Dass das Coronavirus in einem Labor in Wuhan entstanden sein könnte, gilt mittlerweile als wahrscheinlich. Doch damit nicht genug: Jüngsten Funden des US-Rechercheportals “The Intercept” zufolge haben private und halböffentliche US-Gesundheitsorganisationen die umstrittene Coronavirus-Forschung dort maßgeblich mitfinanziert. Das bringt nun prominente amerikanische Wissenschaftler in Bedrängnis, die bisher jegliche Beteiligung an den Forschungen in Wuhan bestritten haben.

Die Plattform “The Intercept” gelangte über eine Auskunftsklage an mehr als 900 Seiten. Die Dokumente enthalten heikle Details über mit US-Steuergeldern mitfinanzierte Forschung zu verschiedenen Formen von Coronaviren am Wuhan Institute of Virology in China, einem mutmaßlichen Ursprungsort des Virus.

3,1 Millionen Dollar für Forschung an Fledermausproben

“The Intercept” erhielt Zugang zu bis dahin zurückgehaltenen und als „vertraulich“ klassifizierten Dokumenten. Die Anwälte des “Intercept” verwiesen aber erfolgreich vor Gericht auf den Freedom of Information Act. Nun stellte das Portal die Dokumente der Öffentlichkeit zur Verfügung. Darunter findet sich auch ein Protokoll mit dem Titel “Understanding the Risk of Bat Coronavirus Emergence” (deutsch: “Das Risiko des Auftretens des Fledermaus-Coronavirus verstehen”). Es belegt die beachtlichen Anstrengungen von Peter Daszak, dem Präsidenten der US-amerikanischen Gesundheitsorganisation EcoHealth Alliance, Tausende von Fledermausproben auf neuartige Coronaviren zu untersuchen. Alleine hierfür stellte EcoHealth 3,1 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

Hat er gelogen? Anthony Fauci hat bisher bestritten, dass sein Institut die brisanten Forschungen in Wuhan finanziell unterstützt habe.APA/AFP/POOL/Stefani Reynolds

Die Unterlagen nähren neuerlich den bisher von Daszak vehement zurückgewiesenen Verdacht, dass ein Laborunfall zur Freisetzung des Virus geführt haben könnte. Und sie beweisen: Die USA waren offenbar noch tiefer in die gentechnischen Virenexperimente verstrickt.

Anthony Fauci wird nun der Lüge bezichtigt

In Erklärungsnot gerät nun auch der US-Immunologe und Gesundheitsexperte Anthony Fauci. Der “amerkanische Drosten” wird von Kritikern – allen voran vom republikanischen Senator Rand Paul – der Lüge bezichtigt. Fauci hat bisher nämlich bestritten, dass das National Institute of Health (NIH), an dem er selbst forscht, die Gain-of-function-Forschung im chinesischen Labor in Wuhan finanziert habe. Bei der Gain-of-function-Forschung soll im Rahmen von Experimenten die Übertragbarkeit von Krankheitserregern erhöht werden. Diese Forschung wird in der Virologie eingesetzt, um aktuelle und zukünftige Pandemien besser zu verstehen.

Unter den gefundenen Dokumenten befinden sich auch Unterlagen, denen zufolge gerade das von Fauci geleitete National Institute of Allergy and Infectious Disease am NIH in die Finanzierung involviert war. Zwei zuvor unveröffentlichte Förderanträge, die vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases finanziert wurden, sowie Projektaktualisierungen im Zusammenhang mit der Forschung der EcoHealth Alliance, bringen Fauci in Bedrängnis.

Fauci hat wiederholt darauf bestanden, dass die NIH-Finanzierung des Labors in Wuhan keine “gain-of-function”-Forschung darstellt. “Überraschung, Überraschung – Fauci hat wieder gelogen. Und ich hatte Recht, dass seine Agentur neuartige Coronavirus-Forschung in Wuhan finanziert”, twitterte Senator Paul, nachdem die Dokumente veröffentlicht wurden.

Auch der Richard H. Ebright, Professor für chemische Biologie an der Rutgers University und Laborleiter am Waksman Institute of Microbiology, kritisiert Fauci.