Die Situation in der Ukraine ist dramatisch: Am Freitag sorgte die russische Armee für ein weiteres Massaker unter Zivilisten vor dem Bahnhof in Kramatorsk, 50 Menschen starben. Wenige Tage zuvor wurden die Massenmorde der russischen Streitkräfte in Bucha und in anderen Vororten Kiews entdeckt – und internationale Militärexperten rechnen in den kommenden Tagen mit einer gewaltigen russischen Offensive mit hunderten Kampfpanzern im Zentrum der 1800 Kilometer langen Front.

In dieser absolut schwierigen Lage erhält der ukrainische Präsident zahlreiche Unterstützungs-Zusagen aus der EU, allerdings wird in Kiew befürchtet, dass diese Hilfe zu spät kommen könnte. So ist die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, aktuell ebenfalls in Kiew und spricht mit Selenskyj über weitere Möglichkeiten zur Unterstützung der Ukraine.

Aktuell bei Selenskyj: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Per Bahn von Polen nach Kiew

Für Karl Nehammer und für ganz Österreich ist der Besuch des Kanzlers in Kiew hochbrisant: Immerhin hat die russische Botschaft in Wien schon nach der Ausweisung von russischen Diplomaten klar vor allen Versuchen gewarnt, die russische Nation in die Knie zu zwingen. Es ist daher anzunehmen, dass auch die Visite des Bundeskanzlers des neutralen Österreichs bei Wolodymyr Selenskyj in Kiew sehr genau beobachtet wird.

Die aktuelle Reise in die immer wieder mit Raketen beschossene Hauptstadt der Ukraine ist für Karl Nehammer keinesfalls ohne Risiko: Per Bahn geht es von der polnischen Grenze in das mehr als 600 Kilometer entfernte Kiew. Die kleine österreichische Gruppe um Nehammer wird an diesem Wochenende auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko treffen.

Bundeskanzler Karl Nehammer ist aktuell in der Ukraine.

Ziel des Besuchs ist es, die Ukraine weiterhin bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen, unterstreicht das Bundeskanzleramt. Österreich hat bereits mehr als 17,5 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds bereitgestellt sowie 10.000 Helme und mehr als 9100 Schutzwesten für den zivilen Einsatz geliefert. Weitere konkrete Maßnahmen sind geplant.

Nehammer: "Werde mir ein Bild vor Ort machen"

Bundeskanzler Nehammer unterstreicht: “Es ist wichtig, dass wir im Rahmen unserer Neutralität der Ukraine sowohl auf humanitärer als auch auf politischer Ebene beistehen. Mein Besuch in Kiew und Bucha auf Einladung von Präsident Selenskyj dient auch dazu, unsere Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen.” Die bekannt gewordenen Kriegsverbrechen müssten lückenlos aufgeklärt werden und zwar von unabhängigen und internationalen Experten. “Die für diese Verbrechen Verantwortlichen müssen und werden zur Rechenschaft gezogen werden.”

Nehammer will sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen. “Österreich wird weiterhin helfen, wo es kann, diese Hilfsbereitschaft stellen wir sowohl vor Ort, als auch bei der Aufnahme von Vertriebenen aus den Kriegsgebieten unter Beweis. Die Ukraine kann sich auf die freie Welt verlassen, diese Botschaft haben wir heute nach Kiew gebracht.”