Die Situation droht zu eskalieren, wenn die Politik nichts unternimmt, warnt Andreas Kühberger (49, ÖVP). „Es ist 5 vor 12“, sagt der Nationalratsabgeordnete und Bürgermeister der steirischen Marktgemeinde Mautern im Gespräch mit dem eXXpress.

Immer mehr Wolfsrudel in ganz Österreich

791 Nutztiere wurden im vergangenen Jahr in Österreich offiziell von Wölfen gerissen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, bei etwa 2000, schätzt Kühberger. Mittlerweile sei man auch in der Steiermark mit Wolfsrudeln konfrontiert. Die Wolfspopulation verdoppelt sich alle drei Jahre. Ein Wolf legt in der Nacht bis zu 100 Kilometer zurück. Heuer befürchtet der Politiker einen blutigen Sommer für viele Nutztiere.

Erst kürzlich, in der Nacht auf Dienstag, wurde trotz stromführendem Zaun eine Schafherde in Oberstuttern im steirischen Bezirk Liezen angegriffen. Der Wolf hat dort drei Schafe gerissen, zwei waren sofort tot, das dritte hat er schwer verletzt. Es musste danach notgeschlachtet werden. Die zerfleischten Kadaver lagen zwischen mehreren Bauernhöfen, keine 100 Meter neben der Ennstal-Bundesstraße (B320). Die Besitzerin war traumatisiert: „Ich hatte eine sehr enge Beziehung zu den Tieren, ich glaube, ich stehe immer noch unter Schock.“

Auf der Alm gerät der Wolf in einen Blutrausch

Kühberger ist selbst Landwirt. „Wir leiden mit unseren Tieren mit“, unterstreicht er. Der Wolf verhalte sich unter Schafen so wie der Fuchs im Hühnerstall: Er gerät in einen Blutrausch. „Er reißt dem Schaf die Gedärme hinaus. Das Tier geht elendiglich zugrunde.“ Die betroffenen Bauern seien in der Regel Familienbetriebe.

Andreas Kühberger ist selbst Landwirt und Vater von sechs Kinder.

40 Prozent der Nutztiere würden aber im Tal gerissen, nicht auf der Alm. Bedrohlich sei die Entwicklung nicht nur für den ländlichen Raum. Wenn die Politik nichts unternimmt, werden sich sich die Tiere früher oder später auch in den Städten herumtreiben, prognostiziert der Bürgermeister.

Wo sich die Wolfsrisse häufen, lassen Familien ihre Kinder nicht mehr allein nach draußen. Das betrifft den Weg zur Schule ebenso, wie das Spielen im Wald. Nicht anders ist es im Siedlungsgebiet in Schrems (Bezirk Gmünd), wo kürzlich ein Wolf auf der Hauptstraße spaziert ist: Die Eltern wollen dort ihre Kinder nicht länger auf den Schulbus warten lassen.

Problemwölfe müssten zum Abschuss freigegeben sein

In der Steiermark sei nun Umwelt-Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ) am Zug, sagt der ÖVP-Politiker. Es brauche eine Verordnung für Problemwölfe. Eine solche gibt es bereits in Tirol, Kärnten und Niederösterreich. Dort ist ein Wolf zum Abschuss freigegeben, sobald er eine Herde angreift.

Andreas Kühberger fordert eine solche Regelung auch für die Steiermark. Man wolle nicht Wölfe ausrotten. Doch ihrer ungebremsten Ausbreitung müsse Einhalt geboten werden. Andernfalls stehe der Steiermark bevor, was im Schweizer Kanton Graubünden bereits Realität ist. Zehn Wolfsrudel leben dort. Im gesamten Kantonsgebiet muss man damit rechnen, den Tieren über den Weg zu laufen.

Wenn die Wolfspopulation überhand nimmt, hat das Folgen für die allgemeine Sicherheit, für das Wild und schließlich auch für den Wald. „Man muss den Wald managen. Schließlich ist es ja kein Urwald mehr. Wir haben eine Kulturlandschaft“, hält Kühberger fest. Die Entwicklung betreffe Landwirtschaft und Tourismus.