagedrohnen in eine Flugverbotszone nahe der Krim. Die Amerikaner waren zuversichtlich, dass das russische Militär nicht riskieren würde, die US-Drohne zu berühren, und unterschätzten den russischen Einfallsreichtum.“

Nun sei die „intakte Drohne“ eine „legitime Trophäe des russischen Militärs“. Die MQ-9 Reaper gelte als eine der besten Aufklärungsdrohnen. Ihr Wert betrage nicht weniger als 56 Millionen Dollar. Sie erreiche Geschwindigkeiten von bis zu 400 km/h und könne bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben. Darüber hinaus befindet sich an Bord die modernste Elektronik – und die will Russland nun erkundet haben.